„Hier geht es nicht um meinen Kopf. Hier geht es um ihren Kopf. Denn ich beabsichtige alles was sie an Wissen besitzen, aus ihrem herauszuquetschen. Indem ich ihr Gehirn anzapfe. Ihr Gehirn anzapfe!“
Die Welt hält den Atem an: ein verrückter Wissenschaftler, hockend in einem Unterseeboot, bewacht von einer Horde selbstzusammengeschraubter Roboter und bewaffnet mit Atomraketen, droht die Hauptstadt Amerikas mit einem taktischen Nuklearschlag zu vernichten! Die Militärs sind ratlos – niemand kann ihn stoppen – außer einem…naja, eigentlich zwei…genaugenommen vier Leuten…plus einer untergetauchten Zivilisation: Käpt’n Nemo, König Tibur von Atlantis (inklusive Untertanen) und zwei Seitenscheiteln im Taucheranzug!
Professor Waldo Cunningham darf durchaus als absoluter Genius bezeichnet werden. Er hat sich nicht nur eine Truppe williger Roboter in Spandexkostümen gebaut, sondern verfügt auch über ein mächtiges Unterseeboot, welches mit Laserkanonen und Atomraketen ausgestattet ist. Anstatt sich aber aufgrund dessen von der Welt feiern zu lassen und in den verdienten Ruhestand zu gehen, nutzt er seine technischen Errungenschaften lieber, um die Vereinigten Staaten von Amerika zu erpressen! Er fordert EINE BILLIONEN DOLLAR binnen einer Woche – weigert sich die US-Regierung zu zahlen, dann wird Washington D.C. in die Luft gejagt. Komplett. Mit Vororten. Und was so alles dazugehört.
Professor Waldo Cunningham: „Mister President, diese Mitteilung ist von enormer Wichtigkeit für sie. Sie fordert ihre volle Aufmerksamkeit als Präsident der Vereinigten Staaten. Ich habe ein Atomgeschoß entwickelt und dieses Geschoß ist auf eine bestimmte Stadt gerichtet – auf Washington D.C.! Ich werde diese Waffe einsetzen. Ich gebe ihnen auch den Zeitpunkt bekannt: 20 Uhr, heute in einer Woche. Die Stadt Washington wird dann nicht mehr existieren – es sei denn, sie erklären sich bereit eine Billionen Dollar zu zahlen. In Goldbaren. Ich wünsche das Gold in einer schwimmenden Boje vorzufinden. 127 Grad West und 16 Grad. Ich sage, 16 Grad Nord!“
Hört sich konfus an – aber hinter diesem wirren Plan steckt System (obwohl…ne, eigentlich nicht…). Und wie ernst es Professor Cunningham meint, beweist er auch sofort, indem er seinem (sogenannten) Turmpanzer anweist mit einem gelben Laserstrahl die fiktive Insel Acatoa (irgendwo im Süd-Pazifik), immerhin „zweimal so groß wie Washington D.C.“, zu atomisieren. Das beeindruckt – zumindest Professor Cunninghams rechte Hand Helmsman…
Die Regierung der USA bleibt angesichts der Bedrohung recht gelassen. Kann man auch verstehen, denn eine Billionen Dollar ist eine recht groteske Summe. Inflationsbereinigt wären dies im Jahre 2009 immerhin 3.795.588.750.000 US-Dollar, somit 2.549.496.963.375 Euro (um es zu verdeutlichen: wir befinden uns im Trilliarden-Bereich – danach kommt, zumindest nach Dagobert Duck, nur noch Fantastilliarden!) oder – noch schlimmer – 4.986.382.645.140 D-MARK! WWWAAAAHHHHHHHH – fast doppelt soviel wie die Wiedervereinigung! Mal ganz im Ernst, für die Kohle kann man Washington hops gehen lassen – eine Woche dürfte für eine gut organisierte Evakuierung ausreichen – und komplett neu aufbauen, mit Bodenheizung und Sonnendach. Die USA denken aber gar nicht daran! Zwei Geheimagenten („Wir gehören zur US-Pazifikflotte – Spezialeinheit: Unterwasserauftrag!“), erkennbar an Rollkragen-Pulli und Scheitel, werden an Bord der Nautilus geschickt (naja, eigentlich war es eher ein dummer Zufall…) – Käpt’n Nemos Freizeitfrachter! Die einzige Person, die über die technischen Möglichkeiten verfügt, Professor Cunningham aufzuhalten!
