„Soweit ich das sagen kann, befinde ich mich im Jahr 1300 nach Christi und ich schleppe mich meinem Tod entgegen. Aber ich kenne auch andere Zeiten. Da hatte ich ein ganz normales Leben und einen ganz normalen Job.“
So war das jetzt aber nicht geplant…
Um das unausprechliche Böse zu besiegen, bedurfte es eigentlich nur eines Spruchs aus dem Necronomicon, einschlägigen Franchise-Fans auch als Buch des Blutes bekannt. Doch der Schuß ging nach hinten los. Zwar konnte das Böse mittels Zeittunnel weggeschleudert werden – aber den guten Ash hat’s mit erwischt. Und nun dümpelt er im 13.Jahrhundert vor sich hin. Als Gefangener des Königs Arthurs, der ihn für einen Mannen seines Gegenspielers Henry hält.
Doch seinem Todesurteil kann Ash entgehen – mit der Technik der Zukunft. Dank seiner Kettensäge säbelt er ein Paar Dämonen nieder – und dies beeindruckt die hiesige Gesellschaft. Noch nie hat dies ein Mensch geschafft. Der gute Ash besitzt jetzt nicht nur den nötigen Respekt und Privilegien, sondern wird vom Hofmagier gar als der Auserwählte bezeichnet, der die Lande von den Mächten der Finsternis befreien wird. Doch Ash denkt gar nicht daran seinen Kopf ein weiteres Mal für den Kampf gegen das Böse hinzuhalten. Alles was er will, ist in seine Zeit zurückzukehren. Dazu muss er das Necronomicon zum Magier bringen. Haken an der Sache: bevor er das Buch entwenden kann, muss er eine Zauberformel („Clatto Verata Nicto!“) laut aufsagen, die verhindert, das durch die Entnahme des Necronomicons dessen Wächter, die Armee der Finsternis, nicht geweckt wird. Dreimal darf der Zuschauer raten, was passiert…
Ash weckt die Armee der Finsternis – der Zauberspruch ist ihm einfach entfallen. In einem Anfall von Egoismus fordert er sofort ein, in seine Zeit zurückgeschickt zu werden. Doch im letzten Moment packt ihn die Reue – vielleicht auch die Liebe, wurde doch sein Love Interest von der Armee der Finsternis geraubt. Er entscheidet sich, sich den verbliebenen Rittern Arthurs anzuschließen und die Burg zu verteidigen – mit der Hilfe des Fortschritts.
Fünf Jahre sollte es dauern bis Sam Raimi das letzte Kapitel seiner „Tanz der Teufel“-Saga aufschlagen durfte und Fans wissen, dass es im Grunde noch viel länger dauerte, bis er die vorliegende Geschichte überhaupt erzählen konnte. Denn ursprünglich sollte der gute Ash bereits im zweiten Teil in das Mittelalter reisen und gegen die Armee der Finsternis kämpfen. Doch ein zu niedriges Budget verhinderte dies. Glücklicherweise war Produzent Dino DeLaurentiis von dem Einspielergebnis des zweiten Teils angetan, so dass er ein Budget von 12 Millionen Dollar für eine weitere Fortsetzung bereitstellte. Der zweite Teil kostete noch 3,5 Millionen – aber allein die internationalen Heimmedien-Erlöse neutralisierten fast die Produktionskosten. Für jeden Investor Grund genug um ein weiteres Projekt freizugeben. Auch wenn es zugegebenermaßen ein recht wildes Projekt war.
