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Der Rechtsstreit um „Freitag der 13.“ grob erklärt!

verfasst am 24.Juni 2018 von Markus Haage

Seit Jahren herrscht um die Marke „Freitag der 13.“ ein Rechtsstreit, der in aller Konsequenz die Fortführung der gesamten Reihe bedroht. Dies gilt nicht nur für die Filmproduktionen, sondern eben auch für alle Ableger-Produkte. Wie wir berichteten sah sich Gun Media nun sogar dazu gezwungen, die Arbeiten an „Friday the 13th: The Game“ komplett einzustellen. Die Server bleiben online und werden weiterhin gewartet, kleinere Bugs werden ebenfalls noch auf unbestimmte Zeit gefixt, aber es wird keine neuen Updates, Upgrades, Add-Ons, Maps oder DLCs mehr geben. Die Arbeiten daran werden eingestellt. Auch soll das neue Remake sowie eine geplante TV-Serie unter dem Schöpfer Sean S. Cunningham deswegen beendet wurden sein. Der Grund hierfür liegt eben im erwähnten Rechtsstreit. Aber worum geht es hier genau? Es folgt ein grober Überblick über die Auseinandersetzung.

Victor Miller schrieb 1979 das Drehbuch zu „Freitag der 13.“ („Friday the 13th, 1980). Dafür erhielt er eine Gage von 10.000 US-Dollar (nicht inflationsbereinigt). Sean S. Cunningham, Produzent des Films, beauftragte ihn zu dieser Arbeit, damit er passend zur durch „Halloween – Die Nacht des Grauens“ („Halloween“, 1978) ausgelösten Slasherwelle eine eigene Produktion in die Kinos bringen konnte. Millers Arbeit war damit abgeschlossen. Aufgrund des Erfolges des ersten Films entstanden über die Jahre zehn Fortsetzungen, ein Remake, ein Spin-Off, eine kurzlebige TV-Serie (die nur das Logo und den Namen des Franchises verwendete und mit diesem nichts zu tun hatte), zwei Videospiele, zwei abendfüllende Dokumentationen, mehrere Romane und Spielzeugfiguren sowie unzählige weitere Merchandise-Produkte. „Freitag der 13.“ entwickelte sich zu einem Multi-Milliarden-Franchise, zumindest vom Bruttoumsatz her. Nur die Filmreihe spielte alleine in den US-amerikanischen Kinos über 380 Millionen US-Dollar ein (nicht inflationsbereinigt!).

Kane Hodder als Jason Voorhees in „Freitag der 13. Teil VII – Jason im Blutrausch“ (© Paramount Pictures)

Bereits in den frühen 1980er-Jahren kam es zwischen Victor Miller und Sean S. Cunningham zum Bruch. Nach Millers eigener Aussage in einem Interview mit CampCrystalLake.com von 2004 kam man sich erst zum 25-jährigen Jubiläum des Films wieder etwas näher. Es hatte also schon lange vor dem heutigen Rechtsstreit einen Streit zwischen beiden Personen gegeben. Die genauen Gründe lassen sich nur vermuten, aber es ist wohl sehr wahrscheinlich, dass Miller schon immer mit seiner Vergütung, beziehungsweise seinen Urheberrechtsansprüchen, unzufrieden gewesen ist. Und dies führt uns direkt zum heutigen Rechtsstreit.

Warum erhebt Miller erst jetzt, fast 40 Jahre nach Beendigung der Dreharbeiten, weitere/neue Ansprüche?
Der Zeitpunkt des Rechtsstreits ist in der US-amerikanischen Rechtssprechung begründet. Der Copyright Act of 1976 erlaubt es Urhebern für all ihre Werke, die nach 1978 entstanden sind, nach 35 Jahren eben erneute Urheberrechtsansprüche geltend zu machen oder ältere Abmachungen revidieren zu lassen, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen. Dies ist einmalig. Nach diesem Recht hatte Miller vier Jahre Zeit, nämlich vom 4. Juni 2014 bis 04. Juni 2018, dieses zu tun. Bedeutet: Rechtlich hatte Victor Miller vorher überhaupt gar keine Möglichkeit gehabt, neue Ansprüche zu erheben.

Und worum geht es genau?
Aufgrund von Millers Entscheidung nach 35 Jahren die Urheberrachtsansprüche am Film „Freitag der 13.“ (1980) neu überprüfen zu lassen, sagt Cunningham nun, dass Miller de facto sein Angestellter gewesen ist, somit kein freier Mitarbeiter. Alles, was Miller ersann, gehört damit nach US-Recht Cunninghams Produktionsfirma Horror, Inc. sowie den anderen beteiligten Produktionsfirmen, die den Film mitproduziert haben, da sie Millers „employer“ (Arbeitgeber) gewesen seien. Es geht wohlgemerkt nur um Teil 1, aber da alle darauffolgenden Werke auf Teil 1 basieren, kann es auch einen Effekt auf diese haben.

