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Stranger Things – Staffel 2 (USA, 2017)

verfasst am 26.Dezember 2017 von Markus Haage

(© Netflix)

Die erste Staffel galt als Höhepunkt der 80er-Retrowelle, aber natürlich nicht als ihr Ende. Demzufolge war eine zweite Staffel als direkte Fortsetzung der Handlung der ersten, die ursprünglich nie angedacht war, nur eine Frage der Zeit…

Ursprünglich sollte jede Staffel von „Stranger Things“ eine neue übernatürliche Geschichte erzählen. Mit dem Erfolg von Staffel 1 entschied man sich jedoch, die Geschichte um Elf und den Jungs weiterzuerzählen. Irgendwie schade. Denn rückblickend war das herrlich ambivalente Ende von Staffel 1 in seiner Tragik nur konsequent. Dennoch bietet die Serie genau deswegen viel Spielraum zur Erweiterung, auch wenn die Duffer Brothers, die Regisseure und Produzenten hinter dem Projekt, bereits jetzt darauf hinweisen, dass man hier keine unendliche Geschichte plant. Vielleicht vier oder fünf Staffeln, dann soll, nein muss, Schluss sein. Lobenswert. In einem Zeitalter in dem vertikales Storytelling Nebencharaktere unnötig aufbläst und die Haupthandlung vieler Serien unnötig herauszögert, wäre es wünschenswert, ein klares Ziel vor Augen zu haben. Aber bereits in den ersten Folgen von Staffel 2 beschleicht dem Zuschauer das Gefühl, dass so manches doch konstruiert wirkt und man keinen eindeutigen Masterplan besitzt.

Ist das eine Perücke ..?
(© Netflix)

„Stranger Things 2“ knüpft relativ nahtlos an die erste Staffel an. Ein Jahr ist seit den Ereignissen vergangen. Die Jungs sind gewachsen, Elfi gilt weiterhin als verschwunden und die Endszene der finalen Folge darf als Vorbote für das Kommende verstanden werden. Die zweite Staffel versucht die Welt der Serie auszubauen. Neue Charaktere und Schauplätze werden eingeführt, das Vorhandene erweitert. Dies gelingt nicht immer sehr elegant. Der gesamte erste Handlungsstrang um Elf, insbesondere die Episode in der Großstadt, wirkt arg erzwungen. Fast so, als ob man sich ein Hintertürchen für eine Spinnoff-Serie zimmern wollte. Das größte Manko ist wohl, dass man versucht sämtliche Charaktere aus der ersten Staffel zu bedienen und ihnen eine Aufgabe zu geben, gleichzeitig aber wohl für kommende Staffeln neue Figuren zu etablieren (anders kann ich mir den Charakter Billie nicht wirklich erklären). Zwar sind diese einzelnen Geschichten für sich stehend recht unterhaltsam, doch bringen sie die Haupthandlung ganz streng genommen nur wenig voran. Wir sehen von allem mehr, ohne aber wirklich mehr zu erfahren. Dennoch muss sehr lobend erwähnt werden, dass all diese Handlugsstränge unterhaltsam zusammengeführt werden, auch wenn einige von ihnen recht redundant wirken. Abermals steht das Haus der Byers im Zentrum der Geschehnisse, abermals wehrt man sich gegen Demogorgons (oder eher gegen Demodogs), abermals wuselt die Agency durch die Geschichte. Diesmal (wohl aus Not) weitaus freundlicher. Hier wäre vielleicht der ein oder andere erzählerische Twist wünschenswert gewesen, auch weil ich nicht das Gefühl habe, dass die Story wirklich vorangekommen ist.

Das Team erweitert sich.
(© Netflix)

Manch einer mag dies positiv sehen, da es vor allem nicht zu einer De-Mystifierzung des Übernatürlichen führt, das kafkaeske Netz aus Verschwörungen, Lügen, Missverständnissen und Fehlinterpretationen wird weiter gesponnen. Dennoch kann dies für zukünftige Staffeln tatsächlich ein Problem darstellen. Denn wenn man sich entscheidet die Serie fortzuführen (und somit das absichtlich ambivalente Ende von Staffel 1 negiert), muss man sie nicht nur mit Inhalt füllen, sondern auch Fragen beantworten und eine Erklärung konstruieren. Diesbezüglich dürften Enttäuschungen schon vorprogrammiert werden. Das bekannte Lost-Problem. Manch einer mag argumentieren, dass man einfach ohne Erwartungen an kommende Staffeln gehen sollte, aber die Showrunner spielen ja genau damit. Mit jedem Mysterium wird der Zuschauer automatisch aktiv involviert. Dies muss den Machern einfach bewusst sein. Man hätte ja auch jederzeit eine weitaus stringentere und geradlinigere Erzählungsweise wählen können, ohne dabei qualitative Abstriche machen zu müssen.

„Stranger Things“ wäre wohl nicht so populär, wenn die Serie nicht massiv auf dem Nostalgie-Zug aufgesprungen wäre. Manch eine 80ies-Referenz wirkt arg aufgezwungen, nicht jede Hommage ist gelungen, aber dennoch schafft die Serie es recht spielerisch, die 80er real wirken zu lassen und gleichzeitig ihre Höhepunkte der Popkultur zu zelebrieren. Man muss aber ehrlich sein, es gibt keinen echten inhaltlichen Grund, warum man die Serie in den 1980er-Jahren angesiedelt hat. Sie könnte auch in der Gegenwart spielen. Aufgrund der teils krassen technischen Weiterentwicklungen wäre dies durchaus spannend, vielleicht sogar spannender gewesen.

„Stranger Things 2“ enttäuscht nicht, tut sich aber manchmal unnötig schwer die Geschichte weiterzuerzählen. Staffel 2 fühlt sich inhaltlich etwas mehr wie eine Erweiterung anstatt einer Fortführung der Geschichte an. Auch hier hätte man übrigens weitaus straffer vorgehen können. Neun Episoden wären nicht von Nöten gewesen. Der Zuschauer wird dafür aber mit einigen grandiosen Momenten und vor allem zwei packenden finalen Episoden belohnt. Man muss bei der Bewertung aber fairerweise anmerken, dass die zweite Staffel natürlich einen offenen Anfang und ein offenes Ende besitzt. Sicherlich werden einige Handlungsstränge rückblickend mehr Sinn ergeben, wenn man (nach der finalen Staffel) die ganze Geschichte vor Augen hat. Dies alles ist aber in gewisser Weise Heulen auf sehr hohem Niveau. Staffel 1 hatte immens vorgelegt, Staffel 2 kann das Niveau (weitestgehend) halten, auch wenn dem Zuschauer viel bekannt vorkommt.

Markus Haage

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Mein Name ist Markus Haage, Chefredakteur und Herausgeber vom Neon Zombie-Magazin. Es gibt nicht sonderlich viel spektakuläres über mich zu erzählen. Ich führe ein sehr langweiliges Leben. Aber falls es doch jemanden interessiert, freue ich mich immer über einen Besuch meiner Website www.markus-haage.de! Danke im Voraus!