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„Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ (USA, 2023)

verfasst am 6.Juli 2023 von Markus Haage

(© 2023 Lucasfilm Ltd. All Rights Reserved.)

Fünfzehn Jahre nach seinem vermeintlich letztem Abenteuer muss Indiana Jones noch einmal ran, um die Welt vor Alt-Nazis zu retten und der Pension zu entfliehen. Ein bitterer Abschied für einen der größten Leinwand-Helden der 1980er-Jahre.

Offizielle Synopsis: Abenteuer hat einen Namen! Harrison Ford kehrt in der Rolle des legendären Archäologen Indiana Jones zurück, für ein letztes, großes, weltumspannendes Abenteuer! Indy riskiert noch einmal alles, um ein uraltes Artefakt, das den Lauf der Geschichte verändern könnte, vor denjenigen zu schützen, die es zu ihrem eigenen Vorteil nutzen wollen.

Nach dem bahnbrechenden Erfolg von „Krieg der Sterne“ („Star Wars“, 1977) und „Der weiße Hai“ („Jaws“, 1975) entschieden sich George Lucas und Steven Spielberg zu einer Kollaboration, die auch noch 42 Jahre später popkulturell relevant sein sollte und eine Ikone des modernen Kinos erschuf: Indiana Jones. Bereits 1974 unter dem Titel „The Adventures of Indiana Smith“ von Lucas kreiert, sollte „Jäger des verlorenen Schatzes“ („Raiders of the Lost Ark“, 1981) sich nicht nur zu einem der erfolgreichsten Filme des Jahres und einem mit fünf Oscars® ausgezeichneten Klassiker entwickeln, sondern auch ein Franchise erschaffen, das mehr als vier Jahrzehnte und sämtliche Medien umspannen würde.

Die klassische „Indiana Jones“-Reihe von 1981 bis 2008.
(© Lucasfilm Ltd. All Rights Reserved.; Artworks: Drew Struzan)

Dieser immense Erfolg war natürlich nicht planbar, aber eine Filmserie hingegen schon. Bereits 1977 schlugen Spielberg und Lucas dem Major-Studio Paramount Pictures eine fünf Filme umfassende Reihe vor. Sie bezeichneten es damals als „James Bond ohne [moderne] Technik“ („a James Bond film without the hardware“) und eine Verneigung vor den Abenteuer-Serials der 1940er-Jahre. Aus den fünf Filmen wurden zuerst „nur“ drei. Lange Zeit galt „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ („Indiana Jones and the Last Crusade“, 1989) als der Abschluss der Reihe; das perfekte Ende einer Trilogie. Mit „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ („Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull“, 2008) kehrte man nach neunzehn Jahren zum Titelhelden zurück. Das ursprünglich finale Werk spaltete die Fan-Gemeinde allerdings. Die Serie „South Park“ (1997–) machte sich gar über Lucas und Spielberg auf obszöne Weise lustig und der Ausdruck „to nuke the fridge“ – eine Anspielung auf die Eröffnungsszene des Films – ersetzte zeitweise die Redewendung „to jump the shark“ (eine Begrifflichkeit, die wiederum auf einer Szene aus der extrem populären Sitcom „Happy Days“ anspielte und verdeutlichen sollte, wenn eine Filmreihe oder Serie ihren Zenit überschritten hat). Aber es war letztlich noch nicht das Ende des Helden, denn dessen Abenteuer fanden, wie eingangs erwähnt, bereits seit mehr als einem Vierteljahrhundert auch jenseits der Leinwand statt.

Neben den fünf Filmen wurde auch eine populäre und für das Fernsehen technisch wegweisende Serie produziert, in der Harrison Ford gar als Gaststar auftrat. 37 Romane wurden verfasst – wenig bekannt: davon alleine acht Bücher von Wolfgang Hohlbein! – und natürlich zahlreiche Comics als auch Computerspiele veröffentlicht, von denen mindestens drei durchaus als Game-Klassiker bezeichnet werden dürfen („Fate of Atlantis“, „Infernal Machine“ und die Adaption von „Last Crusade“).

Das wohl populärste „Indiana Jones“-Game: „Indiana Jones and the Fate of Atlantis“ von 1992.
(© LucasArts Ltd. All Rights Reserved.)

