Ach, ja. Die 80er. Sie gaben uns so einiges. Vieles davon möchten wir gerne wieder vergessen (Schulterpolster, Dauerwellen, Tschernobyl…), manches allerdings hat noch bis heute Bestand. Und so gelten die 80ies als das letzte Jahrzehnt, in dem noch der gute, alte handgemachte Grusel auf die Leinwand projeziert wurde – während die 90er für den Horrorfilm ein recht ernüchterndes Jahrzehnt darstellte und CGI-Gedärme als auch Monstren den Zuschauer begangen zu nerven, anstatt zu gruseln… Also wird es Zeit mal wieder eine dieser unsäglichen Top-Ten-Listen zu verfassen. Diesmal Bühne frei für Nebel, Mettgut, Dauerwellen! Die zehn Besten Horrorschinken der 80er Jahre!
10. „Blutiger Valentinstag“
(„My Bloody Valentine“, USA, 1981)
„Es hat vor 20 Jahren angefangen. Es war die Nacht des Valentin-Balls in der Gewerkschaftshalle. Das größte Ereignis des Jahres. Eine alte Tradition seit über 100 Jahren. Alle waren da, außer den sieben Bergleuten, die in der Heninger-Mine Spätschicht hatten. Fünf von ihnen waren noch unten. Zwei Aufseher warteten auf ihren Ausstieg. In Gedanken schon auf dem Ball, verließen sie ihre Posten, bevor die Anderen sicher oben waren und vergaßen den Metan-Gasdruck in den Stollen zu überprüfen. Die fünf Mann wurden lebendig begraben, während die ganze Stadt weiterfeierte.“
Zu jedem guten Slasherfilm gehört eine düstere Hintergrundgeschichte, die, die Motivation des Schlitzermeisters liefert, um (mehr oder weniger) unschuldige Teenager zur Hölle zu jagen. Und kaum ein Film schafft dieses so gut wie „Blutiger Valentinstag“, erstaunlicherweise bis zum 3D-Remake aus dem Jahre 2009 größtenteils unbekannt. Klar, jeder kennt Jason Vorhees, Michael Myers oder Freddy Krueger – aber Harry Warden gehört zu den Schmuddelkindern unter den Meuchelmördern. Vollkommen unverständlich. Der gerade einmal 28-jährige Regisseur George Mihalka schusterte einen der besten Slasherfilme aller Zeiten zusammen. Hart, gemein, (äußerst) brutal, kreativ, düster. Mit einem fantastischen Soundtrack, hervorragenden Darstellern, einer beeindruckenden Kameraarbeit. Grund genug selbst für Quentin Tarantino „Blutiger Valentinstag“ zum besten Slasher aller Zeiten zu küren – soweit würde ich nicht gehen, denn es gibt ja immer noch den Alptraum von der Elmstraße, aber zu den besten 80er-Horror gehört er alle mal…
9. „Hellbound – Hellraiser II“ (1988)
(„Hellbound: Hellraiser II“, USA, 1981)
Erfolgreiche Fortsetzungen zu kreieren ist schwer. Viele Film-Franchises scheiterten daran und so ist die Liste der guten – oder gar im Vergleich zum Vorgänger besseren Fortsetzungen recht kurz. „Der Pate 2“, „Terminator 2“, „Das Imperium schlägt zurück“ – danach wird’s schon schwierig. Im Horrorgenre erst recht. Umso überraschender war es, als Tony Randel „Hellraiser II“ 1988 auf die Menschheit losließ. Man erwartete nicht viel von der Fortsetzung – auch wenn der erste Teil ein respektierter Genreerfolg wurde. Im Gegensatz zu vielen anderen Fortsetzungen versuchte Randall nicht einfach nur das Erfolgsrezept des ersten Teil zu wiederholen, sondern drang regelrecht in neue Welten vor. Nachdem im Vorgänger die Hölle auf Erden kam, geht’s nun direkt in die Hölle, die Welt der Cenobiten. Hier bittet Randall alles auf, was das phantastische Kino der 80er zur Verfügung hatte – Animatronics, Matte-Paintings, Kunstnebel, einen epischen Score – und nicht zu vergessen einer grandiosen Story von Altmeister Clive Barker persönlich geschrieben.
