„Hey, an deinem Schwanz, Kumpel, hast du zwei Furunkel - und du denkst bestimmt es wären deine Eier!“
Ratta-Ratta-Mahata! Mahatma? Neee – Ratta-Ratta! Mg-Feuer, mann! Nix hier Ghandi, sondern Vietnam! Peng! Uff…
Das Leben nach Nam ist nicht leicht. Während eine ganze Gesellschaft ohne Kriegserlebnisse weiterlebt, müssen die geschundenen Soldaten ihren Krieg im Innersten ihres Herzen verstecken. Es sei denn man ist ein cooles Schwein, so wie Manfred Lehmann. Dann läuft man mit hochgezogener Jeans stramm durchs Leben, zieht von Ort zu Ort, lässt die Liebe hinter sich und marschiert kernig in den Sonnenuntergang. Oder man ist lässig wie Roger, häuft ein paar Millionen an, lässt es sich gut gehen und selbst am Tage der Hochzeit seiner Tochter hängt man locker vor seinem Atari 2600 und daddelt ’ne Runde „Pole Position“.
Aber auch sie holt bald ihre Vergangenheit zurück – auch wenn sie täglich daran erinnert werrden, sei es von der feinen Gesellschaft („Die sind alle gleich, die in Vietnam gekämpft haben. Das Einzige wovon die was verstehen ist der Krieg.“) oder gar dem Pöbel („Von zwei Männern, die an der Front waren, sind zwei desertiert. So war es doch!“). Roger und Co. können drüber wegschauen, Manfred Lehmann teilt hier lieber ein paar Ohrfeigen aus. Als sie aber bei ihrem alten Platoon-Commander vorbeischauen, erfahren sie, was Rambo und Braddock schon vor ihnen wußten: in Nam werden immer noch real Americans gefangen gehalten – zehn Jahre nach dem Krieg. Das ist eine Schweinerei – findet jeder, aber was tun?
Roger hält nicht viel von Diplomatie und entscheidet sich, die Jungs da rauszuholen. Natürlich nur mit seinen alten Kumpels, denn offiziell unterhalten die USA keine diplomatischen Beziehungen zu Nam mehr. Also geht’s rein in den Dschungel – mit Sturmgewehr, Schrotflinte und Bomberjacke – und dem geistigen Beistand Donald Pleasences.
Angekommen im Herzen des Vietcongs trauen sie ihren Augen nicht: es stimmt wirklich, real Americans sind weiterhin die geknechteten Gefangenen der fiesen Kommunisten. Und diese gehen mit ihnen nicht gerade zimperlich um. Mit aller Gewalt werden sie zur Arbeit gezwungen.
Roger und Co. wissen, ihnen läuft die Zeit davon. Also entwickeln sie einen tollkühnen Plan: alles totschießen. Doch sie haben die Rechnung nicht mit ihren eigenen Leuten gemacht, denn das US-Militär hat überhaupt gar kein Interesse daran, die Kriegsgefangenen rauszuholen…
Liest sich wie ein platter Nam-Actioner aus der Video-Retorte der 80er, ist optisch auch ein platter Nam-Actioner aus der Video-Retorte der 80er, soviel vorweg. Verwegene Helden ballern alles nieder, was nicht bei drei auf den Bäumen ist und seine Waffe weggeschmissen hat. Und dies sind in der Regel die Herren mit den hellbraunen Tropenhüten. Das der Feind hier mal wieder nicht richtig zielen kann, dürfte klar sein. Das der Body Count durch umfallende Statisten in die Höhe getrieben wird, auch wenn in eine ganz andere Richtung geschossen wird, ebenfalls. Auch die obligatorischen, explodierenden Holzhütten (inklusive mächtiger Feuerball gen Himmel) – die bekanntermaßen nur aus hochexplosiven Material hergestellt werden (wie etwa Holz oder Holz), darf der Zuschauer hier erwarten. Von daher alles Standard? Ne, eben nicht. Der Film wartet mit allerlei positiven Überraschungen auf. Abgesehen von der Tatsache, dass das ein oder andere bekannte Gesicht in Nebenrollen in die Kamera schaut – so etwa Donald Pleasance, Enzo G. Castellari oder Luciano Pigozzi, darf hier auch der Plot für gewisse Überraschungen sorgen.
Die zu erwartende Nam-Action bietet der Streifen zwar, doch ist er anders als so viele seiner B-Kollegen und weitaus zynischer und kompromissloser. Seine Protagonisten sind keine lupenreinen Helden, sondern verkörpern jeder eine der vielen Gründe warum dieser Krieg soviele Todesopfer forderte und letztlich für die USA auch verloren ging. Fast schon tragische Charaktere, die in ihrer Profession als Soldaten perfekt waren, zu perfekt. Schlüsselszene – und damit natürlich ein Mega-Spoiler – ist der Tod Manfred Lehmanns, der als taffer Cowboy davon überzeugt ist, eine doch so arme, schüchterne Vietnamesin mit seiner bloßen Anwesenheit als real American hero nicht nur zu beeindrucken, sondern auch noch beglücken zu können. Doch als diese Vietnamesin in einem intimen Moment ihren Oberkörper entblößt, sieht man nur noch einen von Napalm vernarbten Torso. Mit einem Danke an Amerika zieht sie ihre Waffe und erschießt Manfred Lehmann, um kurz danach selber von einer MG-Salbe zerfetzt zu werden. Ähnlich wird es auch den Rest der Helden ergehen, bei „Cobra Mission – Die Rückkehr der Wildgänse“ gibt es kein Happy End, doch der Feind kommt hier nicht nur aus dem Dschungel…
Generell kann man sagen, dass De Angelis’ Nam-Mär weit über den Durchschnitt hinausgeht. Es als wahres Action-Drama zu verkaufen, wäre zuviel des Guten, dennoch ein würdiger Vertreter seines Genres, der mit einigen untypischen Überraschungen aufwartet. Leider wurde dieser kleine Smasher in Deutschland nur in einem beschnittenen 4:3-Format auf einen Silberling gepresst – so dass in regelmäßigen Abständen unsere Darsteller mit Personen sprechen dürfen, die nicht einmal mehr im Bild sind. Sehr störend, sehr schade. Ein ordentliches Release hat der Streifen ohne Frage verdient…
Fatality:
Die Mama aller Nam-Actioner? Neeeee…aber eines ihres vielen nicht missratenen Kinder…
‐ Markus Haage
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