Auf einen Untertitel, der die Verbindung zu den Vorgängern aufzeigte, verzichtete man gleich. DeLaurentiis wollte auf Nummer Sicher gehen und den Flm als Stand-Alone promoten, um somit eine weitaus breitere Masse anzusprechen. Auch aus diesem Grunde drehte man Teile des Vorgängers neu. Ash bekommt nun seine dritte Freundin (diesmal immerhin Bridget Fonda) spendiert, die in der Waldhütte ihr Leben lassen darf. Wie ich im Vorgängerfilm bereits anmerkte, ist dies bei den „Tanz der Teufel“-Filmen bereits eine Art Tradition geworden, den direkten Vorgänger inhaltlich anzupassen. So wird Ash anfangs auch nicht als Held gefeiert (so wie am Ende des zweiten Teils), sondern direkt in Ketten gelegt. Und so verwundert es auch nicht, dass jeder Film der Reihe wie ein eigenständiges Werk wirkt – und nicht wie eine Fortsetzung. Eher wie eine Art Neuinterpretation. Dies gibt der Filmreihe zweifelsohne eine ungewohnte Frische – macht es aber auch sehr schwer die einzelnen Filme miteinander zu vergleichen (denn schließlich bauen sie immer noch aufeinander auf). Während der erste Teil ein recht düsterer Independent-Horror war, mutierte die Fortsetzung zu einem überdrehten Fun-Splatter – der dritte Teil hingegen ist relativ blutleer und als reines Slapstick-Adventure zu bezeichnen. Fans spaltet diese absichtlich inkonsequente Machart der Trilogie. Einige können mit dem dritten Teil nicht sehr viel anfangen, zahlreiche kritische Stimmen finden sich aber bereits zur ersten Fortsetzung. Interessant sind diese Unterschiede insbesondere mit Blick auf Regisseur Sam Rami. Den ersten Teil drehte er mit 8.000 Dollar und ein paar Kumpels. Es war nicht einmal ein richtiger Independent-Film – eher ein Amateur-Streifen (aber wohl der Beste!). Im zweiten Teil konnte er seine ersten Ideen professionel freien Lauf lassen. Es überrascht nicht, dass dabei (fast) eine Art Remake herausgekommen ist. Mit 3,5 Millionen Dollar im Gepäck besaß er ungeahnte kreative Freiheiten. Dennoch lastete auf seinen Schultern aufgrund seines vorherigen Flops „Crimewave“ eine immense Last. „Tanz der Teufel 2“ durfte nicht versagen – er stellte sich diesen Problemen und stemmte sie. Während der dritte Teil nach mehreren professionellen Arbeiten eines seiner ersten recht freien profesionellen Projekte darstellt. Denn bei seinem vorangeganenen Film „Darkman“ lies man ihm kaum freie Hand, weswegen er mit dem fertigen Produkt auch nicht sonderlich zufrieden war. Für „Die Armee der Finsternis“ genoß er relativ große Freiheiten. Dino DeLaurentiis vertraute ihm. Es ist fast schon ironisch, das ausgerechnet eine Filmreihe, von der man annimmt, dass deren einzelne Teile inhaltlich und stylistisch eigentlich eine gewissen Symbiose miteinander eingehen sollten, zu seinen unterschiedlichsten, kreativsten und wichtigsten Werken in seiner frühen künstlerischen Schaffenphase gehört.
Trotz des großen Vertrauens, das DeLaurentiis ihm gab, konnte Raimi seine Wunschvorstellung vom Film nicht zu 100% umsetzen. Seinen ursprünglichen Rohschnitt von zwei Stunden Länge, zimmerte er auf gut 86 Minuten herunter. Eigentlich ging Raimi davon aus, dass man ihm Nachdrehs gestatten würde, so dass er einige Schlüsselszenen nach hinten schob. DeLaurentiis war mit dem Rohschnitt allerdings recht zufrieden und sah keinen Grund in zusätzliche Szenen zu investieren. Raimi nahm dies als Anlass das gesamte Fett von den Knochen zu schneiden. Ohne die Nachdrehs hätten Szenen gefehlt, die den Film – oder zumindest seine gewünschte Langfassung – besser ausbalanciert hätten. Durch das Fehlen dieser Szenen entschied er sich den Abschluß der Trilogie auf ein recht knappes und sehr linear erzähltes Fun-Adventure zu trimmen. Als Beispiel drei signifikante Änderungen…
• Tempel-Ruinen
Bevor Ash und König Richard zurück in die Burg kehren, kommen sie an alten Tempelruinen vorbei. Dort werden sie von einer Dämonin angegriffen. Ash ist natürlich die einzige Person, die diese bekämpfen kann. Relativ blutig wird ein Teil von Richards Mannen ermordet, bevor Ash der Dämonin den Kopf abschlagen und wie ein Football wegtreten kann. Diese Szene ist im offiziellen Comic zum Film enthalten, Modellbauten wurden ebenfalls bereits angefertigtr (siehe links oben), letztlich schafften sie es aber nicht in den Film. Nicht nur weil sie zu den von Raimi erhofften Nachdrehs gehörten, sondern auch weil dieser Storyteil die eigentliche Handlung zu weit in Länge zog.
