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„5-25-77“ (USA, 2022)

verfasst am 27.Oktober 2022 von Markus Haage

(© MVD Entertainment Group. All Rights Reserved.)

Mehr als achtzehn Jahre befand sich das autobiografische Werk „5-25-77“ in Produktion. Das Ergebnis ist eine Liebeserklärung an das Phantastische Kino der 1970er-Jahre und ihre Macher, sowie eine Ode an alle cineastischen Tagträumer.

Offizielle Synopsis: Alienated, hopeful-filmmaker Pat Johnson’s epic story growing up in rural Illinois, falling in love, and becoming the first fan of the movie that changed everything.

Das offizielle Filmplakat im Stile von Drew Struzans ikonischen Motiven.
(© MVD Entertainment Group. All Rights Reserved.)

„5-25-77“ stellt ein fast schon mystisches Projekt dar. Ein Film, der sich offiziell mehr als achtzehn Jahren in Produktion befand (der älteste Teaser Trailer wurde am 13. Oktober 2006 auf YouTube hochgeladen). Es ist ein Passionsprojekt, welches trotz der Unterstützung namhafter Persönlichkeiten der US-amerikanischen Filmindustrie – darunter zahlreiche Legenden der SFX-Community – stets wie ein bloßer Traum erschien. Dies mag viele Gründe haben; das limitierte Budget ist sicherlich einer davon. „5-25-77“ wurde zwar von Film-Legenden unterstützt, aber kaum finanziell. Und dies fordert einen gewissen Tribut. Es ist ein Werk, das von Herzen kommt und sich stets den Regeln der Industrie widersetzet – dies spürt man in jeder Minute –, aber genau deswegen Kompromisse eingehen musste. Die Präsentation steht manchmal in einem starken Kontrast zum mitreißenden Inhalt und der inszenatorischen Kreativität. „5-25-77“ wurde auf 16mm gedreht. Dies besitzt einen gewissen Retro-Charme, da zahlreiche Independent-Filme der 1970er- und 1980er-Jahre auf 16mm inszeniert wurden – man denke hierbei an George A. Romeros „Zombie“ („Dawn of the Dead“, 1978) oder auch Sam Raimis „Tanz der Teufel“ („The Evil Dead“, 1981).

Man wünscht sich dennoch, dass Produzent, Regisseur und Autor Patrick Read Johnson die Mittel zur Verfügung gehabt hätte, seine Vision vollends auf 35mm-Film zu drehen. Davon sollte man sich allerdings nicht abschrecken lassen, denn was „5-25-77“ manchmal an Ästhetik fehlt, macht das Werk mit seiner inszenatorischen Kreativität und mitreißenden Dramaturgie wieder wett, die sich vor allem im Detail, der Rekonstruktion der Mitt-70er widerspiegelt. „5-25-77“ ist vieles. Teils Coming-of-Age-Drama, teils High-School-Komödie, teils Road Trip, aber vor allem eines: eine pure Liebeserklärung an das Phantastische Kino der 1970er-Jahre, dessen Höhepunkt George Lucas‘ Sci-Fi-Mär „Krieg der Sterne“ („Star Wars“, 1977) darstellte. Dieser wurde in den USA am 25. Mai 1977 veröffentlicht, oder in der US-amerikanischen Schreibweise am „5-25-77“.

„5-25-77“ ist die Geschichte des Kleinstadt-Teenagers Pat Johnson (John Francis Daley), der über große Träume, aber nur geringe Mittel verfügt. Ein Tagträumer gefangen irgendwo im Nirgendwo. Seine Helden sind nicht die Leinwandstars, die von jedem Poster strahlen, sondern die Menschen hinter den Kulissen, die zum damaligen Zeitpunkt oftmals nicht einmal in den Credits erwähnt wurden. Und so inszeniert er eigene Super-8-Remakes damals populärer Filme und Serien. Besonders „2001: Odyssee im Weltraum“ („Originaltitel: 2001: A Space Odyssey“, 1968) hat es ihm angetan. Weniger aufgrund der philosophischen, sondern eher aufgrund der inszenatorischen Aspekte. Stanley Kubricks Meisterwerk zeigte auf spektakuläre Weise auf, wozu die damals moderne Tricktechnik im Stande war und inspirierte eine ganze Generation an Kindern und Jugendlichen selber Filmemacher zu werden. Auch wenn „Krieg der Sterne“ im Fokus stehen mag, zollt Regisseur Patrick Read Johnson allen Vorläufern enormen Respekt und erkennt ihren Einfluss an. Der Film könnte auch „4-03-68“ heißen. Der Tag, an dem „2001: Odyssee im Weltraum“ und „Planet der Affen“ („Planet of the Apes“, 1968) gleichzeitig (!) in den US-amerikanischen Kinos startete und das Phantastische Kino, insbesondere der Science-Fiction-Film, grundlegend revolutioniert wurde.

