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Gefangene im Weltraum (USA, 1987)

verfasst am 26.August 2010 von Markus Haage

„Das meine Herren, ist ein Lobomat. Diese Maschine imobilisiert mentale Widerstände. Dadurch werden die Handlungsabläufe des Patienten manipulierbar.“

Exploitation in Space! Bevor der Vorspann beginnt, zeigen uns die Filmemacher dieses abseitigen Stückchen SciFi-Kinos die ganze Grausamkeit der unendlichen Weite! Eine junge Dame, nicht älter als 28, wird an die Wand gekettet und mit interstellaren Quälwürmern gefoltert. Nicht von irgendjemanden, denn die Folter von Frauen ist nichts für Grobmotoriker, sondern von Oberaufseherin Muffin, Chefin des Gefängnis-Raumschiffes Vehemenz. Als Hüter von Recht und Ordnung mit dabei: ein Justiz-Droide, der pingelig darauf achtet, dass Muffin die Folterzeit nicht überspannt …

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Nun fragt man sich, was dieses arme Ding wohl verbrochen haben könnte, dass man sie so sehr quält (wir gehen davon aus, dass die Ablagerung von Space-Schnecken auf dem Rücken eine grausame Tortur ist)? Wohl gar nichts. Sie ist einfach nur eine *trommelwirbel* …

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Und zu dieser wird auch unsere Hauptdarstellerin Taura gehören, die eben noch auf ihrem Waldplaneten XYZ hockt und mit dem Priester Zaal und zwei Ureinwohnern, den Maggis, frühstückt und dann im vermieften Schiffsrumpf der Vehemenz dahinvegetieren darf.

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Aber wieso gerade sie? Nun, Bantor, ein Abgesandter des Souveräns (eine Art Imperator im Rüschenhemd), ist auf dem Planeten gelandet und fordert seine Steuer ein. Ein hinterlistiger Zeitgenosse, der auch nicht davor zurückschreckt anderen Filmbösewichtern die Requisiten zu klauen (so z.B. Jared-Syn, namhafter Schurke vom Planeten Lumeria). Nachdem er die beiden Maggis als auch Zaal kaputtgelasert hat, schnappt er sich Taura. Sie war aufsässig – seiner Meinung nach – und solle nun den Rest ihres Lebens im Gefängnis verbringen. Da aber Aufsässigkeit alleine kein schweres Verbrechen ist, unterstellt Bantor ihr einfach seinen Mord an Zaal.

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Die Space-Jury, ein fliegender Kopp im All, glaubt’s – und ab geht’s nach Vehemenz.

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„Der Vierer-Rat der Planeten hält dich für schuldig des Mordes an Zaal, einem Tao-Priester, sowie zweier Männer unserer Truppen. Für diese grauenhafte Tat verhänge ich eine siebenjährige Haftstrafe auf dem Raumschiff Vehemenz unter erschwerten Bedingungen. Die Gefangene wird solange auf dem Schiff bleiben bis ihre Zeit um ist oder sie verstirbt, was wahrscheinlicher ist.“

Dort angekommen wird sie gleich mit der Härte des Knastalltags konfrontiert. In der Mittagssuppe schwimmen Tentakel und die Wärterinnen sind grausame Sadistinnen. Also, quasi das SciFi-Pendant zu Reutlitz. Vielleicht sogar schlimmer.

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Und da ihr Leben als vermeintliche Mörderin nicht mehr viel wert ist, muss sie sich fortan nicht nur gegen ihre Knast-Kameradinnen durchsetzen, sondern auch gegen die Wilkür der Oberaufseherin Muffin – die nette Dame mit Augenklappe, die eingangs bereits ein Mädel mit Space-Schnecken folterte. Diese möchte nicht nur die alleinige Macht über die Vehemenz inne haben, sondern auch den Souverän beindrucken, der ab und an mit seiner hochtoupierten Frau vorbeischaut. Unser Weltraum-Walter schielt wohl auf eine Beförderung…

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Und diese wird ihr nur durch eines (scheinbar) garantiert: GRAUMSAMKEIT! WAAAAAHHHHHH! Deswegen darf Taura nicht nur eingekerkert und verprügelt werden…

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…sondern auch gegen undefinierbare (und unförmige) Monster-Bouletten catchen. Zur Unterhaltung der Oberen und zur Demütigung ihrer!