Sollte ein Gericht bestätigen, dass Miller kein festangestellter Mitarbeiter von Cunninghams Produktionsfirma war oder eine „work for hire“ ablieferte (also das Drehbuch quasi für eine feste Summe verkaufte), könnte Miller theoretisch auch rückwirkend für alle Produkte von „Freitag der 13.“ eine gewisse Urheberschaft beanspruchen. Wie weit dies dann tatsächlich gehen würden, wäre dann eine andere juristische Schlacht. Bisher konnte Cunningham nicht belegen, dass Miller festangestellt oder eine „work for hire“ ablieferte. Miller behauptet, das Drehbuch sei immer ein Draft („Entwurf“) gewesen, die Zahlung nur für die grundsätzliche Arbeit daran gewesen. Er ging wohl davon aus, dass er weiter am Drehbuch arbeiten und demnach weitere rechtliche Fragen professionell vertraglich geklärt werden würden. Cunningham nahm aber Millers „Draft“ und produzierte darauf basierend den Film. Der einzige Vertrag, der existiert, weist Miller als alleinigen Autoren aus und weist eben nicht darauf hin, dass Miller festangestellt oder eine „work for hire“ ablieferte oder aber andere kreative Köpfe involviert waren. So behauptet Cunningham, dass vieles im Drehbuch auf seinen Ideen basiert. Dies ergibt durchaus Sinn, denn schließlich beauftragte er Miller und es ist demnach davon auszugehen, dass er ihm gewisse Vorgaben oder Ideen gab, aber belegt ist dies eben nicht. Zumindest nicht vertraglich.

Wie wirkt sich dies auf das Franchise aus?
Als „termination date“ für den alten Vertrag wurde der 20. Juni 2018 angegeben. Alle Produkte, die davor produziert wurden, dürfen weiterhin unter den alten Verträgen vertrieben werden. Es muss niemand Angst haben, dass die „Freitag der 13.“-DVDs oder Merchandise-Artikel verschwinden werden. Es wird aber vorerst keine neuen Produkte nach dem 20. Juni 2018 geben. Sei es ein Roman, ein Remake oder auch nur ein DLC für das Game, da kein Investor, sei es ein Filmstudio oder ein Verleih/Vertrieb, weiß, ob sie rückwirkend nicht ein Teil der Gewinne abgeben müssten oder wie hoch dieser Anteil dann überhaupt wäre. Beispiel: Pamela Voorhees, die am Ende von Teil 1 starb, ist vollkommen Millers Kreation und trat nicht nur im Spin-Off „Freddy vs Jason“ (2003), sondern auch im Remake „Friday the 13th“ (2009) namhaft auf und wurde auch als Spielzeugfigur oder in Videospielen weiterverarbeitet. Die Frage ist, inwiefern Miller, wenn man ihm ein Teil der Urheberschaft zuspricht, hier nun einen Anspruch erheben kann. Sollten Miller dann 30% oder 20% oder 4% der Gewinne am jeweiligen Produkt zugesprochen werden? Niemand weiß es.

Dieser Fall ist dermaßen kurios, dass es theoretisch sogar möglich wäre, dass die „Freitag der 13.“-Rechte aufgesplittet werden. Denn wenn ein Gericht Miller zustimmt, müssten Miller und Cunningham sich an einen Tisch setzen und die Rechte sowie die Vergütung für alle zukünftigen Produkte klären. Wenn nicht, kann man natürlich weitere Produkte produzieren, die nicht auf Teil 1 basieren. Bedeutet: Ein „Freitag der 13.“-Film ohne Pamela Voorhees, Camp Crystal Lake, Jason Voorhees (Millers Schöpfungen) oder dem Titel „Freitag der 13.“ wäre wohl laut Hollywood Reporter möglich. Cunningham könnte demnach weitere Jason-Filme produzieren, müsste die Figur aber in gewisser Hinsicht neu erfinden und wohl nur auf Basis der späteren Filme verwenden. Das könnte ein gewisses rechtliches Minenfeld darstellen, wäre aber umsetzbar, da mit Teil 2 innerhalb der Reihe eben ein mythologischer Bruch vorgenommen und Jason Voorhees als erwachsener Killer eingeführt wurde. Heißt: Ein Jason-Film unter dem Titel „Jason“ (nicht „Freitag der 13.“), der einen Killer namens Jason (aber wohl nicht namentlich Jason Voorhees) zeigt, der mit Hockeymaske und Machete um ein Ferienlager (wohl nicht Camp Crystal Lake) herumzieht und Teenies ermodert, wäre möglich. Die spannende Frage ist hier dann aber, inwiefern Victor Miller eben nicht auch eine gewisse grundsätzliche Urheberschaft auch auf den späteren (aber komplett anderen) Charakter Jason Voorhees besitzt. Denn alles basiert auf Teil 1… Theoretisch müsste man dann auch hier eine Lösung finden. In der Regel wäre die einfach: Ein „based on characters by…“-Credit für Victor Miller und eine einmalige Zahlung. Aber soweit ist es noch nicht.