8. „Shining“
(„The Shining“, USA, 1980)
Stephen-King-Verfilmungen haben es ja noch nie leicht gehabt. Als Hollywood in den 70er Jahren sich seiner Stoffe annahm und dadurch auch seinen eigenen Erfolg verzehnfachte, liefen die Zuschauer in Scharen ins Kino um an Kings Visionen teilzuhaben – doch schon schnell stellte die Leserschaft fest, dass seine recht komplexen Werke auf der Leinwand schwer umzusetzen waren. Dies gipfelte in den 90er Jahren in zahlreichen unterbudgetierten TV-Verfilmungen und recht unnötigen Direct-to-Video-Fortsetzungen, die mit Kings eigentlichen Werken nicht mehr viel zu tun hatten. Ironischerweise gehört dazu auch „The Shining“, der gemeinhin als einer der besten Horrorfilme und damit auch zu den besten King-Verfilmungen zählt. Regisseur Stanley Kubrick nahm sich zahlreiche Freiheiten, King war vom Ergebnis nicht besonders angetan und hasste diesen sogar. So sehr, dass er über Jahre hinweg eine Neuverfilmung forderte – diese bekam er 1997 in Form einer mehrteiligen TV-Miniserie. Betrachtet man den Film aber nicht aus den Augen seines ursprünglichen Schöpfers, so kommt man nicht darum, Herrn Kubrick einen der besten Horrorfilme aller Zeiten zu attestieren, der auch für die Cast- und Crew ein Psychotrip wurde. Die berühmte Szene, in der Jack Ncholson mit einer Axt die Tür aufbricht, musste für Perfektionist Kubrick 127-mal gedreht werden – noch ein heute ein Rekord. Hauptdarstellerin Shelly Long erlitt mehrere Nervenzusammenbrüche am Set, u.a. weil Kubrick sich weigerte sie zu beachten oder überhaupt mit ihr zu sprechen. Psychospielchen, wie er sagte, um sie in die richtige Stimmung zu bringen. Der Aufwand hat sich gelohnt. „The Shining“ ist Legende.
7. „Die Fliege“
(„The Fly“, USA, 1986)
Teleportation! Wohl oder Übel? Entscheiden sie selbst! Objektiv betrachtet war es aber wohl eher ein Übel. Jedenfalls für Seth Brundle, zurückgezogenes Wissenschafts-Genie mit Fabrik-Apartment am Stadtrand. In einem Ansturm von Selbstüberschätzung lässt er sich durch die Gegend teleportieren – übersieht dabei aber, das sich eine kleine Fliege in seinem Teleporter befand. Das zusammenteleportierte Ergebnis ist ein wilder Mix aus menschlichen und insektioden Genen, letztere werden wie ein Krebsgeschwür aus der Haut hervorplustern – bis vom Herrn Brundle nicht mehr als ein kruder Mix aus Mensch und Fliege übrigbleibt. David Cronenbergs Remake aus dem Jahre 1987 ist eine wahre Tour-de-Force des Horrors. Zu keinem Zeitpunkt gönnt der Film sich eine Pause und schlägt vollkommen neue, unerwartete Wege ein. Innovativstes Remake aller Zeiten? Zumindest sehr dicht dran…
6. „ Zombie 2 – Das letzte Kapitel“
(„Day of the Dead“, USA, 1985)
Als „Day of the Dead“, hierzulande auch als „Zombie 2 – Das letzte Kapitel“ bekannt, veröffentlicht wurde, hagelte es scharfe Kritiken. Nach „Dawn of the Dead“, der mittlerweile bereits Einzug ins New Yorker Museum der modernen Künste hielt, waren die Erwartungen an George A. Romero dermaßen hoch, dass dieser sie überhaupt nicht erfüllen konnte. Weder künstlerisch noch finanziell. Denn sein ursprüngliches Drehbuch war von solch epischen Ausmaß, dass kein Studio bereit war die Produktionskosten zu stemmen, zumal Romero die kreative Freiheit eines Unrated-Cut nicht aufgeben wollte. Vom ursprünglichen Budget blieben noch 3,5 Millionen Dollar übrig, das Drehbuch musste komplett überarbeitet werden – und das Ergebnis ist ein Zombie-Horror, der von Kritiker und Fans anfänglich abgelehnt wurde, aber seine Fangemeide über die Jahre via dem Medium Video fand. Heutzutage gilt er als Meisterwerk und besonders in Bezug auf das Zombie-Design als wegweisend für das Genre.
