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„Meg“ (USA, 2018)

verfasst am 16.August 2018 von Markus Haage

(© Warner Bros.)

Ein Urzeit-Hai, der titelgebende „Meg“, frisst Strände leer und Jason Statham tritt ihn dafür auf die Flossen. So primitiv kann man den neuesten Tierhorror aus dem Hause Hollywood umschreiben, ohne das man nennenswerte Details der Storyline verheimlicht hätte. Was sich stumpf liest, besitzt aber einen überraschend hohen Unterhaltungswert.

Synopsis: Auf hoher See geht’s in die Tiefe: Die Tauchstation Mana One soll den Marianengraben erforschen, in dem sich die tiefste Stelle der Erdoberfläche befindet. Warum? Um noch tiefer vorzudringen! Doch leider wird das gesamte Unternehmen, finanziert vom eigensüchtigen Milliardär Jack Morris (Rainn Wilson), im wahrsten Sinne des Wortes torpediert! In den Tiefen des Marianengrabens schlummert ein Megaladon, kurz Meg, der sein Revier gnadenlos verteidigt. Es passiert, was passieren muss. Menschen sterben im kalten Nass, die gesamte Unternehmung steht auf dem Spiel. Jonas Taylor (Jason Statham), Ex-Marinetaucher mit Schuldkomplexen, wird aus dem Alkoholismus gerufen, um den Urzeithai gegen alle Widerstände und Klischees den Garaus zu machen …

Ob das eine gute Idee war…
(© Warner Bros.)

Bereits am ersten Startwochenende konnte der Film überraschen. Obwohl die seriösen Box-Office-Analysten einen mittelmäßigen Start prophezeihten, segelte „Meg“ („The Meg“, 2018) mit einem globalen Einspiel von knapp 150 Millionen US-Dollar an ihnen vorbei. Zumindest in absoluten Zahlen ist damit das Budget schon eingespielt. Eine Fortsetzung gilt als sicher. Inhaltlich braucht man sich nicht sorgen, da man aus einem regelrechten Fundus an Storylines fischen kann. „Meg“ basiert auf dem Roman „Meg: A Novel of Deep Terror“ von Steve Alten, der bereits 1997 veröffentlicht wurde. Im gleichen Jahr sicherte man sich auch die Verfilmungsrechte, die zuerst beim Disney Sub-Studio Hollywood Pictures lagen und nun bei Warner Bros. landeten. Seitdem schrieb Alten sage und schreibe sechs Fortsetzungen. Wir können davon ausgehen, dass sie wohl fast alle ihren Weg auf die Leinwand finden werden. Denn die Hai-Welle, deren Ende in den letzten Jahren schon mehrmals vorausgesagt wurde, findet eben kein Ende mehr. Vor allem auf dem Direct-to-DVD-Markt erfreut sich der Hai-Horror extrem großer Beliebtheit und bringt im Jahrestakt zahlreiche kuriose Produktionen hervor. „Jurassic Shark“ (2012), „Sand Sharks“ (2011), „Ghost Shark – Die Legende lebt“ (2013), „Snow Sharks“ (2013), „Toxic Shark“ (2017), „Swamp Shark – Der Killerhai“ (2011), „Zombie Shark – The Swimming Dead“ (2015), „Atomic Shark“ (2016),… Die Liste könnte unendlich weitergehen. Selbst deutsche Filmemacher, wie Marc Fehse und Yazid Benfeghoul, schwimmen, oder eher fliegen, auf dem Erfolg mit und versprechen für den nächsten Sommer die „Sky Sharks“ (2020), die im besten Fall die Hai- mit der (kurzlebigen) Nazi-Trashwelle, welche wiederum aus „Iron Sky“ (2012) maßgeblich hervorging, verbinden soll. Es wird also weiter genug Nachschub geben.

