Robert Zemeckis‘ Zeitreise-Komödie „Zurück in die Zukunft“ („Back to the Future“, 1985) gilt heutzutage nicht nur als Kult oder Meilenstein des Phantastischen Kinos, sondern hat auch seine ganz tiefen Spuren in der Popkultur hinterlassen. Selbst diejenigen, die den Film nicht kennen, können ihn zitieren oder Referenzen verstehen. Der Film, den wir aber alle seit 1985 lieben, sah ursprünglich vollkommen anders aus. Und damit sind nicht einmal die frühen Drehbuchentwürfe von 1981 gemeint, in denen Marty McFly noch in einem atombetriebenen Kühlschrank durch die Zeit reiste. Von „Zurück in die Zukunft“ existiert tatsächlich eine „andere“ Version, in der Marty McFly nicht von Michael J. Fox, sondern von Eric Stoltz gespielt wird.
Fox war laut Aussage von Regisseur Zemeckis und Drehbuchautor Bob Gale immer die erste Wahl. Aufgrund von Verpflichtungen zur Sitcom „Familienbande“ („Family Ties“, 1982–1989) war es für ihn allerdings unmöglich an dem geplanten Dreh teilzunehmen. Also verpflichtete man Eric Stoltz. Entgegen landläufiger Meinungen wurde der Film mit Eric Stoltz allerdings nicht fertig gedreht. Stoltz wurde bereits während der Produktion entlassen. Zu seinen letzten Szenen an denen er arbeitete, zählte der Dreh auf dem Parkplatz des Supermarktes.
Im Rohschnitt fiel Zemeckis aber auf, dass Stoltz zwar ein großartiger Charakterschauspieler gewesen ist, er die komische Note des Films aber überhaupt nicht treffen konnte. Stoltz funktionierte in dieser wilden Komödie nicht, die einen gewissen Suspense of Disbelief voraussetzte. Damit ist die willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit gemeint. Man akzeptiert als Zuschauer (oder hier als Darsteller) beispielsweise die Prämisse, auch wenn man weiß, dass diese in der Realität natürlich nicht funktionieren kann. Folgendes Video vom Making-of auf der Blu-ray zeigt einen kleinen Ausschnitt von Stoltz‘ gefilmten Material (ab 0:43).
Zemeckis entschied sich daraufhin zu einem drastischen Schritt, nämlich den Film mit einem anderen Hauptdarsteller neu zu drehen. Der Vorteil: Er wusste somit immerhin, welche Szenen funktionieren und welche nicht. Man konnte hier also zumindest etwas kostensparend vorgehen, auch wenn man dazu gezwungen war, tatsächlich fast alles neu zu inszenieren.
Das wenige öffentliche Filmmaterial mit Stoltz wirkt zumindest subjektiv weitaus cineastischer, während der fertige Film zumindest im direkten Vergleich tatsächlich etwas sehr flach wirkt. Siehe erstes Filmbild. Es ist aber dennoch belegt, dass einzelne Einstellungen aus dem fertigen Film tatsächlich noch Stoltz zeigen, auch wenn er kaum erkennbar ist. Beim ersten Zeitsprung auf dem Parkplatz des Supermarktes sitzt Stoltz und nicht Michael J. Fox hinter dem Lenkrad des DeLoreans. Auch ist es die Faust von Eric Stoltz, die Biff Tannen in einer Einstellung im Diner abwehrt. Dies wurde von Schauspieler Thomas F. Wilson bestätigt.
Die Entscheidung Stoltz zu ersetzen wurde vom gesamten Produzenten-Team getragen, zu dem unter anderem Steven Spielberg als auch Kathleen Kennedy zählten. Als diese der gesamten Produktionscrew die Nachricht überbrachten, dass man den Film neu drehen müsse, wurde dies überraschenderweise nicht negativ aufgenommen. Vielleicht auch, weil man bereits einen Ersatz gefunden hatte, nämlich Michael J. Fox, der nun aufgrund einer Drehpause bei „Familienbande“ die nötige Zeit zur Verfügung hatte. Aber auch nur, weil der Dreh sich eben verzögerte und man den Hauptdarsteller ersetzen musste. Der Erfolg gab Robert Zemeckis am Ende recht. Wie eingangs erwähnt, entwickelte sich „Zurück in die Zukunft“ nicht nur zu einem populären Blockbuster, sondern auch zu den bedeutendsten und definierenden Filmen der 1980er-Jahre.
Die Proukdtionshistorie von „Zurück in die Zukunft“ wird in dem fantastischen Buch „We Don’t Need Roads: The Making of the Back to the Future Trilogy“ übrigens detailliert aufbereitet. Und sicherlich auch in einer zukünftigen Retrospektive innerhalb unseres Print-Magazins. 😉
‐ Markus Haage
Werbung |