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Road, The (USA, 2009)

verfasst am 14.Januar 2010 von Markus Haage

„I told the boy when you dream about bad things happening, it means you’re still fighting and you’re still alive. It’s when you start to dream about good things that you should start to worry.“

Die Bäume sind tot. Ebenso die Tiere. Der Himmel ist grau. Die Städte menschenleer. Die Wenigen, die noch nicht an Hunger oder Kälte gestorben sind, irren ziellos umher. Immer auf der Suche nach etwas Essbaren. Irgendetwas.

„The clocks stopped at one seventeen one morning. There was a long shear of bright light, then a series of low concussions. Within a year there were fires on the ridges and deranged chanting. By day the dead impaled on spikes along the road. I think it’s October but I can’t be sure. I haven’t kept a calender for five years. Each day is more gray than the one before. Each night is darker – beyond darkness. The world gets colder week by week as the world slowly dies. No animals have survived. All the crops are long gone. Someday all the trees in the world will have fallen. The roads are peopled by refugees towing carts and road gangs looking for fuel and food. There has been cannibalism. Cannibalism is the great fear. Mostly I worry about food. Always food. Food and our shoes. Sometimes I tell the boy old stories of courage and justice – difficult as they are to remember. All I know is the child is my warrant and if he is not the word of God, then God never spoke.“

Vater und Sohn in der Hoffnungslosigkeit der Endzeit.
(© Senator Home Entertainment)

Zwei Menschen, ein Vater und sein junger Sohn, marschieren über die leeren Straßen Amerikas. Vor Jahren endete die alte Welt schlagartig von einer Sekunde auf die nächste. Die Menschen wurden gewarnt, doch wollten nicht hören. Nun sind sie elendig verreckt. Der Himmel ist wolkenbedeckt, Sonnenlicht dringt nur schwach durch. Zu wenig um die Vegetation zu unterstützen. Die Tierwelt ist verendet. Alle Nahrungsmittel aufgebraucht. Man isst, was man findet, falls man was findet. Wenn man Glück hat sind dies Insekten. Wenn nicht, bleiben als einzige andere Nahrungsquelle immer noch Menschen. Kannibalismus ist die große Angst. Viele Menschen haben sich in Banden zusammengeschlossen, um geschützt zu sein und nicht als Freiwild verspeist zu werden oder eben um die Chancen auf Freiwild zu erhöhen. Was sich aus zivilisierter Sicht grausam anhört, ist letztlich nur eine logische Konsequenz. Immer wieder stoßen der Vater und sein Sohn auf Kannibalen, oder das, was sie übrig gelassen haben, seien es abgenagte Knochen oder gebratene Kinderleichen. Ihre Reise ist gefährlich, doch so wichtig. Der Vater weiß, dass er bald sterben wird und dann wird sein Sohn ganz alleine sein. Noch einmal möchte er mit ihm den Ozean sehen und ihn auf die unwirtliche Welt vorbereiten.

Nur Gruppen ist man noch stark.
(© Senator Home Entertainment)

Leben und Sterben. Nichts anderes zählt mehr. Wie man lebt – oder eher überlebt – ist nicht von Interesse. Regeln existieren keine mehr. Werte und Normen muten wie ein Relikt aus vergangenen Tagen an. Jeder einzelne Tag ist ein einziger Kampf ums Überleben. Ob man diesen gewinnt, kann man vorher nicht wissen. Selbst wenn der Tag sich dem Ende nähert, kann man nicht gewiß sein, die Nacht zu überleben. Ob Kälte oder Hunger, Mord oder Krankheit, man kann nur noch die Variablen, die zum Tode führen verändern. Der Tod ist aber unausweichlich. Jeder weiß dies. Auch der Vater und sein Sohn. So trägt er einen Revolver mit zwei Kugeln mit sich. Nicht um sich zu verteidigen, sondern um im Notfall den so erlösend erscheinenden Selbstmord zu begehen. Seine Frau wählte diesen bereits vor Jahren und tat das, was alle Familien um sie herum taten, und schritt halbnackt in die kalte Dunkelheit. Eine logische Entscheidung. Dadurch braucht der Vater sich nur noch um den Sohn zu kümmern und kann im Notfall ihren Selbstmord vollstrecken.