Und dies ist nur eine kleine Auswahl…

Auch wenn die Trash-Produktionsschmiede The Asylum mit „The Last Sharknado: It’s About Time“ (2018) das Ende ihrer irritierend erfolgreichen Trash-Horror-Reihe angekündigt hat, zog der Trend an Hollywood natürlich nicht vorbei. Mit „The Reef“ (2010), „Shark Night 3D“ (2011), „Dark Tide“ (2012), „Bait 3D – Haie im Supermarkt“ (2012), „The Shallows“ (2015) oder „47 Meters Down“ (2017) versuchte man immer wieder, den Direct-to-Video-Wahnsinn vom Fernsehschirm auf die Leinwand zu übertragen, doch setzte man hier fast immer auf eine eher seriöse Prämisse oder Umsetzung. Den C-Movie-Appeal konnte man nie einfangen. „Meg“ ändert dies nun in einer gewissen Art und Weise. Auch wenn der Produktionswert hoch ist, sollte man sich nicht davon täuschen lassen, dass der Film inhaltlich eben recht flach ist. Sämtliche Handlungen eines jeden Charakters sind vorauszusehen, da diese nur ein Ziel verfolgen: Etappenweise die Schauwerte abzuarbeiten. Die Figuren müssen bestimmte Klischees erfüllen, ihr Verhalten eben einen Zweck erfüllen. Der alkoholabhängige Held, der aufgrund einer tragischen Fehlentscheidung nicht mehr zurück ins Wasser steigen will, muss zurück ins Wasser steigen, um seine Redemption zu erhalten. Der arrogante Multimilliardär hingegen, muss durch sein egoistisches Verhalten die Situation eskalieren lassen, nur um dann durch seine eigene Überheblichkeit für das Publikum befriedigend zu sterben. Die Helden dürfen eben keine dummen Entscheidungen treffen, also muss ein Antagonist her. Und selbstredend überrascht es auch nicht, dass bestimmte ethnische Minderheiten nur eine Existenzberechtigung besitzen: Nämlich für Auflockerung zu sorgen (was wiederum auch schon sehr fragwürdig ist…). Und nein, auch hier dürfen Hunde nicht sterben. Den Drehbuchautoren war dies sicherlich bewusst, weswegen sie auf den Zuschauer in einem angenehmen Rhythmus den Hai loslassen, auch wenn sie sich bei den meisten Szenen eben auch genre-typischer Situationen bedienen. Wer dem Hai ausgesetzt werden will, muss eben ins Wasser steigen. Eine Alternative existiert nicht. Natürlich müssen die Autoren die Situation immer wieder eskalieren lassen und erhöhen die Schauwerte nicht nur mit jeder Attacke, sondern versehen die Story noch mit einem Twist, der nicht überrascht, aber in seiner Vorhersehbarkeit einen gewissen Unterhaltungswert bietet. Jeder bekommt das, was er verdient, und der Zuschauer weiß dies auch. Weder muss man Angst um irgendeinen Protagonisten haben, noch Mitgefühl mit irgendeinen Antagonisten empfinden. Der Payoff stellt eine gewisse Befriedigung dar.

Von „Meg“ sollte man als Zuschauer demnach keine großen Innovationen erwarten, sondern sich auf die Achterbahnfahrt als reines Popcorn-Entertainment einlassen. Wobei die gesamte Prämisse für einen Big-Budget-Film bereits so gewagt ist, dass man sicherlich auch auf Nummer Sicher ging und einen Gang herunterschaltete, denn die Romanvorlage gab teils weitaus wildere Szenen vor, die man ungenutzt ließ. Zumindest für den ersten Teil. Man darf davon ausgehen, dass eine (sicherlich) kommende Fortsetzung die C-Wurzeln des Franchises vollends umarmen wird, da es nun einmal der Fluch einer Fortsetzung ist, das Original zu toppen.

Da staunt auch der Statham nicht schlecht.
(© Warner Bros.)
Das chinesische Kinoposter zum Film.
(© Warner Bros.)

