Werbung

American Cyborg (USA, 1993)

verfasst am 3.Januar 2008 von Markus Haage

„Im siebzehnten Jahr seit dem Nuklearkrieg wurden alle menschlichen Überlebenden in Städte getrieben, die jetzt von einem Computersystem, welches mit künstlicher Intelligenz ausgestattet ist, wie Gefängnisse geführt werden.“

Nuklearer Overkill, die 100ste.

Die Welt sieht aus wie London nach den „Poll Tax Riots“. Leere Fabrikhallen, ausgebrannte Autos, Müll auf den Straßen. Für Endzeit-Verhältnisse also friedliebend-nett. Die letzten Menschen haben sich in vier Endzeit-Gruppen aufgeteilt: hinterlistige Obdachlose, selbstlose Helden, vom Optimismus in den Wahnsinn getriebene Wissenschaftler und atomare Nachgeburten…und dann gibt’s noch die Cyborgs. Natürlich. Diese sind auch ganz nebenbei für den Untergang des Abendlandes verantwortlich, denn im dystopischen Jahre 20xx a.D. haben sie die Macht an sich gerissen und die übrig-gebliebenden Menschen „versklavt“. Wer jetzt denkt, dass das schon alles gewesen sei, der bekommt nun den heißen Subplot serviert…

Alle Frauen sind unfruchtbar (TADA!). Warum? Ganz einfach: radioactive fallout, baby! Aber ein Schimmer Hoffnung macht sich am Horizont bereit und breit, denn eine – ja, richtig – eine einzige Frau (!) auf dem gesamten nord-amerikanischen Kontinent ist noch fruchtbar! Olé! Bevor die Herrscharen befruchtungswilliger Mannen über sie herfallen können (selbstredend nur zum Wohle der Menschheit), wird die Dame auch sofort von einem Trupp edler Endzeit-Recken aufgegriffen, um nach EUROPA gebracht zu werden. Warum Europa? Laut Film ist es ein Hort der Freiheit und des Wohlstands, man kann aber wohl davon ausgehen, das einfach alle Frauen unterm Eiffelturm schneller weich werden (L’Amour…). Von daher dürften die Befruchtungspläne dort eben besser…fruchten. Aber es geht nicht nur um die einzig fruchtbare Frau jenseits des Potomacs…sondern…und jetzt kommt ein Knaller…vielmehr um den LETZTEN LEBENDEN FÖTUS, der sich in einem Glasbehälter befindet und alle paar Stunden von der letzten fruchtbare Frau gefüttert werden muss (via externer Nabelschnur)…

(© VZ-Handelsgesellschaft mbH)

Passendes Filmzitat vom alten, weisen Wissenschaftler dazu:

„Weißt du, vielleicht werden wir eines Tages das System schlagen, aber im Augenblick ist Europa für dich der sicherste Platz. Du bist die einzigste Ovulums-Quelle, die wir haben und soweit wir wissen, ist das hier der einzige lebende Fötus auf diesen unfruchtbaren Planeten. Du bist von Gott gesandt, Mary.“

So, macht sich der Trupp also auf, um das rettende „Schiff“ (= Motorboot) nach Europa zu erreichen. Die Waffen werden gecheckt und der Fötus wird sachgemäß in einem Rucksack verstaut…

(© VZ-Handelsgesellschaft mbH)

Aber die ganze Geschichte hat selbstredend einen Haken, denn sooooo einfach kommt man in der Endzeit nu’ auch nicht nach Europa…und auch hier erklärt uns der alte, weise Wissenschaftler was Sache ist:

„Stellen sie ihre Zeitmesser aufeinander ab. Wir haben genau 36 Stunden, um die Stadt zu durchqueren und den Hafen zu erreichen. Vergessen sie bitte nicht, das der Fötus nicht länger in einer temporären Kapsel überleben kann. Die europäische, künstliche Gebärmutter befindet sich auf dem Boot. Wenn der Fötus sie rechtzeitig erreicht, kann er sich dort sicher bis zur Geburt entwickeln. Bis dahin wird Mary in alle paar Stunden füttern.“

Natürlich haben die fiesen Cybrogs Wind von der Sache bekommen und so wird zur großen Jagd auf die Frau geblasen. Zuerst wird die Forschungseinrichtung kurz und klein geschlagen, danach der Trupp an edlen Recken. Die Frau ist nun allein und kann nur knapp dem Cyborg (ja, ist nur einer…) entkommen, der hier in erster Linie durch einen muskulösen Herren in Lederjacke und mit blondgefärbten Haaren dargestellt wird. Doch bereits neue Gefahren warten auf die Dame und so wird sie von einer Horde, nennen wir sie mal, „Punks“ attackiert. Das Schicksal der nord-amerikanischen Gesellschaft scheint besiegelt, doch da springt ein tapferer Heros namens Austin aus dem Gebüsch (Ähnlichkeiten zum Chippendales-Hauptprogramm sind vorhanden) und rettet die Dame!