Indiana Jones war somit nie wirklich weg, sondern immer da, wenn auch zeitweise nur von den Fans zelebriert. 42 Jahre nach „Jäger des verlorenen Schatzes“ soll der nun fünfte Teil unter dem Titel „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ („Indiana Jones and the Dial of Destiny“, 2023) das filmische Finale darstellen. Nicht mehr unter der Regie von Steven Spielberg oder der Produktion von George Lucas, aber immerhin noch von John Williams musikalisch begleitet. Es wird wohl das letzte Mal sein, dass Harrison die Peitsche schwingt. Das Ende einer Kino-Ära beginnt, dessen ist sich das Werk auch vollends bewusst.

Das offizielle deutsche Kinoplakat.
(© 2023 Lucasfilm Ltd. All Rights Reserved.)

„Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ eröffnet mit einem ausgedehnten Prolog von mehr als zwanzig Minuten, der die Zuschauer an die Hochzeiten des Abenteurers aus New Jersey erinnern soll. Indy prügelt sich am Ende des Zweiten Weltkrieges nicht nur durch ganze Zugabteile voller SS-Männer, sondern überwindet auch hängend an einem Strick die Schwerkraft, die vielen Schurken an seiner Stelle das Genick brechen würde. Trotz der teils spektakulären Szenen, verfolgt der Prolog inhaltlich nur einen einzigen Zweck: Er soll eine neue Historie für die Hauptcharaktere etablieren, um für den Rest der Handlung eine gewisse Tiefe und mögliche Konflikte zwischen ihnen vortäuschen zu können. Es ergibt aber durchaus Sinn, dass Indiana Jones bei seinen zahlreichen Abenteuern nicht stets denselben Gefährten über den Weg gelaufen ist, auch wenn man in diesem familiären Film-Universum auch noch dreißig Jahre später die Anwesenheit von Figuren wie Dr. Marcus Brody (Denholm Elliott) schmerzlich vermisst. Und natürlich stellt bereits der Prolog auch eine Art Abschied dar. Dies ist Indiana Jones zu seinen Glanzzeiten; es soll das letzte Mal sein, dass wir ihn so erleben werden. Dafür griff man tief in die Trickkiste; die große Eröffnung wurde mittels eines De-Aging-Verfahrens möglich gemacht. Natürlich sehen wir hier nicht den 50-jährigen Harrison Ford, sondern sein mittels CGI verjüngtes Ich. Diese digitale Täuschung ist technisch durchweg beeindruckend und fast perfekt; nur in wenigen Momenten betritt Jones das sogenannte „uncanny valley“.

Ein verjüngter Harrison Ford.
(© 2023 Lucasfilm Ltd. All Rights Reserved.)

Aber auch diese modernen Tricks können natürlich die filmische Realität nicht verschleiern; nach dem opulenten Prolog muss der Held sich seiner Gegenwart stellen. Indiana Jones ist alt geworden; die Welt um ihn herum hat sich radikal verändert. Die Zeiten, in denen sich Studentinnen „Love You“ auf die Augenlider schrieben und ihm zuzwinkerten, sind lange vorbei. Statt ihm überhaupt noch zuzuhören, starren sie nun gebannt auf den Fernsehschirm. Es ist der 13. August 1969; die Mondlandung wurde vollbracht, die Menschen feiern ihre neuen Helden in den Straßen New York Citys. Indy wird nicht nur endgültig in die Pension geschickt, die Jugend will lieber die Astronauten, somit die Zukunft, anstatt die Archäologen, somit die Vergangenheit, zelebrieren. Jones und seine sprichwörtlich altertümlichen Geschichten wecken kein Interesse mehr; er ist selber ein Relikt geworden.