5. „American Werewolf“
(„An American Werewolf in London“, USA, 1980)
So hatte sich David seinen Europa-Trip nicht vorgestellt: mitten im winterlichen London wacht er mit blutverschmierten Mund nackt im Hyde Park auf. Er weiß nicht genau was vorsichgefallen ist, hat aber eine böse Vorahnung. Tief im schottischen Moor wurde sein bester Freund von einem Wolf zerfleischt, er wurde nur leicht verletzt und von einer schottischen Bürgerwehr mit Silberkugeln bewaffnet, gerettet. Nun in London angekommen wird er nicht nur von einer hübschen Krankenschwester verpflegt, sondern regelmäßig von seinem (un)toten Freund besucht. Er streift es als Wahnvorstellungen ab – doch die Tatsache, dass er nach jeder Vollmondnacht nackt im Laub aufwacht, unterstützt zumindest die These, das der Moorbesuch wohl doch größere Konsequenzen mit sich brachte, als gedacht. 1981 schuf John Landis mit „American Werewolf“ eine der brutalsten und bissigsten Horror-Satiren seit Roman Polanski „Tanz der Vampire“ – eben die perfekte Mischung aus Hommage, Komödie und Horrorfilm, dem wichtigsten Latex-Smackdown der 80er Jahre (wofur Rick Baker auch den Oscar erhielt) und nach „Blues Brothers“, Michael Jacksons „Thriller“ und „Kentucky Fried Movie“ wohl den wichtigsten Streifen seiner Karriere. In den 90ern versuchte man sich an einer Fortsetzung – anstatt animatronischer Effekte und tonnenweise Latex, setzte man nun auf CGI und verlagerte die Geschichte nach Paris. Die Fortsetzung ging baden, das Original bleibt Kult.
4. „Tanz der Teufel“
(„The Evil Dead“, USA, 1981)
1979 drehte der 19-jährige Sam Raimi mit seinen Kumpels Burce Campbell und Scott Spiegel in den Wäldern Virginias den Film „Within the Woods“ – ein 8-Milimeter-Grusler bestehend aus wackligen Kameraaufnahmen, schreienden Schulmädchen, sehr viel Laub und Unmengen an Ketchup. Mit 8.000 Dollar Budget, zwei Nachwuchsschauspielerinnen im Gepäck und seinem Bruder als universellen Stunteinsatz sollte aus dem wilden Amateurfilm vier Jahre später der wichtigste Independent-Horror der 80er Jahre werden: „Tanz der Teufel“. In Neuseeland inspirierte dieser Film den jungen Peter Jackson seinen eigenen kleinen Kult-Horror namens „Bad Taste“ zu realisieren, in den USA avancierte der Streifen besonders auf Filmfestivals sehr schnell zu einem Kult-Phänonem, das zwei Fortsetzungen und ein Musical nachsichzog – und in Deutschland, nun, in Deutschland war das Amtsgericht Tiergarten mit freundlicher Unterstützung der BPjM der Überzeugung, den Film beschlagnahmen zu müssen, womit die öffentliche Aufführung, der Vertrieb sowie die Bewerbung in Deutschland unter Strafe fällt. Rechteinhaber VCL bäumte sich dagegen auf – nach einem jahrelangen Rechtsstreit durfte eine um fast 50-Sekunden geschnittene Fassung freigegeben werden – abermals ab 18 und indiziert. Die Beschlagnahmung des wohl wichtigsten Amateurhorrors der Filmgeschichte wurde 2002 bestätigt. Glücklicherweise hören deutsche Gesetze an der Bundesgrenze auf…
3. „Nightmare – Mörderische Träume“
(„A Nightmare on Elm Street“, USA, 1984)
1984 erschuf Wes Craven einer der größten und einflußreichsten Ikonen des modernen Horrorfilms: Freddy Krueger, untoter Schlitzer mit vernarbten Gesicht. In den 60er Jahren von den Eltern der Elmstreet in einem Heizungskeller bei lebendigem Leibe verbrannt. Grund: über Jahre entführte und ermorderte er unschuldige Kinder, aufgrund eines Verfahrensfehler ging er straffrei aus und in Flammen auf. Nun kehrt er zurück – in den Träumen der Kinder und Jugendlichen der Elmstreet. Wes Craven kam die Idee eines übernatürlichen Killers, der seine Opfer in ihren Träumen heimsucht, als er beim Mittagessen mehrere Zeitungsartikel las, über Menschen, die als kerngesund galten und aus unerklärlichen Gründen während ihrer Schlafes verstarben. Zwischen den einzelnen Todesopfern gab es keinerlei Zusammenhang, ihre Todesursache gilt bis heute als ungeklärt. Craven hatte sich bereits mit „Hügel der blutigen Augen“ und „Mondo Brutale“ als damals recht kompromissloser Independet-Horror-Regisseur etabliert, das Budget für seinen „Nightmare“ wurde schnell freigegeben – doch damals konnte noch niemand wissen, was Craven damit lostrat. Insgesamt 6 Fortsetzungen, ein Crossover, eine Comic- sowie TV-Serie, als auch ein Remake (2010) entstanden in den letzten 25 Jahren, wobei der erste „Nightmare“ mit Abstand noch der düsterste und beste Film der Reihe war.