Wann kann man mit einer Lösung rechnen?
Ein solcher Rechtsstreit kann lange dauern. Auch wenn es zynisch klingt, selbst ein früher Tod von Miller, der immerhin schon 78 Jahre alt ist, würde diesen Rechtsstreit wohl nicht beeinflussen, da seine Erben eben auch seine Ansprüche erben könn(t)en, wenn er diese vorab deutlich formulierte. Theoretisch könnte man sich aber auch jederzeit außergerichtlich einigen, wenn Miller beispielsweise eine Art von Abschlagszahlung akzeptiert. Insofern Cunningham dies überhaupt zulassen würde. Denn es steht Aussage gegen Aussage. Die Entscheidung kann nur über die Beantwortung der Frage getroffen werden, ob Miller ein Angestellter von Cunningham war oder eine „work for hire“ ablieferte, oder eben nicht. Wenn nicht, kann er weitere Ansprüche geltend machen. Welche Ansprüche genau, dies ist wieder eine andere Geschichte und kann ebenfalls zu weiteren jahrelangen Rechtsstreitigkeiten führen.

An wem soll ich jetzt meine Wut richten?
Gerade in Fankreisen wurde Victor Miller schnell als Bösewicht ausgemacht, der einfach nur gierig sei. Dieser Vorwurf ist aber vollkommen absurd, weil Miller nur 10.000 US-Dollar für sein Drehbuch und damit die Schöpfung der Filmreihe erhielt. Des Weiteren ist es Millers gutes Recht die Urheberschaft neu klären zu lassen. Dies ist vom Gesetzgeber so vorgesehen und dies auch nicht ohne Grund. Dies war auch Cunningham seit Jahren bekannt, aber es ist genauso dessen gutes Recht, auf seinen Standpunkt zu verharren, dass Miller seine Rechte abgab, weil dieser angeblich eine „work for hire“ ablieferte. Am Ende wird ein Gericht entscheiden und dann ist alles offen.

Als Abschluss ein interessantes Interview mit Larry Zerner, Darsteller aus dem dritten Teil, der mittlerweile Rechtsanwalt ist und versucht den Rechtsstreit zu erklären.

Die Zukunft des „Freitag der 13.“-Franchise ist damit weiterhin ungewiss. Hoffen wir auf eine schnelle Lösung im Sinne aller Beteiligter. Auch der Fans.


Nachtrag September 2021:
Der jahrelange Rechtsstreit um das „Freitag der 13.“-Franchise ist „geklärt“! Drehbuchautor Victor Miller, der das Skript zum ersten Teil verfasst hat, erhält sämtliche Rechte daran zurück. Das ist die gute Nachricht. Jetzt müssen sich aber Victor Miller und Sean S. Cunningham, Produzent der Serie, an einen Tisch setzen und herausfinden, wie sie zukünftig (und wohl auch nachträglich!) die Rechte gemeinsam verwalten wollen. Ohne eine Einigung geht es nicht. Selbst das Spiel „Friday the 13th“ wurde „eingestellt“, bzw. nicht weiter entwickelt, weil jeder Lizenz-Käufer sich nicht sicher sein konnte, ob die Produktion nicht irgendwann eingestellt werden müsste. Simpel ausgedrückt: Wer produziert schon „Freitag der 13.“-Shirts, wenn man dann nach drei Jahren den Umsatz mit einer dritte Partei teilen muss? Dies galt natürlich für alles. Neue Filme, Videospiele, Merchandise, etc. Alles war auf Stillstand.

Miller kann nun jederzeit einen „Freitag der 13.“-Film drehen lassen (bzw. die Rechte abgeben), aber NUR basierend auf dem Drehbuch des ersten Teils (seiner kreativen Schöpfung). Sean S. Cunningham kann wohl auch weitere Filme drehen, aber dass diese noch „Freitag der 13.“ heißen dürfen, den Camp Crystal Lake oder überhaupt den Namen „Jason Voorhees“ referenzieren können, ist wohl ausgeschlossen. Ohne Millers Skript zu Teil 1 würde sich die Welt und „Mythologie“ von Jason Voorhees drastisch verändern und wohl nur noch von einem namenlosen, untoten Killer handeln, der mit Machete und Hockeymaske um irgendeinen See schleicht (also nur noch Ideen, die nach Teil 1 etabliert wurden oder recht grob auf dem Ursprung basieren). Aber ob dieser Killer in diesem Kontext noch als Kind in einem See ertrinken darf, ist eine andere Frage (da in Teil 1 etabliert). Hoffen wir, dass Miller und Cunningham sich nun einigen werden, da sie es müssen, wenn man das Franchise nicht komplett verändern will. Denn dann würde es zukünftig ZWEI „Freitag der 13.“-Reihen geben… Ein Remake des ersten Teils basierend auf Millers Werk ist schon in Planung

Markus Haage

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Über Markus Haage 2282 Artikel
Mein Name ist Markus Haage, Chefredakteur und Herausgeber vom Neon Zombie-Magazin. Es gibt nicht sonderlich viel spektakuläres über mich zu erzählen. Ich führe ein sehr langweiliges Leben. Aber falls es doch jemanden interessiert, freue ich mich immer über einen Besuch meiner Website www.markus-haage.de! Danke im Voraus!