Allerdings geht Drehbuch-Autor und Regisseur James Mangold („Logan“) noch einen Schritt weiter. Nicht nur lässt er den Helden und dessen Abenteuer verbleichen, sondern auch den Menschen dahinter leiden. Mutt Williams (Shia LaBeouf), Indiana Jones‘ einziger Sohn, ist im Vietnam-Krieg gefallen. Ein brutales Schicksal, das Indy nicht nur seinen Lebensmut, sondern auch seine Ehe gekostet hat. Er versinkt im Alkoholismus, schläft in Unterhose vor dem Fernseher ein und versucht der Realität zu entfliehen. Die totale Dekonstruktion einer der größten Leinwand-Ikonen der 1980er-Jahre findet statt. Indiana Jones ein solch brutales Schicksal anzuschreiben, ist sicherlich als Gedankenspiel interessant – eben ein mutiges Konzept, welches die Legende auf den Kopf stellt –, dennoch will es in der filmischen Realität kaum funktionieren. Auch, weil Mangold hierbei wortwörtlich keine Rücksicht auf Verluste nimmt. Laut einem Interview mit dem Branchenblatt Variety.com war es das erklärte Ziel von Regisseur Mangold, dass Indiana Jones nicht nur gebrochen werden, sondern auch sein Leben bereuen sollte.

„For Mangold, that was getting to explore what it meant for Indy to look back a lifetime of regret and loss and find himself ready to disappear into history, quite literally.“

Die Tagline des ersten Films lautete „Die Rückkehr des großen Abenteuers.“ („The Return of the Great Adventure.“). Ein Verweis auf die Ursprünge der Figur und die Adventure-Serials der 1940er-Jahre. Nun hat man das Gefühl, beim Abgesang des großartigsten Abenteurers beiwohnen zu müssen. Der Film schmerzt und ist von einer steten Trauer, einer gewissen Schwere, umhüllt, die letzten Endes sogar ihren Titelhelden zum Weinen bringen wird. Indy soll nun auf ein Leben voller Reue und Verlust zurückblicken („to look back a lifetime of regret and loss“). Sicherlich ein interessanter, weil herausfordernder Ansatz, aber eben auch ein unheimlich trauriges Fundament für das finale Kapitel. In diesem Kontext sollte man sich den Teaser-Trailer zu „Das Königreich des Kristallschädels“ vielleicht noch einmal vor Augen führen. Insbesondere die ersten dreißig Sekunden. War dies wirklich ein Leben voller Reue und Verlust? Indiana Jones hat die „Armeen des Bösen“ daran gehindert, die Bundeslade vor sich her zu tragen; er hat hunderte Kinder aus der Sklaverei einer Sekte befreit und Stalins Erben daran gehindert den Kristallschädel zu ihren Zwecken zu nutzen. Warum sollte man all dies negieren wollen? Warum sollte Indiana Jones dies bereuen?

Harrison Ford ist 80 Jahre alt; die Figur Indiana Jones spiegelt dies natürlich wider, auch wenn sie im Film einige Jahre jünger ist. Selbstverständlich gehört es somit auch zu diesem Lebensabschnitt langsam aber sicher Abschied nehmen zu müssen; von Freunden, von Erinnerungen, von Abenteuern. Doch die Art und Weise, wie dies geschieht, ist durchaus entscheidend. Unser Held ist nicht nur alt, sondern auch vereinsamt, verbittert, verloren. „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ besaß das perfekte Ende. Die Vagabunden Indy und Marion (Karen Allen) fanden endlich zusammen, Indy selber konnte – wenn auch verspätet – noch ein Vater sein, so wie es sein Vater nicht gewesen ist (siehe Vater/Sohn-Konflikt in „Der letzte Kreuzzug“). Doch dies alles wird nun mit „Das Rad des Schicksal“ negiert. Indiana Jones darf nicht glücklich sein; er soll leiden und durch eine drastische kreative Entscheidung ewig in der Vergangenheit verweilen, um keine Zukunft haben zu dürfen.

Ein Bild aus tatsächlich besseren Tagen: Die Familie Jones in „Das Königreich des Kristallschädels“ (2008).
(© LucasArts Ltd. All Rights Reserved.)

