Michael Peña hat eine böse Vorahnung! Außerirdische Invasoren greifen die Erde an! Doch, halt! Die Vorahnung entpuppt sich nicht nur als real, sondern besitzt auch noch einen gewaltigen Twist, der an die großartigsten Zeiten einschlägig bekannter Anthologie-Serien erinnert!
Peter wird von Albträumen geplagt. Fast täglich sieht er die Invasion außerirdischer Streitkräfte vor seinen Augen. Er sieht wie seine Familie niedergemetzelt und seine Stadt in Flammen aufgeht. Das Besondere: Diese Träume entwickeln sich weiter, kommen nicht nur mehr im Schlaf, sondern erscheinen Peter wie Visionen auch tagsüber auf der Arbeit. Niemand glaubt ihm, nicht einmal seine Frau, bis es dann doch eben soweit ist. Aus den Träumen wird auf einmal Realität. Von einer Sekunde auf die nächste greift eine außerirdische Armada an, mit dem einzigen Ziel alles Leben gnadenlos zu vernichten. Doch es ist nicht alles so, wie es erscheint…
Mit „Extinction“ stellt der Streaming-Dienst Netflix abermals einen Science-Fiction-Film in ihr Programm, der wohl für die große Leinwand zu klein und für den kleinen TV-Bildschirm zu groß gewesen ist. Schaut man sich die Releases der letzten Monate an, so kann man hier zumindest ein gewisses Muster erkennen. Denn gleiches gilt wohl auch für „Spectral“ (2016), „The Cloverfield Paradox“ (2018), „Titan“ (2018), oder „How it ends“ (2018). Doch all diese Werke haben noch etwas weiteres gemeinsam: Sie könnten direkt aus dem 1990er-Jahre-Nachtprogramm stammen. Nicht immer zwingend inszenatorisch, sondern oft inhaltlich. Sie wirken oftmals wie erzählerisch aufgeblasene Episoden der grandiosen Serie „Outer Limits – Die unbekannte Dimension“ (1995–2002). Eben kleines Pulp-Sci-Fi, welches große Geschichten in einem kleinen Rahmen erzählte. Hierbei durfte man auch anecken und mit den Erwartungen des Zuschauers spielen. Für kaum eine der erwähnten Netflix-Filme gilt dies wohl so sehr wie „Extinction“. Der Film ähnelt keiner „Outer Limits“-Episode, er ist eine! Und dies ist so positiv gemeint, wie man es eben nur meinen kann. Die Figuren sind grob gezeichnet, das Szenario, welches sie ausgeliefert sind ebenso. Das hat aber einen Grund: Der Film enthält einen drastischen Twist, der sich erst im letzten Drittel offenbart. Dieser wird hier natürlich nicht verraten, verlangte von mir als Zuschauer bei der Offenbarung aber ein unbewusstes Klatschen ab. Das sind die kleinen Sci-Fi-Geschichten, die man solange vermisst hat. Im Grunde fehlte vor dem Abspann nur noch die obligatorische Stimme aus dem Off, die uns die Moral von der Geschicht‘ darlegt, auch weil der Film von eben diesem Twist lebt.
Als größte Kritik kann man es akzeptieren, dass sich alles im Film um eben diese Wendung dreht. Die Charaktere, der Verlauf der Handlung, selbst das exzentrische Design der Aliens, welches den Zuschauer natürlich absichtlich auf eine falsche Fährte locken will (und dies auch erfolgreich tut) – alles dient diesem einen Plottwist. Dies ist vollkommen in Ordnung, wenn man den Film eben richtig zu fassen weiß. Man braucht ihn nicht zwei- oder dreimal zu sehen, im Rahmen einer kleinen Sci-Fi-Mär will er den Zuschauer einmalig packen und unterhalten. Eben so, wie es die besten Folgen der erwähnten Serie „Outer Limits“ getan haben. Demnach würde ich nicht einmal unterstellen, dass „Extinction“ grundsätzlich den Anspruch hatte, erzählerisch ein „vollwertiger“ Film im klassischen Sinn zu sein. Natürlich ist er das, von der Struktur über die Lauflänge, aber es ist auffällig, dass man nach fast exakt 45 Minuten einen perfekten Cut machen und den Film als eine Art Doppelepisode präsentieren könnte. Der Vorwurf, die simple Handlung sei wie bei vielen anderen kleinen Genrefilmen unnötig aufgeblasen, trifft auf „Extinction“ also nicht zu, auch weil der Film es schafft durch teils überraschend konsequente Actionszenen zu unterhalten. Dennoch muss man auch zur Kenntnis nehmen, dass nach dem großen Twist die Handlung etwas abgearbeitet wirkt. Man weiß danach, worauf der Film beim Finale hinausläuft. Überraschungen folgen keine mehr, eben weil nicht nur der erzählerische, sondern auch inszenatorische Höhepunkt der Twist ist.
Man muss ein Faible für diese Art von Film besitzen, um ihn vollends genießen zu können. So schaut man dann auch wohlwollend über einige inszenatorische Fauxpas hinweg. Die Spezialeffekte wirken in einigen Szenen arg unfertig, was aber dem Film einen gewissen B-Movie-Charme verleiht. Es ist eben eine große Geschichte mit kleinen Budget. Dies war übrigens nicht immer so geplant. Auch „Extinction“ befand sich wie „How it ends“ auf der berühmt-berüchtigten Blacklist, der Liste an ausgezeichneten aber unverfilmten Drehbüchern. Zeitweise war sogar James McAvoy für die Hauptrolle des Peters im Gespräch und Joe Johnston („The Rocketeer“) sollte die Regie übernehmen. Dies zerschlug sich alles und gewissermaßen ist das auch schade, da die bloße Handlung sicherlich auch perfekt für einen grandiosen Big-Budget-Sci-Fi-Actioner gewesen wäre. Aber anstatt eines Films im Stile von „Flucht in 23. Jahrhundert“ (1976), erhalten wir eben nun die bereits erwähnte „Outer Limits“-Doppelfolge nachgeliefert. Man weiß nicht, was man als Zuschauer sympathischer hätte finden sollen.
‐ Markus Haage
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