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„U.S.S. Charleston – Die letzte Rettung der Menschheit“ (USA, 2000)

verfasst am 26.August 2018 von Markus Haage

(© EuroVideo Medien GmbH)

Im Jahr 2000 versuchte man sich an einem TV-Remake des dystopischen Sci-Fi-Klassikers „Das letzte Ufer“ von 1959. Mit einem teils beachtlichen Maincast ausgestattet, durfte Highlander-Regisseur Russel Mulcahy erneut die U.S.S. Charleston auf ihre schicksalshafte Reise in das atomar-verseuchte Nord-Amerika schicken.

Synopsis: Im Jahre 2006 ist die Menschheit dem Untergang geweiht. Nach einem Dritten Weltkrieg zwischen der Volksrepublik China und den Vereinigten Staaten von Amerika, der in einem nuklearen Schlagabtausch endete, ist die gesamte Nord-Halbkugel radioaktiv verseucht. Die U.S.S. Charleston, ein U-Boot der US-Navy, hat überlebt und reist gen Melbourne. Dort zeigt sich der Crew ein hoffnungsloses Bild: Die australische Gesellschaft verfällt in Anarchie, denn die radioaktive Wolke nähert sich auch unaufhaltsam ihnen. Ein kleiner Hoffnungsschimmer besteht trotzdem: Aus dem Norden wird ein schwaches Signal empfangen, eine unvollständige digitale Botschaft aus Alaska, die Hoffnung gibt, dass dort Menschen nicht nur überlebt haben, sondern vielleicht auch ein Weiterleben möglich ist …

Die Besatzung der U.S.S. Charleston hofft auf ein Wunder.
(© EuroVideo Medien GmbH)

Im deutschen Sprachraum genoss Stanley Kramers „Das letzte Ufer“ („On the Beach“, 1959) nie dieselbe Anerkennung wie in der angelsächsischen Welt. Dies mag vielleicht daran liegen, dass ein Jahrzehnt nach dem katastrophalen und verloren gegangenen Weltkrieg die westdeutsche Bevölkerung sich nach Frieden und Ruhe sehnte. Der Heimatfilm bestimmte die hiesige Kinolandschaft. „Das letzte Ufer“ mit seinem pessimistischen Ende stand dem entgegen. Das hatte sogar Konsequenzen für die Produktion des Films. Die US-Navy lehnte jegliche Zusammenarbeit ab. Die Filmcrew musste auf ein britisches, bereits aussortiertes U-Boot setzen. Auch gesellschaftlich gab es nach der teils irritierenden Glorifizierung der zivilen als auch militärischen Nutzung der Kernkraft der 1950er-Jahre eigentlich kein Bedürfnis nach einer kritischen Hinterfragung. Demnach überraschte der Erfolg der Thematik. Der teils recht melancholische Film konnte sich trotz aller Widerstände vor allem an den US-Kinokassen behaupten. Sicherlich auch, weil er mit einer Starbesetzung aufwarten konnte. Hollywood-Legenden wie Gregory Peck, Ava Gardner, Anthony Perkins und Fred Astaire übernahmen die Hauptrollen und lenkten somit die Aufmerksamkeit auf dieses wichtige Thema. Nach dem Fall der Mauer 1989 sowie dem Untergang der Sowjetunion 1991 war der Kalte Krieg jedoch beendet. Nach Jahrzehnten der Angst begann ein kurzes Zeitalter der Abrüstung und ein Gefühl des globalen Friedens in den 1990er-Jahren. Dies war ein trügerisches Gefühl, wie der 11. September 2001 bewies und endgültig ein neues Zeitalter einläutete, aber die Neuverfilmung von „Das letzte Ufer“ wurde eben in diesen „Friedenszeiten“ produziert. Zu einem Zeitpunkt, als eine akute Bedrohung eines Atomkrieges nicht mehr gegeben war. Vielleicht der Hauptgrund, warum das Remake etwas in Vergessenheit geriert. Die originale Romanverfilmung stellte eine der ersten großen Dystopien dar, die sich mit Starbesetzung kritisch mit der atomaren Bedrohung auseinandersetzte und dies für Hollywood untypisch eben ohne ein Happy End versah. Jeder Mensch starb. Es gab keine Hoffnung. Die spannende Frage ist demnach, ob das Remake diesen Geist der Angst im Jahre 2000 überhaupt noch einfangen konnte.

Die Bombe kennt kein Mitleid.
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Der fiktive Konflikt, der zu einem globalen Atomkrieg führt, wird nun zwischen den USA und der Volksrepublik China ausgetragen, die vorab in Taiwan einmarschierten, einen Verbündeten der Vereinigten Staaten. Im Film wird mehrmals darauf hingewiesen, dass China die erste Atombombe zündete und die USA somit nur defensiv reagierten. Letztlich ist dies aber vollkommen egal, da jede Bombe zur Bildung der radioaktiven Wolke und somit dem Untergang der Menschheit beiträgt. Wie im Original blieben lediglich Teile der Süd-Halbkugel bisher verschont. Doch die radioaktive Wolke nähert sich erbarmungslos auch dieser. Der Hintergrund zum Untergangs-Drama wurde somit fast eins zu eins übernommen, was in einer modernisierten Variante nicht überzeugend genug funktioniert. Das Remake versuchte erst gar nicht, die eigentlich vollkommen falschen Folgen eines globalen Nuklearkrieges zu updaten. Zur Entstehung des Originalfilms waren Konzepte wie der Nukleare Winter beispielsweise kaum bekannt. Dies stellt letztlich eine verpasste Chance dar, da die Macher sich auf dem bloßen Schreckensszenario eines nuklearen Schlagabtauschs verlassen, ohne dabei aber zu bedenken, dass das Publikum nach mehr als vierzig Jahren Kalten Krieges weitaus gebildeter ist. Man muss diese Prämisse schlichtweg akzeptieren und eine Menge an Suspension of Disbelief wirken lassen, um dramaturgisch als Zuschauer überhaupt abgeholt zu werden. Denn aufgrund der erzwungenen Lauflänge kann die Neuverfilmung dem Original inhaltlich eben nicht viel Neues abringen und konzentriert sich damit auf die Ausbreitung des Dramas.

