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How it ends (USA, 2018)

verfasst am 27.Juli 2018 von Markus Haage

(© Netflix)

Brennende Wälder, verstaubte Straßen! Noch schlimmer: Das Internet ist ausgefallen! Kann nur eines bedeuten: Die Apokalypse steht mal wieder vor der Tür. Heißt in diesem Fall konkret: Die Welt geht unter und der Zuschauer geht mit.

Ein nicht näher beschriebenes apokalyptisches Ereignis sucht die Westküste der USA heim. Der Strom fällt aus, die Temperaturen steigen, ganze Wälder stehen in Flammen und riesige Tsunamis überfluten die Großstädte. Der junge Tom ist nicht vor Ort, als die Apokalypse hereinbricht, seine schwangere Freundin allerdings schon. Zusammen mit ihrem Vater macht er sich von Chicago nach Seattle auf, um sie zu finden. Einen Trip quer durch die USA, und einer sich zersetzenden Gesellschaft…

Es war einmal Seattle.
(© Netflix)

Ursprünglich befand sich das Drehbuch zu „How it ends“ auf der berühmt-berüchtigten Blacklist von Hollywood. Der Schwarzen Liste, die hier aber nicht für Werke steht, die man verbannen möchte, sondern für außergewöhnliche Drehbücher, die immer noch nicht verfilmt wurden. Schaut man sich das fertige Resultat an, so fragt man sich durchaus, ob man dieses für die fertige Produktion vollkommen abgeändert oder überhaupt genutzt hat. Die Reise durch die USA stellt im Grunde ein Roadmovie und Selbstfindungstrip unseres Hauptdarstellers mit seinem filmischen Schwiegervater dar. Beide stehen sich kritisch gegenüber, oder zumindest soll dies wohl so sein, denn das Konfliktpotenzial ist irritierend klein. Ein vorangegangenes Dinner vor dem Untergang soll dem Zuschauer zumindest ihre Differenzen aufzeigen. Der Trip durch die post-apokalyptischen USA soll sie wiederum zusammenschweißen. Keine Überraschungen hier. Es passiert alles so, wie man es erwartet. Als Abwechselung wird eine junge Dame mitgenommen, deren Rolle im Film aber mehr Fragen als Antworten liefert. Ihre Funktion als Charakter erschließt sich dem Zuschauer nicht vollends und so ist man auch nur kurz verwundert, wenn sie recht lautlos aus der Geschichte wieder aussteigt. Auf dem Trip Richtung Seattle zeigt sich die verfallende US-Gesellschaft. Dörfer schotten sich ab, Banden belagern die Highways, das Militär fährt auf. Dies alles sind aber nur Momentaufnahmen, die wie wahllos hereingestreut wirken, um die dröge Reise mit etwas Abwechslung zu gestalten oder die Charaktere durch intensive Ereignisse sich näher zu bringen. Dies funktioniert nur bedingt. Es wirkt erzwungen und niemals natürlich. Zum Abschluss wird wie aus heiterem Himmel noch ein psychopathischer Verschwörungstheoretiker hineingeschrieben, um zumindest soetwas wie ein dramatisches Finale zu konstruieren. Ein Antagonist nachdem niemand gefragt hatte. Dieses fällt allerdings recht flach aus, da der Zuschauer keinerlei Beziehung zu dieser Figur aufbauen konnte und er auch tatsächlich nur für die letzten zwölf Minuten von vorgeschobener Relevanz ist. Würde dieser Charakter aber nicht existieren, dann wäre die Enttäuschung beim Zuschauer aufgrund des plötzlich einsetzenden Abspanns wohl noch größer gewesen. Denn der Titel „How it ends“ ist fast schon prophetisch in Bezug auf die Reaktionen des Publikums, die sich tatsächlich und zu Recht darüber wunderen, wie der Film endet…

Und wie endet es nun? Mit viel Staub.
(© Netflix)

„How it ends“ schafft es leider zu keinem Zeitpunkt das Potenzial, das die Prämisse liefert, auszuschöpfen. Den Zuschauer erwartet eine dröge, merkwürdig konstruierte und vom Erzählrhythmus holprige Reise durch die zerfallenden USA. Fragen werden nicht beantwortet, denn wie immer gilt die Devise „Der Weg ist das Ziel.“. Das bedeutet alles und nichts. Doch was für eine Geschichte wollte man nun eigentlich erzählen? Alle Charaktere bleiben viel zu blass als dass man mit ihnen in irgendeiner Art und Weise mitfühlen könnte. Ihre Schicksale lassen uns kalt. Dies gilt leider auch für den immer grandiosen Forest Whitaker, der schlichtweg nicht genug Konfliktpotenzial erhält, um seine Rolle voll auszuschöpfen. Und so reiht sich „How it ends“ in eine ganze Armada an kleinen Science-Fiction-Filmen ein, die Netflix in den vergangenen Monaten einkaufte oder produzierte. Filme, die eine gewisse inszenatorische Qualität besitzen, aber über ihre Prämisse hinaus mit keiner nennenswerten Idee für einen abendfüllenden Spielfilm aufwarten können. Wären Filme wie „Titan“ (2018), „Spectral“ (2016) oder eben „How it ends“ Teil einer Anthologie-Serie, würde die Bewertung sicherlich auch aufgrund der reduzierten Laufzeit anders ausfallen. Man könnte sich in einer einstündigen Episode auf das Wesentliche konzentrieren. Aber als Film wäre wohl selbst die kampferprobte Festival-Crowd vom Fantasy Film Fest zurückgeschreckt.

Jedes gute Drama steht und fällt mit seinen Charakteren. Diesbezüglich besitzt David M. Rosenthals Apokalypse-Roadtrip zu wenig Konfliktpotenzial, um eine interessante Geschichte zu erzählen. Da helfen dann auch die wahllos eingestreuten Action-Momente oder apokalyptischen Key Visuals (für das Marketing) nicht mehr weiter, um den Zuschauer bei Laune zu halten. Es bleibt ein überraschend zäher Endzeit-Film, der stellenweise wohl selber nicht einmal weiß, wohin seine Reise überhaupt gehen sollte. Vielleicht auch bemerkbar an dem vollkommen unbefriedigendem Finale.

P.S.: Wer dennoch an der Grundidee gefallen gefunden hat, dem sei übrigens an dieser Stelle das inhaltlich ähnlich gelagerte australische Endzeit-Drama „These Final Hours“ (2013) zu empfehlen.

Markus Haage

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Mein Name ist Markus Haage, Chefredakteur und Herausgeber vom Neon Zombie-Magazin. Es gibt nicht sonderlich viel spektakuläres über mich zu erzählen. Ich führe ein sehr langweiliges Leben. Aber falls es doch jemanden interessiert, freue ich mich immer über einen Besuch meiner Website www.markus-haage.de! Danke im Voraus!