Shia LaBeouf, Darsteller von Mutt Williams im vierten Teil, hatte sich durch dumme Äußerungen im Jahre 2016 selber ins Aus geschossen; ein einfaches Re-Casting wurde aber nicht vorgenommen, obwohl fünfzehn Jahre seit dem letzten Film vergangen sind. Stattdessen stellt man Indy nun einen neuen Sidekick zur Seite: seine (bisher unbekannte) Patentochter Helena Shaw, gespielt von Phoebe Waller-Bridge. Eine Alibi-Figur, die zuweilen etwas aufgedreht, in einigen Momenten fast schon unangebracht kindisch agiert. Allerdings sei angemerkt, dass dies kein Novum darstellt, sondern eher ein Markenzeichen für die Sidekicks von Indy ist. Es soll eine Beziehung und Dynamik zwischen den Figuren aufgebaut werden, die den generationenübergreifenden Vater/Sohn-Konflikt aus den vorangegangenen Teilen ersetzt. Auch wenn Waller-Bridges Spiel einen gewissen Charme besitzt und man sie sich durchaus gar als Titelheldin eines eigenen Films vorstellen kann, ist die Lücke, die ihre Figur zu füllen hat, schlichtweg zu groß. Weder kann sie Marion noch Mutt ersetzen, noch Short Round (Ke Huy Quan) sein. Dazu fehlt es der Figur schlichtweg an Historie, auch wenn man bemüht ist, diese nachträglich zu konstruieren. Zudem existieren keinerlei glaubwürdige Konflikte zwischen ihnen. Sie kann mit Jones nicht überzeugend connecten, weil sie nie eine echte Verbindung zu ihm besaß. Dies wären dann dessen Wegbegleiter, alte Freunde, Liebschaften, seine Ehefrau oder eben sein Sohn gewesen.

Und so bleibt leider Gottes der bittere Beigeschmack, dass die Figur Mutt Williams lediglich sterben musste, weil die Zukunft des Franchises in eine neue Richtung gedrängt werden sollte. Lucasfilm-Chefin Kathleen Kennedy merkte bereits öffentlich an, dass man sich „Fortsetzungen“ mit Helena Shaw in der Hauptrolle vorstellen könnte. Vielleicht nur Promotion-Gefasel, vielleicht der Grund, warum Steven Spielberg bei der Premiere des Films in seiner Danksagung Kathleen Kennedy anscheinend absichtlich außen vor ließ. Dies wäre natürlich nur Spekulation, gemessen am Fall der Ikonen in anderen aktuellen Lucasfilm-Produktionen allerdings durchaus vorstellbar.

Auch die Nazis wollen am „Rad des Schicksals“ drehen …
(© 2023 Lucasfilm Ltd. All Rights Reserved.)

Als böses Spiegelbild jagen auch die Antagonisten ihrem Schicksal hinterher. Auch sie sind aus der Zeit gefallen und wollen diese in aller Konsequenz ändern. Alt-Nazis, im Zuge der „Operation: Paperclip“ nun Teil des wissenschaftlichen Establishments der USA (natürlich ein klarer Verweis auf das Leben und Wirken des deutschen Wissenschaftlers Wernher von Braun), wollen in die Vergangenheit reisen, um Hitlers Fehlentscheidungen abzuwenden. Nicht die Alliierten hätten den Krieg gewonnen, sondern Hitler hätte diesen verloren, merkt der Bösewicht Jürgen Voller (Mads Mikkelsen) an. Vielleicht wäre auch hier der interessantere Ansatz gewesen, Indiana Jones versuchen zu lassen, die Zeit abzuändern, um den Tod seines Sohnes rückgängig zu machen. Aber einen solchen (oder ähnlichen) inhaltlichen Twist nutzt man leider nicht; es wäre eine wahrhaftige Wendung gewesen, die das Ableben von Mutt Williams einen dramaturgischen Sinn gegeben hätte; vielleicht hätte Indy mit den Antagonisten dafür zusammenarbeiten müssen.

Aber genau diese Antagonisten sind dann eben doch nur die altbekannten Ewiggestrigen mit Persilschein, die schlicht ihrem MacGuffin hinterherjagen. Ihre Motivation ist eigentlich zweitrangig. Auch wenn Mads Mikkelsen bemüht ist, seinem Bösewicht etwas Tiefe zu verleihen, besitzen er und seine böse dreinblickenden Henchmen letztlich nur einen Zweck: ein Hindernis für Indiana Jones zu sein. Elegantere Verflechtungen wie in „Tempel des Todes“ (siehe Chattar Lal), „Der letzte Kreuzzug“ (siehe Dr. Elsa Schneider) oder „Das Königreich des Kristallschädels“ (siehe George „Mac“ McHale) existieren bedauerlicherweise nicht, obwohl es hierfür genug historische Steilvorlagen gegeben hätte. Mikkelsens Jürgen Voller ist kein Wernher von Braun oder eine Leni Riefenstahl; er ist nicht derjenige, der auf ein Leben voller Reue und Verlust zurückblickt. Er will nicht in die Vergangenheit reisen, um seine Familie aus Dresden oder seinen Sohn aus Stalingrad zu retten – schon gar nicht, um die Grauen des Zweiten Weltkrieges oder die Gräuel der Shoah zu verhindern –, sondern um das „tausendjährige Reich“ (Filmzitat) zu bewahren. Nicht mehr, nicht weniger. Natürlich gilt es dies zu verhindern, aber es ist dramaturgisch leider vollkommen eindimensional. Die Bösen sind eben böse.