Käpt’n Nemo, im Gegensatz zur literarischen Vorlage mal wieder kein Inder, hat allerdings kein großes Interesse den USA aus der Patsche zu helfen. Und hätten die Amis Jules Vernes Vorlage gelesen, müssten sie dies auch wissen („Kapitän Nemo ist eine Fantasiefigur! Ich habe das Buch gelesen von Jules Verne!“ – „Wussten sie nicht, das der Dichter einen Roman geschrieben hat, der in Wirklichkeit eine Biographie ist?“), denn schließlich waren es die Konflikte auf der Erdoberfläche, die Herrn Nemo dazu veranlassten, seine persönliche wasserdichte „Fortress of Solitude“ bauen zu lassen. Und so interessiert sich Nemo eher für Atlantis, anstatt Atombomben. Ja, richtig gelesen. Der Käpt’n ist auf der Suche nach der sagenumwobenen Stadt von Atlantis, die wohl nie existierte und laut Film auf dem Meeresboden liegen soll. Jetzt könnte man meinen, weiß der Geier (Oder weiß er nicht! Ganz egal, ich lie…ähm..) wo Atlantis liegt – aber den Geier brauchen wir gar nicht fragen, denn Horst Buchholtz kann es uns sagen!
Er ist König Tibur von Atlantis, starres Oberhaupt eines untergetauchten Volkes (befindet sich nun unter dem Meeresboden). Nachdem er erfährt, dass Cunningham nun auch den Meeresboden radioaktiv verseuchen will, bietet er seine Hilfe an und die kann Nemos Truppe auch gebrauchen, denn Cunningham verfügt ja über eine Armee goldener Robotniks, die mit Laserpistolen wild durch die Gegend feuern kann.
Aber noch viel schlimmer – Nemo selber wird entführt und an eine – ähm – Wissensabsaugmaschine – oder so – angeschlossen („Ich brauche ihr Wissen. Ich brauche es! Eingespeichert in mein Wissen würde mich das auf diesem Planeten zur höchsten Intelligenz machen!“).
Wird die Welt nun ihrem grausamen Ende entgegen sehen müssen? Nicht solange es noch echte Männer in Togas gibt. Atlantis leistet Schützenhilfe und schlägt zurück!
Es gibt schon recht wahnsinnige TV-Produktionen, „Abenteuer in Atlantis“ gehört ohne Frage dazu. Eigentlich ein TV-Dreiteiler, der für die deutsche Kino- und Videofassung auf 90 Minuten komprimiert wurde, was zwangsweise dafür sorgt, dass der gesamte Streifen recht hastig daherkommt. Kaum ist ein Handlungsbogen abgeschlossen, eröffnet sich bereits ein vollkommen neuer – mit neuen Gefahren, neuen Charakteren. Insgesamt drei verschiedene Personengruppen treffen an Bord der sagenumwobenen und geheimnisvollen Nautilus ein, was sie eben weder geheimnisvoll noch sagenumwoben erscheinen lässt. Quasi wie Rabatt-Wochen im Puff, die Besucher geben sich die Klinke in die Hand. Weiß man, dass es ursprünglich ein Dreiteiler war, so ergibt dies auch Sinn – eine Besuchergruppe für jeden Teil. Aber so wird selbst die Styropor-Hauptstadt der Welt, Atlantis, hier auch noch titelgebend, auf ein Minimum reduziert. Und dabei haben sich die Statisten sogar extra die Beine enthaart…
Das Positive: es wird zumindest nicht langweilig und die sehr wilden Highlights des Films gewinnen dadurch sogar an noch mehr Gewicht. Die Tatsache, dass dies de facto ein Abenteuer-Film ist, der wohl in erster Linie auf Kinder abzielte, macht die ganze Sache noch bunter. Wenn Professor Cunningham an Bord seines Schiffes von goldenen Robotern gesteuerte Laserkanonen und Atomgeschosse installiert hat, dann ist dem eben so. Er ist Professor. Also sehr klug. Der kann das. Weitere technische und logistische Aspekte sind hier vollkommen uninteressant und würden auch nur vom Setdesign und vor allem den schon an Genialität grenzenden Dialogen ablenken, die von einem echten Veteranen-Cast getragen werden. José Ferrer (immerhin Oscar-Preisträger), Burgess Meredith (Rockys alter Trainer und Batmans Widersacher), Mel Ferrer (war danach noch im „Dschungel der Kannibalen“), Horst Buchholz (dürfte bekannt sein) – alle hat man in den Film gequetscht – und besonders Burgess weiß hier zu überzeugen.
Fatality:
Kunterbuntes Potpurie an Miniaturbauten und wahnsinnigen Dialogen. Klare fünf Schädel für Roboter, Atomgeschosse, Laserpistolen, Gehirnabsauger und kindergerechtem Seemansgarn.
‐ Markus Haage
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