Interessant an „Meg“ ist übrigens der teils inflationäre Gebrauch chinesischer Staatssymbolik. Der Film wurde von chinesischen Investoren co-produziert. Dies ergibt durchaus Sinn. Der chinesische Markt ist riesig, der Wert der Währung steigt (trotz einer kontrollierten Entwertung der Regierung) und die Zukunftsperspektiven sind damit blendend. Und so gab es in den letzten zehn Jahren nicht nur vermehrt Co-Produktionen, sondern eben auch Hollywood-Filme, die sich diesem Markt bedienen wollen und somit anpassen müssen. Für Marvels „Doctor Strange“ (2016) wurde der komplette Hintergrundmythos abgeändert und die Handlung von Tibet nach Nepal verfrachtet, da das von China besetzte Tibet offiziell gar nicht mehr existiert. Für das Remake von „Die rote Flut“ („Red Dawn“, 1984) aus dem Jahre 2010 wurden die chinesischen Invasoren in der Nachproduktion zu Nord-Koreanern umgewandelt. In „Transformers: Ära des Untergangs“ („Transformers: Age of Extinction“, 2014), dessen Ende in Hongkong spielt, wird die kommunistische Staatspartei lobend hervorgehoben. Bei „Meg“ sind solch starke politische Referenzen nicht auszumachen, aber die hervorgehobene Darstellung der chinesischen Flagge beim Finale am Strand zeugt eben nicht nur von einem neuen Selbstbewusstsein, sondern auch kulturellen Anspruch. Natürlich kennt man eine ähnliche Darstellung zu Genüge aus US-amerikanischen Produktionen. Regisseure wie Michael Bay geben sich teilweise einem regelrechten Flag-Porn hin. Aber bei aller berechtigter Kritik daran, muss man eben auch zur Kenntnis nehmen, dass gewisse Unterschiede im rechtsstaatlichen Demokratie-Verständnis beider Länder existieren. Demnach irritiert die chinesische Staatssymbolik in diesem Kontext schon (und eben nicht nur, weil man als westlicher Zuschauer nicht daran gewöhnt ist). In Zukunft wird dies keine Seltenheit mehr darstellen, sondern eher die Norm. Interessant ist hierbei übrigens auch die teils widersprüchliche Location des Films, die wohl im süd-ost-asiatischen Meer liegt. Eine Ecke, die von zahlreichen Grenzkonflikten bestimmt ist. So werden die Australier als weitere Nation in dieser Region mehrmals genannt, obwohl diese in dieser Ecke nicht viel zu suchen haben. Eher Brunei, Malaysia oder die Philippinen, mit denen aber eben besagte Grenzkonflikte bestehen (siehe Territorialkonflikte im Chinesischen Meer). Vielleicht sind die chinesischen Fahnen deswegen auch so präsent vorhanden.

Natürlich wäre es vollkommen überzogen, „Meg“ darauf zu reduzieren, aber es deutet eben die erwähnte Zeitenwende an und spiegelt sich nun selbst in einem Big-Budget-C-Actionhorror wider. Eine durchaus interessante Entwicklung. Auch weil der Film überraschend Kritik übt. Das Leid der Haie durch die real stattfindende Jagd auf ihre Flossen wird thematisiert. Diese Kritik richtet sich deutlich an ein asiatisches (und nicht vordergründig westliches) Publikum, da Haiflossen im südostasiatischen Raum unter anderem als Delikatesse gelten (Stichwort: Shark-Finning). Aber auch ihr Stand als Jäger oder Killer der Meere wird hinterfragt. Es findet somit eine Entdämonisierung von Haien statt und diese werden am Ende sogar zu Helden umfunktioniert. Löblich, da es gerade die reißerischen Filmproduktionen waren, die teils vollkommen unbegründet ein falsches Bild von Haien als Killern in der Gesellschaft formten. Es bleibt aber natürlich etwas paradox, da innerhalb der Welt des Films selbst der Megalodon eigentlich auch nur ein Meeresbewohner darstellt, der sein Revier verteidigt. Auch wenn er etwas größer ist …

Jetzt wird der Strand leergefressen…
(© Warner Bros.)

„Meg“ stellt in seiner Einfachheit eine erholsame Abwechselung in der Franchise-verseuchten Kinolandschaft dar. Man benötigt keinerlei Vorwissen, muss keine Serie, keinen Roman, keine Prequels, Sequels oder sonstige Ableger-Produkten kennen, um diese Welt zu verstehen (auch wenn der Film wohl Fortsetzungen nach sich ziehen wird). Und darin liegt wohl auch das Erfolgsgeheimnis des Films begraben. Der Zuschauer weiß, was ihn erwartet, ohne es zu kennen. Nämlich eine kurzweilige, turbulente Actionjagd durch den Pazifik, bei dem alles einen Zweck erfüllt. Sogar die Gewalt, die selbstredend für alle Altersklassen in der Nachproduktion heruntergestuft wurde.

Markus Haage

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Über Markus Haage 2272 Artikel
Mein Name ist Markus Haage, Chefredakteur und Herausgeber vom Neon Zombie-Magazin. Es gibt nicht sonderlich viel spektakuläres über mich zu erzählen. Ich führe ein sehr langweiliges Leben. Aber falls es doch jemanden interessiert, freue ich mich immer über einen Besuch meiner Website www.markus-haage.de! Danke im Voraus!