Regisseur John Hillcoat versteht wie kaum ein anderer Filmemacher den Kern von Cormac McCarthys brillianter Romanvorlage umzusetzen. Hier geht es weder um die Apokalypse, noch um den Verfall der Zivilisation – all dies ist letztlich nur Mittel zum Zweck – sondern vielmehr um den Jungen und sein Vater, die trotz aller grausamen Widerstände weiterleben. Es ist in seiner Grundstruktur eine einfache, in der Umsetzung aber eben extrem schwierige Geschichte. Getragen wird diese von einem brillianten Cast – vordergründig natürlich Viggo Mortensen, der hier die bisher beste Performance seiner gesamten Karriere abgibt. Aber auch die zahlreichen (kleinen) Nebenrollen werden perfekt gespielt. Sei es Veteran Robert Duvall, Guy Pierce, Charlize Theron, Molly Parker oder Michael K. Williams – der gesamte Cast brilliert in seiner Darbietung.

Eine der größten Leistungen des Films liegt aber in dessen visueller Umsetzung. Javier Aguirresarobes Kamerarbeit ist beängstigend, noch nie sah man eine desaströsere und deprimierender Endzeit, die das Wort Endzeit auch wirklich verdient. Es ist das Ende. Das Ende allen Lebens, das Ende aller Zeit. Nur der Vater und sein Sohn, die, die mächtigen Bilder der Apokalypse nicht nur durchstreifen, sondern ihnen auch hoffnungslos ausgeliefert sind, wirken wie ein kleines Fünkchen Hoffnung, das sich mit allen Mitteln gegen sein Schicksal aufbäumt.

Ein bisschen Sicherheit, ein bisschen Zweisamkeit.
(© Senator Home Entertainment)

Leider wurde die Einzgartikeit dieses Films bisher vom Publikum nicht wahrgenommen. „The Road“ floppte gewaltig, sein weiteres Schicksal ist ungewiß. Eine DVD-Veröffentlichung dürfte natürlich folgen, allerdings kann das Heim-Kino diesen stillen, aber dennoch so gewaltigen Film nicht gerecht werden. Schuld am Mißerfolg dürfte wohl die verkorkste Werbekampagne sein, beide Trailer spiegeln nicht einmal annähernd den Kern des Films wieder. Während der erste Trailer (siehe oben) eher wie ein Endzeit-Actioner wirkt, versuchte man im zweiten Trailer eine Art post-apokaliptisches Western-Abenteuer zu verkaufen. Deswegen kann ich jeden Fan des Buches beruhigen: McCarthys selber segnete den Film ab und auch wenn Hillcoats Version nicht alle Elemente seines Buches einfängt, so ist es von der Essenz doch die beste Verfilmung eines seiner Romane. Und vielleicht auch der beste Film des Jahres…

Fatality:
Einer der deprimierendsten Filme, die ich jemals gesehen habe. Aber auch einer der wichtigsten. Ein absolut brillantes Endzeit-Drama, welches um mehrere Oscarnominierungen, sei es für die Musik, die Regie, die Darsteller oder die Kamera, nicht herumkommen darf.

Markus Haage

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Über Markus Haage 2266 Artikel
Mein Name ist Markus Haage, Chefredakteur und Herausgeber vom Neon Zombie-Magazin. Es gibt nicht sonderlich viel spektakuläres über mich zu erzählen. Ich führe ein sehr langweiliges Leben. Aber falls es doch jemanden interessiert, freue ich mich immer über einen Besuch meiner Website www.markus-haage.de! Danke im Voraus!