Es ist noch Zeit…
(© EuroVideo Medien GmbH)

Die Neuverfilmung wurde als Zweiteiler für das US-Fernsehen konzipiert. Damit muss das Remake mehr Zeit füllen als inhaltlich wohl vorhanden ist. Nach einem recht rasanten Start, der den Ausbruch des Konflikts anhand von Archivmaterial verdeutlichen soll, steigt man direkt in die Apokalypse ein. Die Charleston hält vor Melbourne, ihr Kapitän Dwight Towers (Armand Assante) wird von der australischen Regierung gerufen. In der Innenstadt von Melbourne macht sich bereits die Hoffnungslosigkeit breit. Marodierende Banden plündern Geschäfte, die Polizei schaut tatenlos zu. Nach diesem Einstieg, der das erste Drittel ausmacht und durchaus spannend inszeniert ist, breitet der Film die Geschichte aus, führt neue, zivile Charaktere ein und versucht durch ihnen einen Querschnitt der Gesellschaft zu repräsentieren, der nur gelinde gelingt. Die Frau des australischen Leutnants Peter Holmes (Grant Bowler), der mit Towers auf die Reise nach Nord-Amerika gehen soll, klammert sich an jedes Fünkchen Hoffnung und versucht den nahenden Untergang zu ignorieren. Ihre Schwester Moira Davidson (Rachel Ward) hingegen zelebriert das Leben in vollen Zügen, so wie immer, und fängt eine Liaison mit Towers an. Sicherlich zuerst nur aus Eigennutz, um nicht alleine zu sterben, dann aber ensteht soetwas wie eine Liebesbeziehung. Zumindest soll der Zuschauer dies glauben, obwohl Towers erst vor wenigen Wochen seine Frau und seine Kinder im nuklearen Feuer verlor. Dazwischen steht der selbstverliebte Wetterexperte Dr. Julian Osborne (Bryan Brown), ein ehemaliger Liebhaber von Moira, der den Untergang aufgrund seiner eigenen Aufzeichnungen bereits für sicher hält, und dessen einzige Rolle effektiv nur darin besteht, eine Art Love-Triangle zu generieren. Und so wird ein teils irritierend rührseliges und unheimlich oberflächliches Melodram gesponnen, welches die eigentliche Handlung nur unnötig verzögert. Eine echte Auflösung gibt es am Ende kaum, auch wenn man hier gegenüber dem Original einige Änderungen vornahm. Der Kapitän fährt nicht mit seiner Crew nach San Francisco zurück, damit diese in ihrem Heimathafen sterben kann, sondern verbringt seine letzten Stunden mit Moira. Ein merkwürdiger Kompromiss, der aufgezwungen wirkt, aber das Melodram im ersten Teil bedient.

Die Menschheit stirbt.
(© EuroVideo Medien GmbH)

„U.S.S. Charleston – Die letzte Rettung der Menschheit“ scheitert als Neuverfilmung zwar nicht, – auch weil sich das Original sicherlich nie als wissenschaftlich fundierte Dystopie verstand, sondern eher als dramatische Warnung –, ringt der Originalverfilmung oder auch dem Roman aber leider viel zu wenig Neues ab, verneigt sich in einzelnen Szenen stellenweise sogar unnötig vor beiden. Manche Abweichungen oder Neuerungen funktionieren, andere wiederum leider nicht. Man denke hierbei nur an das dramatische Autorennen aus „Das letzte Ufer“, bei denen viele Fahrer tatsächlich ihr Leben geben, weil sie wissen, dass sie so oder so sterben werden. Dies fehlt nun vollkommen und man orientiert sich hierbei an der Romanvorlage. In einer doch recht beeindruckenden Montage fährt Osborne durch das fast verlassene Melbourne und sieht, wie die letzten noch lebenden Menschen ihre Ration an Selbstmord-Pillen ausgeteilt kriegen. Dies wird zwar dem hoffnungslosen Ende des Romans gerecht, aber in einer darauffolgenden Szene konterkariert. Es gibt ein Happy-End für Moira, Towers wird mit ihr die letzten Stunden verbringen. Im Kontext der Geschichte ein versöhnlicher, aber vollkommen irritierender Abschluss. Und so schwingt der Zweiteiler hin und her, teils nicht wissend, ob er eine eigene, neue (oder modernisierte) Geschichte erzählen oder den Vorlagen gerecht werden soll. Dennoch besitzt der Zweiteiler seine Qualitäten. Armand Assante steht dem großen Gregory Peck in nichts nach und wurde für seine schauspielerische Leistung auch für den Emmy und den Golden Globe nominiert. Das apokalyptische Drama kann optisch ebenfalls überzeugend eingefangen werden, auch wenn es teils den sehr datierten Special Effects einer TV-Produktion unterliegt. Einzig der inhaltliche Mut für Veränderung fehlte, um die Geschichte glaubwürdig in die (damalige) Gegenwart des Jahres 2000 zu transportieren.

Markus Haage

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Mein Name ist Markus Haage, Chefredakteur und Herausgeber vom Neon Zombie-Magazin. Es gibt nicht sonderlich viel spektakuläres über mich zu erzählen. Ich führe ein sehr langweiliges Leben. Aber falls es doch jemanden interessiert, freue ich mich immer über einen Besuch meiner Website www.markus-haage.de! Danke im Voraus!