Zusammen mit der Frau versucht er nun zum Hafen zu kommen, wo die besagte europäische Gebärmutter wartet, doch die Endzeit bringt allerhand fieser Zeitgenossen mit sich. Nicht nur die Cyborgs sind wild auf Prügel, sondern quasi noch die gesamte Nachgeburt der post-apokalyptischen Gesellschaft…als da eben wären: kannibalistische Mutanten (Zitat: „Hunger! Hunger! Hunger!“), Rocky-Horror-Picture-Punks, arabische Geschäftemacher, weibliche Militia, usw…

(© VZ-Handelsgesellschaft mbH)
(© VZ-Handelsgesellschaft mbH)

Natürlich werden alle Gefahren durch Sidekicks gebannt, nur der Ober-Cyborg ist von einem anderen Kaliber. Laut Film ist er das „neueste Modell“ (wozu wohl auch ein Schnurrbart gehört) und ist von daher nicht nur besonders resistent, sondern verfügt auch über ein ausgeklügeltes Zielvisier mit besonders bedienungsfreundlicher Benutzeroberfläche…und einer Schwäche für Neon-Grün (verdammte 90er!)…

(© VZ-Handelsgesellschaft mbH)

Es kommt natürlich was kommen muss. Der Cyborg findet unser Pärchen und will sie, ganz einfach, VERNICHTEN! Doch Austin kann ihn stoppen und verliert dabei seinen rechten Arm und offenbart somit ein schreckliches Geheimnis: er ist kein Mensch, sondern ein kybernetischer Kampfkoloss! Ein Cyborg! Ein Roboter! Zu 90% aus Metall und Draht! Mary kann dies natürlich nicht fassen und entscheidet sich allein zum Hafen zu gehen (blöde Idee) und wird da selbstredend vom Ober-Cybrog gestellt.

(© VZ-Handelsgesellschaft mbH)

Doch in letzter Sekunde taucht Austin wieder auf und stellt sich dem Fiesling zum Endkampf entgegen. Ziwschenzeitlich hat er sich übrigens wieder einen zweiten Arm angeschraubt und kann so mit voller Kraft zuschlagen. Es ist klar wer den (dann doch recht überschaubaren) Kampf gewinnt, nämlich: Austin. Seine ausgeklügelte Kampf-Methode: Augen eindrücken und Kabelage (soll sein: Cyborg-Gedärme) rausreißen! Geil!

(© VZ-Handelsgesellschaft mbH)

Der fiese Cyborg ist tot, der Fötus gerettet. Austin geht allein den Sonnenuntergang entgegen um, nach eigener Aussage, die Menschheit zum Kampf gegen das System anzuführen. Na, Mahlzeit…

(© VZ-Handelsgesellschaft mbH)

Wer jetzt denkt: hmprf, kommt mir alles irgendwie bekannt vor (kann man „hmprf“ überhaupt denken?), der hat natürlich recht. „American Cyborg“ kombiniert fast jeden Endzeit-Handlungsstrang, der uns jemals unter die Lupe gekommen ist. Bekannteste Beispiel dürften sein: „Cyborg“ (einsamer Held bringt Cyborg-Tante ins sichere Atlanta) oder „Fireflash – Der Tag nach dem Ende“ (einsamer Held bringt letzte fruchtbare Frau ins sichere Europa). Von Parallelen zu vorangegangenen Werken möchte man schon gar nicht mehr sprechen, aber hey, hier haben wir wenigstens eines der letzten produzierten Exemplare eines untergegangenen Sub-Genres des SciFi-Films, nämlich den Cyborg-Endzeit-Kracher. Und dieser kann überzeugen! Boaz Davidson („Eis am Stiel 1 – 4“) merkt man an, dass er sich im Filmgeschäft schon vorher gut auskannte und so hat sein Direct-to-Video-Werk seine (guten) Momente, aber ich kann euch versichern, die trashigen überwiegen…ganz klar.

Der Film strotzt nur so von unglaublich heißen Charakteren und Momenten und dieses wird auch nur durch die an sich eigentlich schon völlig unglaubliche und absurde Geschichte (FÖTUS!) überschattet. Ich hatte meine Bedenken, dass der Streifen wohl eher im „Omega Doom“ (mit Rutger Hauer) und „Nemesis 2 – 4“-Bereich anzusiedeln ist, aber hier haben wir wirklich eine recht unbekannte, kleine Cyborg-Trashperle, an die es leider nicht mehr sehr leicht ranzukommen ist. Möge sich ein DVD-Anbieter erbarmen…bitte!

Fatality:
Mit Abstand einer der besten und unterhaltsamsten Cyborg-Kracher aus der „Direct-to-Video“-Ära, der uns alles bietet, was das Endzeit-Herz begehrt. Eine DVD-Veröffentlichung lässt noch auf sich warten, allerdings schmeißt Pro 7 oder RTL 2 den Streifen desöfteren ins Nachtprogramm. Von daher: Augen auf…lohnt sich. 4 Köppe für Cyborgs, Fabriken, Chippendales und Sidekicks!

Markus Haage

Werbung
Produkt bei Amazon.de bestellen!
Über Markus Haage 2266 Artikel
Mein Name ist Markus Haage, Chefredakteur und Herausgeber vom Neon Zombie-Magazin. Es gibt nicht sonderlich viel spektakuläres über mich zu erzählen. Ich führe ein sehr langweiliges Leben. Aber falls es doch jemanden interessiert, freue ich mich immer über einen Besuch meiner Website www.markus-haage.de! Danke im Voraus!