„Jetzt gibt’s was auf die Glocke!“
Ein (mehr oder weniger) moderner Film-Mythos besagt, dass Regisseur David Worth, der uns „Karate Tiger 3 – Der Kickboxer“ und den Dudikoff-Kracher „Chain of Command“ bescherte, in ein Flugzeug geprügelt und nach Italien geflogen wurde, wo man ihn ein Filmplakat präsentierte und ihm sagte, dass der zu drehende Film UNGEFÄHR SO aussehen soll. Ein Tag später fiel die erste Klappe, bevor David Worth überhaupt das Drehbuch gelesen hat. Ob der gute David dies im Nachhinein nur behauptet hat, sei mal dahingestellt. Nach der Begutachtung diesen unglaublich geilen Streifens, würde ich den Wahrheitsgehalts dieses Mythos auf 99,99% (+/- 0,01%) einstufen…
Bevor die Titeleinblendug ins Bild geschleudert wird, grüßt uns ein weißer Rolltext auf schwarzen Grund und versucht die Geschehnisse der letzten 10+x Jahre zu erklären. Da jeder Filmfan weiß, das ein Rolltext spätestens nach „Krieg der Sterne“ als gern gesehenes Stilmittel für die Einführung einer Geschichte epischen Ausmaßes genutzt wird, muss also IRGENDWAS SCHRECKLICHES passiert sein. Da wir uns hier in einem italienischen Endzeit-Mayhem befinden, weiß der findige Trashfan sofort: nuklearer Overkill! Und das obwohl uns diesmal keine Dokumentationsaufnahmen vom Bikini-Atoll grüßen, die mit einer herb-männlichen Stimme kommentiert werden (na gut, hier wird der englische Rolltext immerhin von einem deutschen Voice-Over übersetzt…übrigens vollkommen falsch übersetzt). Es ist also mal wieder das Unausweichliche passiert. Die Menschheit hat Planet Erde in eine Ödnis aus Wüste und alten Industrieanlagen verwandelt – doch halt! Hier gibt’s den nächsten gehörigen Unterschied! Wir haben es hier nicht nur mit der einfachen Endzeit zu tun, nein, sondern mit einem Hauch von Zivilisation im Gepäck. Okay, ist ’ne Diktatur – aber irgendwer muss den Laden ja aufrechterhalten…
Die Erde ist nach einem Atomkrieg zerstört/verseucht/kaputt. Es gibt nur wenige Überlebende und die werden von Donald Pleasance, ähm, PROSSOR und seiner Super-Miliz OMEGA, erkennbar an den MotoCross-helmen, terrorisiert. Aber eine Handvoll Rebellen, die aus Prossors Schreckensstaat fliehen konnten, halten sich in den Bergen versteckt und wurden dort von einer geheimnisvollen Priesterkaste namens „Die Erleuchteten“ aufgenommen. Dort warten sie auf den richtigen Moment um Prossor zu stürzen. Wann dieser Moment sein soll, weiß wohl keiner so genau – aber gut, dass sogleich der Titelheld mit seinem Moped ins Bild rast. Wenn ein einsamer Heros am Straßenrand erscheint, der auch noch ein raketenschießendes Motorrad dabei hat, dann dürfte dies zumindest als Omen verstanden werden (Gebot Nr.1 in der Endzeit-Bibel). Und richtig einsam ist unser Held hier allemal, da er ja nicht mal einen Namen trägt. IMDB nennt ihn nur „The Rider“ und da Rider jetzt Twix ist, wird er fortan so genannt…(höhö, ich bin so witzig). Genaugenommen rast seine Silhouette auch nicht wirklich elegant am Sonnenuntergang entlang, sondern er knallt direkt gegen einen Berg. Nicht sehr heldenhaft, dennoch beeindruckend genug für die Rebellen, weswegen ihm in einem futuristischen Krankenbett und umgeben von weißen Nebel ein Handtuch um die Lenden gewickelt wird. Immerhin.