2. „Poltergeist“
(„Poltergeist“, USA, 1982)
Wer hat nun diesen Film gedreht? War es Tobe Hopper oder Steven Spielberg? Noch heute wird diese Frage unter Filmfans heiß diskutiert. Spielberg wollte ursprünglich die Regie übernehmen, konnte dies aber aus rechtlichen Gründen nicht – also beschränkte er sich auf den Produzentenposten – offiziell zumindest. Tobe Hooper, der bereits das „Kettensägenmassaker“ inszenierte, wurde berufen Spielbergs Aufgabe zu übernehmen. Doch wie es sich im Nachhinein herausstellte, schien Speilbergs kreatives Engagement weitaus größer gewesen zu sein. So inszenierte er komplette Szenen, sprach sich mit den Schauspielern ab, wachte über die gesamten SFX. Spielberg ging sogar so weit, seinen Namen über den Filmtitel zusetzen („Steven Spielberg presents…“) – sehr zum Ärgernis der Gewerkschaft Director’s Guild of America, weswegen er schnell zurückrudern musste. Wer auch immer für den Film verantwortlich ist – er hat ganze Arbeit geleistet. Mit „Poltergeist“ zieht der altmodische Spukhaus-Grusel in das moderne Suburbia Amerikas – der Fernseher wird zum übernatürlichen Kommunikationsmittel und der Wandschrank zum Eingang ins Jenseits. Zwei Fortsetzungen, sowie ein geplantes Remake, zog der Streifen nach sich – die Sequals konnten allerdings den Suspense des Originals nicht halten.
1. „Das Ding aus einer anderen Welt“
(„The Thing“, USA, 1982)
Antarktis-Außenposten 31 hat ein Problem: nicht nur das draußen der schlimmste Schneesturm seit Jahren tobt, drinnen macht sich ein extraterrestrischer Virus breit, der die Gene seine jeweiligen Wirtskörpers transformiert – doch bis es soweit ist, weiß niemand wer von dem Virus betroffen ist. Das Forscherteam um Kurt Russel weiß nur eins: wenn das Virus es schafft vom antarktischen Kontinent zu fliehen, ist die Menschheit dem Ende geweiht. John Carpenters Verfilmung der Novelle „Who goes there?“ wurde bei seiner Veröffentlichung von den Genrefans als auch Kritiker nur müde belächelt. Gegen den netten Außerirdischen E.T. hatte das böse Ding keine Chance und ging gnadenlos unter – erst durch zahlreiche TV-Ausstrahlungen und dem boomenden Videomarkt fand er seine Fangemeinde. Heute gilt der Film als Klassiker des modernen SciFi-Horrors. Ein Meilenstein – besonders der SFX-Kunst und unter Filmfans unangefochten das betse Werk Carpenters. Klar, „Christine“, „Halloween“, „Die Klapperschlange“ – alles Meisterwerke. Aber wie in kaum in einen seiner anderen Filme, schafft es Carpenter die Apokalypse im Kleinen so eindringlich darzustellen. Man weiß was passieren wird, wenn das Forscherteam versagt. Man weiß, dass sie auf kleinsten Raum fernab jeglicher Zivilisation einen Kampf um die gesamte Menschheit auszutragen haben. Man weiß aber nicht, wer in diesem Kreise der Verteidiger überhaupt einer ist. Gerade dieses Unbekannte ist es, was den Film in Sachen Suspense in die Champions League befördert. Dieses Unbekannte spiegelt Carpenter brilliant in der Optik des Films wieder. Langsame Schnitte und eine ruhige Kameraführung, die, die gähnende Langeweile, aber auch völlige Isolation des Forscherteams wiederspiegeln, bestimmen den Film. Unterstützt wird dies von einem minimalistischen Soundtrack, der zwar nicht, wie üblich, von Carpenter selber stammt (sondern von Altmeister Ennio Moriccone – auch wenn Carpenter nacharbeitete), aber in bester Tradiotion zu ihm steht. „Das Ding“ ist heute, 27 Jahre nach seiner Entstehung, einer der wichtigsten Horrorfilme aller Zeiten. Carpenters Opus Magnum.
‐ Markus Haage
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