Somit honoriert „5-25-77“ auch die Werke, die von der breiten Masse oftmals wenig(er) Beachtung erhalten. „5-25-77“ ist eben nicht nur „Star Wars“, dies ist lediglich der Höhepunkt der Handlung, das Ziel einer langen Reise, sondern eben auch „2001: Odyssee im Weltraum“, „Planet der Affen“ und natürlich „Lautlos im Weltraum“ („Silent Running“, 1971). Ein Werk, dessen Einfluss auf das Sci-Fi-Kino und die Tricktechnik nicht hoch genug angerechnet werden kann. „5-25-77“ verneigt sich ehrenvoll vor den Effektkünstlern hinter der Kamera, die eine ganze Ära geprägt haben, indem es die filmischen Experimente seines enthusiastischen jungen Protagonisten auf beeindruckend ehrliche und detaillierte Weise zelebriert.

Kinowelten werden im Kinderzimmer nachgebaut.
(© MVD Entertainment Group. All Rights Reserved.)

Höhepunkt dieser charmanten Rekonstruktion der Vergangenheit ist sicherlich eine Reise nach Hollywood, bei dieser der Protagonist Pat die SFX-Arbeiten von „Unheimliche Begegnung der Dritten Art“ („Close Encounter of the Third Kind“, 1978) und „Krieg der Sterne“ besuchen darf und Macher wie Douglas Trumbull, Steven Spielberg oder auch Herb Lightman trifft. Es ist eine Reise in eine andere Traumfabrik, die heutzutage so nicht mehr existiert und vielleicht auch nur zum damaligen Zeitpunkt existieren konnte. Eine Zeit, als das New Hollywood die Leinwände eroberte und junge, wilde Filmemacher das Kino neu definierten. Die Nachbildung der damaligen Produktions-Realität ist absolut beeindruckend und konnte wohl nur mit der Unterstützung von Gary Kurtz, Produzent von „Star Wars“, umgesetzt werden. Echte Storyboards, Miniaturbauten und Requisiten werden präsentiert, die das Herz eines jeden Fans des Phantastischen Kinos höher schlagen lassen werden. Auch, weil die Geschichte tatsächlich der Realität entspricht.

In den heiligen Hallen der Produktion von „Krieg der Sterne“.
(© MVD Entertainment Group. All Rights Reserved.)

„5-25-77“ versteht sich als einen durchweg autobiografischen Film. Natürlich ist es kein Zufall, dass der Hauptcharakter Pat Johnson den Namen des Autors und Regisseurs Patrick Read Johnson trägt. Das Werk ist seine Geschichte; seine Erinnerung an eine untergegangene Zeit. Sicherlich etwas nostalgisch verklärt und dramaturgisch überhöht, aber dies auf eine teils überraschend ehrliche Weise. Denn es ist auch die Geschichte des Erwachsenwerdens und diese ist nicht nur durch jugendliche Naivität, sondern auch durch die ersten großen Enttäuschungen geprägt. Demnach überrascht auch das Ende. Es geht letztlich um mehr, als nur die Liebe zum Film. Eine Reise wird erzählt, die eben voller Hoffnung, aber auch Angst steckt. Eine Story, die als Script vollkommen unmöglich erscheint und so wohl nur das echte Leben schreiben konnte.

Denn hinter diesem Passionsprojekt steckt Drehbuchautor, Regisseur und Effektmeister Patrick Read Johnson, der nicht nur Werke wie „Angus – Voll Cool“ („Angus“, 1995) oder „Dragonheart“ (1996) inszenierte, sondern sich auch für die Spezialeffekte von „2010: Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen“ („2010: The Year We Make Contact“, 1984) oder „Warlock“ (1989) verantwortlich zeichnete. Es ist seine Geschichte, die er selber nacherzählt und tatsächlich so stattgefunden hat. Man kann monieren, dass „5-25-77“ gerade deswegen eine gewisse Distanz fehlt – letztlich beträgt die Laufzeit über zwei Stunden und ist gefühlt etwas zu lang –, aber dafür enthält der Film eben auch so unheimlich viele entzückende Details, mit denen sich wohl ein jeder cinephile Tagträumer identifizieren kann. Jegliches inszenatorisches oder dramaturgisches Manko macht das Werk durch unheimlich viel Charme wett.

Am Set von „Unheimliche Begegnung der Dritten Art“.
(© MVD Entertainment Group. All Rights Reserved.)

Patrick Read Johnsons Film ist eine wundervolle Ode an eine längst vergangene Zeit des Phantastischen Kinos, die wohl nie wiederkehren wird. Ein Werk voller Freude und Hoffnung, aber auch Angst und Enttäuschung, das vielen cinephilen Künstlern regelrecht aus der Seele spricht und vielleicht auch nur für sie vollends nachvollziehbar ist.

Markus Haage

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Mein Name ist Markus Haage, Chefredakteur und Herausgeber vom Neon Zombie-Magazin. Es gibt nicht sonderlich viel spektakuläres über mich zu erzählen. Ich führe ein sehr langweiliges Leben. Aber falls es doch jemanden interessiert, freue ich mich immer über einen Besuch meiner Website www.markus-haage.de! Danke im Voraus!