Tatkräftige Unterstützung erhält Indy diesmal von Helena Shaw.
(© 2023 Lucasfilm Ltd. All Rights Reserved.)

„Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ wurde mit einem wahnsinnigen Budget von fast 300 Millionen US-Dollar ausgestattet. Die Schauwerte können demnach durchaus begeistern. Technisch gibt es nicht viel zu bemängeln. Es erwartet den Zuschauer ein wilder Ritt über die Kontinente. Von Nord-Amerika über Afrika bis vor die europäische Küste und damit gar ins Mittelmeer. Dennoch fehlt es hierbei an einem gewissen „Sense of Wonder“, den die klassische Trilogie noch ausstrahlte. Vielleicht mag dies auch daran liegen, dass dank des Internets jeder Winkel der Erde mittlerweile durchleuchtet wurde. Fremde Kulturen wirken nun weniger fremd und selbst die exotischsten Schauplätze der Welt sind mit einem Klick zumindest visuell erreichbar. Demnach kann das Werk auch die gewisse Mystik, die noch die Bundeslade in „Jäger des verlorenen Schatzes“ umhüllte, nie so recht einfangen. Beim Anblick der Bundeslade spürte man, dass sie das Ende der uns bekannten Welt einleiten könnte; dass sie aus einer längst untergegangenen Ära des Glaubens stammt; dass sie ein Instrument übernatürlicher Schaffenskraft ist. Archimedes‘ Antikythera, der MacGuffin von „Das Rad des Schicksals“, erscheint hingegen stets nur wie ein rein technisches Werkzeug. Eine Fahrkarte in die Vergangenheit, dessen wahre Bedeutung oder Möglichkeit aber nie denselben Schauer auslöst, wie die Bundeslade, der Shankara-Stein oder Heilige Gral. Vielleicht auch, weil die bunte Welt der Abenteuer nun gewollt freud- und reizlos dargestellt wird. Alles wirkt – wie sein Titelheld – matt, ausgelaugt, entsättigt. Man mag anmerken, dass dies eine gewollte nostalgische Patina ist, die man dem Film übertünchte, letztlich strahlt diese aber nur eine gewisse Trostlosigkeit aus. Mit dem Helden scheinen auch seine Erlebnisse auszubleichen.

Das fünfte Leinwand-Abenteuer von Indiana Jones wird von einem schweren Schicksalsschlag, dem Tod seines Sohnes, bestimmt. Eine bewusste und bittere Entscheidung der Produktion, die die gewollte Dekonstruktion des alten Helden einleitet und sich wie ein Schatten über den gesamten Film und seiner Figuren legt. Dabei ist es letztlich irrelevant, wie unterhaltsam einige Szenen und Momente inszeniert sind, denn diese Schwere, oft als Melancholie oder Nostalgie verklärt, kann das Werk nicht abschütteln. Der Abschied eines Helden muss nicht von Trauer geprägt sein – man denke nur an den finalen Ritt in den Sonnenuntergang in „Der letzte Kreuzzug“ –, die neue Führung von Lucasfilm entschied sich dennoch dazu. Was somit bleibt, sind Erinnerungen an Indys vergangene Erlebnisse. Abenteuer aus einer wohl längst untergegangenen Ära des Films, die man anscheinend nicht mehr zelebrieren möchte.

Markus Haage

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Mein Name ist Markus Haage, Chefredakteur und Herausgeber vom Neon Zombie-Magazin. Es gibt nicht sonderlich viel spektakuläres über mich zu erzählen. Ich führe ein sehr langweiliges Leben. Aber falls es doch jemanden interessiert, freue ich mich immer über einen Besuch meiner Website www.markus-haage.de! Danke im Voraus!