• Die Windmühle
Ash Kampf gegen seine kleinen Klone dauerte ursprünglich weitaus länger. Im US Director’s Cut wurde diese Szene bereits um mehrere Minuten verlängert. Ursprünglich trieb es Ash, bevor sich sein Böses-Ich von ihm abspaltet, bereits aus der Windmühle heraus. Er hört draußen ein merkwürdiges Geräusch, dessen er nachgehen will. Als sich draußen nichts befindet, geht er zurück zur Windmühle und sieht durch ein Fenster, wie er selber gegen sein kleinen Ichs kämpft. Dieser kurze Ausflug dauert im Film mehrere Tage. Kurioserweise wurde diese Szene in der Ausstrahlung des SciFi-Channels gezeigt.
• Henry und seine Mannen
Ash weiß, dass Arthurs Streitkraft nicht ausreicht, um die Armee der Finsternis zu schlagen. Deswegen reitet er zu dessen Erzfeind Henry und bittet ihn, Arthur beizustehen. Dieser zeigt sich zuerst zögerlich, willigt letztlich aber ein. Diese 2-minütige Szene hätte den Film letztlich inhaltlich nur belastet. Die Szene ist gut, verdammt gut – zögert aber nur den Handlungsablauf unnötig heraus. Denn der Film rast zu diesem Zeitpunkt unweigerlich dem Finale entgegen. Des Weiteren würde durch das Hinzufügen dieser Szene der Überraschungsmoment der Ankunft von Henrys Mannen in der Schlacht verwässert werden. Henry stimmt hier im Grunde schon seiner Anteilnahme an der Schlacht hinzu – der Zuschauer würde im Grunde nur auf seine Ankunft und die Wende der Schlacht warten.
Aber auch zu der fertigen Filmfasung gibt es unterschiedliche Versionen. Universal, der US-Vertrieb, forderte ein glücklicheres Ende und so musste Raimi sein ürsprüngliches Film-Finale neu drehen. Eigentlich sollte Ash zu lange schlafen und somit sein eigenes Jahrhundert verpassen. In einem futuristischen und zerstörten London würde er dann aufwachen. Dieses Ende existiert natürlich weiterhin und wurde u.a. in den USA als Director’s Cut (mit weiteren vier Minuten Material veröffentlicht).
Die ursprüngliche deutsche Kino-Version ist letztlich Raimis Wunschfassung (auch wenn man über das Ende debattieren kann) – oder zumindest seine favorisierte Version aus den Tatsachen, die für ihn geschaffen wurden – und egal welche Fassung man persönlich bevorzugt, Raimi liefert mit „Die Armee der Finsternis“ einen fulminanten Abschluß seiner „Tanz der Teufel“-Reihe ab. Teils sehr brachialer Slapstick-Humor vermischt sich mit klassischen Elementen des Horror- und Kostümfilms. Eine realistische Umsetzung des Mittelalters spielt hier keine Rolle. Es werden amüsant Klischees heruntergekurbelt, die eine Art Filmwelt wiederspiegeln, die der junge Raimi als Kind wohl immer liebte und in der er sich jetzt austoben darf. Glücklicherweise verstand bereits der junge Raimi im Alter von 19 Jahren wie die Erzählung einer Geschichte funktioniert. Und so wirkt auch hier nichts aufgezwungen. Wenn man sich anschaut, was Raimi hier alles verarbeitet und wie er es umsetzt, dann muss man vor ihm zweifelsohne den Hut ziehen. Auch wenn es stellenweise sehr wild ist. Aber was kann man auch anderes von randalierenden Stop-Motion-Skeletten erwarten?
Fatality:
Keine Frage, unterschiedlicher könnten die einzelnen Filme nicht sein. Teil 3 hat mit Raimis Erstlingswerk kaum etwas zu tun. Zumindest nicht stylistisch – aber es ist wohl genau das, was den Streifen so frisch wirken lässt. Als Zuschauer kann man den Film inhaltlich als Fortsetzung anerkennen – auch wenn die Umsetzung so ganz anders wirkt.
‐ Markus Haage
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