Dort aufgewacht, erfährt er von den Plänen der Rebellen den Diktator Prossor zu stürzen und die Unterstützung, die ihnen eine marode Priesterkaste namens „Die Erleuchteten“ gewährt. Ihr Anführer Mark Wayne (geile Übersetzung. Im englischen Prolog, wird er noch McWayne genannt) konnte allerdings mit der Revolution nicht mehr warten und machte sich allein auf den Weg in Prossors Beton-Festung (Stil: gymnasialer Nachkriegs-Neubau), was allerdings keine pfiffige Idee war. Zwar ist Prossors Elite-Einheit mit MG im Anschlag taktisch als auch strategisch ein Desaster (die kriegen nicht mal mit, wenn zwei Meter neben ihnen ihre Kameraden überwältigt werden), aber die Übermacht macht’s und so dauert es nicht lange bis Mark eingekellert wird. Die Rebellen, jetzt unter Führung von Waynes Tochter Natasha, wollen ihn so schnell wie möglich befreien, aber es fehlt ihnen ein neuer starker Anführer, der ihnen den Weg weist. Zum Glück liegt ja Twix im Krankenbett, der sich mit der Rolle des Erlösers nach etwas Standard-Gemurre abfinden kann. Wie jeder tapfere Endzeit-Recke hat selbstverständlich auch er ein spezielles Gefährt, welches ihn durch die post-apokalyptischen Wüsten rettet. Mad Max hatte seinen Interceptor, Tiger seinen Exterminator – Twix konnte aus den Trümmern des letzten Atomkriegs sein Moped retten, das er mit einem sprechenden Super-Computer à la K.I.T.T., den er Einstein nennt, ausgerüstet hat und zu dem er eine mehr als seltsame, fast homoerotische Beziehung führt. Des Weiteren wurde Einstein mit einem Sprachmodul ausgestattet – zumindest in der deutschen Version – welches zu unpassenden Zeitpunkten unpassende Sprüche raushaut („Jetzt gibt’s was auf die Glocke!“).
Er, das Moped und Natasha machen sich auf den Weg in Prossors Festung. Aber Prossors Elite-Miliz, die Omega, ist nicht ihr einziges Problem, sonder auch Mumien (keine Ahnung warum die so heißen), die in Höhlen leben und eigentlich am ehesten wie Mutanten daherkommen. Da sie nur als Klopper-Futter für Zwischendurch angesehen werden können, braucht man sich nicht zu lange mit ihnen aufzuhalten. Angekommen in Prossors Festung können sie Wayne befreien, aber Natasha wird von der Omega gefangen genommen und einer Gehirnwäsche unterzogen. Frei nach dem Motto „Wayne interessiert’s?“ kratzen Twix und Wayne die Kurve und düsen in die nahegelegene Stadt ab – allerdings mit der Erkenntnis, dass sie eine ganze Armee brauchen um Prossor zu stürzen (ach…).
Hier treffen sie auf die Outrider – ein bunter Haufen aus 80er-Jahre-Neo-Punks, einer Horde Amazonen und einer Gruppe Karate-Kämpfer – mit denen sie die Festung stürmen. Warum sie nicht einfach die Rebellen in den Bergen fragen, von denen Wayne eigentlich der Anführer ist, weiß ich nicht. Ihnen stellen sich natürlich die Omega entgegen, deren Maschinengewehre merkwürdige C-64’er-Sounds abgeben, sowie ein Super-Panzer (na, ja, Tagebau-Bagger), den man nur zerstören kann, wenn man seinen Hauptcomputer am Panzerboden mit einer Mini-Atombombe zerstört. Den Outsidern, mit Unterstützung der Rebellen (jetzt darf auch Fred Williamson ran), die doch noch bei der Umsturz-Party vorbeischauen, gelingt es natürlich Natasha zu befreien und Prossor zu töten.
Aber ist Prossor wirklich tot? Nein, denn am Ende wird offenbart, das Prossor ein ROBOTER ist und von seiner Omega wieder repariert und eingeschaltet wird. So läuft das in der Endzeit.
Auch wenn David Worth in einer Nacht- und Nebel-Aktion zum Set gekarrt wurde, so hat er seine Aufgabe erfüllt – das Cover verspricht was der Film hält: ein knalliges Endzeit-Abenteuer mit ALLEN Klischees (jedes Auto, das vom Highway abkommt explodiert!) und noch einen Obendrauf: Einstein, das sprechende Moped, dessen Texteinblendungen übrigens vom Atari-2006’er-Smasher „Star Master“ (von Activision) stammt.
…und wenn ein Endzeit-Streifen wohl die Texteinblendungen eines Konsolen-Games abfilmen muss, dann kann der Streifen nur genial sein, oder?
Fatality:
Kunterbunter Endzeit-Terror mit einigen Längen, über die ich aber hinwegsehen kann. Robert Ginty, der „Exterminator“, mit Fred Williamson vom „Delta Force Commando“ im Gepäck und einem sprechenden Super-Moped unterm Hintern kämpft gegen Donald Pleseance und seine Omega-Kumpels. Das allein reicht schon für fünf Köppe, da ich aber bekannt dafür bin euphemistische Reviews zu schreiben, gebe ich den Längen des Films nach und verkloppe vier Schädel.
‐ Markus Haage
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