„Sagen sie, wo geht’s denn hier zur nächsten Stadt? Hoffentlich haben die da reichlich heißen Kaffee. Könnte glatt ’ne ganze Badewanne aussaufen.“
Mysteriös, mysteriös…
In den Gärten der Kleinstadt Fly Creek liegen skelettierte Leichen herum, dem Wurmfarmer Grimes sind kistenweise Würmer ausgebuchst („Waren über 100.000 Stück! Das ist ein Verlust von 300 Dollar!“), beim Aufspießen des Köders auf die Angel wird dem Großstädtler Mick ein Stück Haut aus dem Arm gebissen („Einen so tiefen Biss habe ich noch nie gesehen!“), Regenwürmer platzen aus dem Erdloch hervor, schwimmen in Milch-Shakes und schreien wie Schweine in einem Mortadella-Schlachthaus. Was spielt sich hier bloß ab?
Nach einem schweren Sturm steht die Natur Kopf. Laut dem altem, grimmigen Latzhosenträger, der in der Dorfbar immer allein in der Ecke sitzt, war es der schwerste Sturm, den er je gesehen hat („Ja, ja. Das war der wildeste Sturm den wir je hatten – seit ich meiner Mutter an der Schürze hing! Wir haben bei uns oben sechs Truthähne und die waren den Abend alle draußen. Und bei Fünfen von denen waren alle Feder abgesengt. Und der ganz alte Puter hatte keine Federn mehr am Leib gehabt.“). Selbst die Hochspannungsleitungen hat der Orkan abgesebelt und im Erdreich begraben. Das der Orkan und die skelettierten Leichen irgendeinen Zusammenhang haben müssen, ist dem smarten Mick sofort klar – dumm nur, dass er aus einer Großstadt kommt. Und im amerikanischen Outback ist man auf die feinen Herren aus Metropolis nicht so gut zu sprechen. Es kommt, was kommen muss: Während die Rednecks sich der Ignorranz hingeben, süppen Horden von schleimigen Würmern aus Duschhähnen und Kellerfenstern hervor…
Doch bei Mick macht es Klick! Durch den Orkan wurde der Boden eingeweicht, die umgefallende Hochspannungsleitung tat den Rest. Die Regenwürmer, sonst friedlich in der Erde rumlungernd, wurden mit TRILLIARDEN (wenn nicht sogar mehr…) von Volt elektrisiert und so zu fleischfressenden Monstren verwandelt!
Und nicht nur das: Sie scheinen sich sogar ihre eigene Alien-Queen gezüchtet zu haben. Nur das die Queen hier Eier hat und Roger heißt. Der leicht debile Sohn des Wurmfarmers, Opfer einer Wurmattacke, überlebte dies und macht nun Jagd auf Mick und seinen Schwarm Geri. Supported wird er dabei von den Würmern, die ihn wie ihre eigene Brut regelrecht durch die Gegend tragen…
Tierhorror, die nächste. Diesmal mit Würmern. Regenwürmern um genau zu sein, die als fleischfressende Ungeheur eine ganze Kleinstadt verdreschen (inklusive abgelegener Hütten von komischen Kauzen). Das dies für ein Trashfest sorgt, dürfte klar sein. Wer allerdings einen schleimigen Wurm-Smasher mit ordentlich Gore erwartet, wird enttäuscht. Der Bodycount hält sich in Grenzen und wird meist nur angedeutet. Was den Streifen auszeichnet sind seine inhaltlichen Qualitäten. Abgesehen von der Tatsache, dass Regenwürmer ’ne Kleinstadt slayen, lässt der Streifen kein noch so triffiges Redneck-Klischee aus.
„Squirm“ wurde in Deutschland erst zweimal auf den Markt geschmissen, und zwar auf den Videomarkt. Leicht geschnitten veröffentlichte Screen Time als auch VCL den Film in den 80er-Jahren. Seitdem ward er nimmer mehr gesehen. Eine DVD-Veröffentlichung lässt auf sich warten und gerade bei diesem Werk würde es sich lohnen. Nicht, das wir es hier mit einem Meisterwerk des Tierhorrors zu tun hätten, aber dank des amüsantesten und charmantesten Audiokommentars der Filmgeschichte, bei dem Regisseur Dan Lieberman wirklich jede Szene selbstironisch und mit Anekdoten gespickt kommentiert, haben wir hier eine echte Perle vorliegen. Zumindest im US-Original.
Fatality:
Die „MST3k“-Crew hat es unterhalten – uns ebenfalls. Der Film hat zwar einige Hänger, aber darf dennoch als stolzer Vertreter des 70er-Jahre-Tierhorrors angesehen werden. Genauso verlaufen auch die anderen Filme aus diesem Genre – bloß ohne Würmer.
‐ Markus Haage
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