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Sie wäre nicht die Hauptdarstellerin mit Dauerwelle, wenn ihre Welle nicht von Dauer wäre (höhö…). Und natürlich übersteht sie all diese Pein – doch der finstere Souverän hat mit den Insassinnen von der Vehemenz noch ganz andere Pläne. Er will sie als Versuchskaninchen nutzen, um sich seine Macht im Weltall zu sichern. Denn im Universum rumort es – Aufstände, Revolutionen, Machtumstürze drohen sich an! Also braucht er ein Mittel mit dem er sich seine Macht sichern kann und was wäre dafür besser geeignet als eine LOBOTOMIE! Klingt vollkommen logisch, lobotomierte Menschen stürzen keine Regime mehr, sondern nur noch über ihre eigenen Beine. Doch wie will man im Zweifelsfall ganze aufständische Völker lobotomieren? Jetzt kommt Dr. Po ins Spiel (ja, heißt wirklich so… Auch im englischen Original), die bereits seit geraumer Zeit an eben diesem Problem arbeitet. Mittels einer simplen Spritze, kann sie einen Menschen lobotomieren – ohne dabei umständlich sein Schädeldecke zu öffnen. Quasi eine Art Virus.

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„Das meine Herren, ist ein Lobomat. Diese Maschine imobilisiert mentale Widerstände. Dadurch werden die Handlungsabläufe des Patienten manipulierbar.“

Natürlich weiß der Souverän, dass diese Waffe für den Erhalt seiner uneingeschränkten Macht unabdingbar ist. Deswegen schickt er zu ihrem Schutze nur seine besten Männer nach Vehemenz, unter ihnen auch Bantor, der nichts lieber tun würde als Taura persönlich zu ermorden. Doch diese hat mit ihren Mitgefangenen bereits eine Revolte angezettelt und plant den Kahn zu übernehmen…

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Fred Olen Ray, der Herr der diesen Film inszenierte, ist ein absolutes Genie. Dachte ich, dass er mit „Phantom Empire“ seinen künstlerischen Höhepunkt erreicht hat, so muss ich dies zwar nicht vollends revidieren, aber, mein Gott, mit „Gefangene im Weltraum“ hat er ein unglaubliches B-Meisterwerk geschaffen, dass aus jeder Pore puren Wahnsinn herausplatzen lässt. Exemplarisch dafür können die ersten Filmminuten herhalten, die Hauptdarstellrin Taura einführen. Da juckelt sie in Fellbikini auf dem Planeten XYZ über eine Weide, um dann dem Priester Zaal zu begegnen, der kurz zuvor zwei Winzlinge der Rasse Maggi zu sich eingeladen hat.

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Nach kurzer Plauderei und der obligatorischen Vorstellung sitzen alle drei zusammen am Mittagstisch und unterhalten sich über Gott und die Welt. Nebenbei werden pseudo-geologische Tipps ausgetauscht und absurde Anekdoten erzählt. Dies alles ist gepresst in weniger als drei Minuten Film. Denkt man den Kicher-Wahnsinn bereits überstanden zu haben, platzen auf einmal finstere Schergen aus den Büschen, die Zaal ermorden wollen. Und so geht es im MINUTENTAKT weiter. Eine weitere Minute später prügelt sich Taura mit fiesen Robotern, eine weitere Minute später erklärt uns ein schwebender Kopp, dass Taura nun für sieben Jahre auf dem Gefängnisraumschiff Vehemenz verbringen muss, eine weitere Minute später wird sie bereits von der Oberaufseherin mit Augenklappe (Name: Muffin) bedroht. Es nimmt kein Ende, 86 Minuten schierer Wahnsinn. Als ob dies alles noch nicht ausreichen würde, ist der Film mit einem teils unglaublichen Requisiten-Recycling ausgestattet. Ob Kostüme oder ganze Filmszene, alles scheint hier bereits aus dem Altkleider-Container einschlägiger B-Produktionen gemopst wurden zu sein.

So darf der Schurke Bantor die Ausgeh-Uniform vom Jared-Syn, bedeutsamer Bösewicht aus dem Film „Metalstorm“, auftragen,…

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…während Taura als Schaukampf gegen die „Kosmokiller“ von 1983 antreten muss.

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Natürlich wäre dies noch nicht alles – Raumschiff-Szenen aus „Sador – Herrscher im Weltraum“ werden genauso verwendet wie etwa ein Matte Painting aus „Buck Rogers“ und (sogar!) die Abschlussszene aus John Carpenters Debüt-Film „Dark Star“.

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Wem das noch nicht reicht, dem präsentiert Fred Olen Ray noch genug eigene Kreationen, die ebenfalls im Minutentakt auf den Zuschauer einhämmern.

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Und mich würde es auch nicht wundern, wenn diese Herrschaften schon in anderen Filmen von der Leinwand gegrinst haben…

Der Rest ist aufgefüllt mit teils überzogendem aber kalkulierten Schauspiel, einer ordentlichen Dosis Synthie-Beat (wobei dieser recht dynamisch und melodisch daherkommt) und stetig wechselnden Story-Elementen, die ununterbrochen wie im Zirkus nach jeder Sensation lauern. Hier das Raumschiff! Dort die Laserpistolen! Und hier ein Monster! Und dahinten die Lobotomie! Wohl oder Übel für die Menschheit? Entscheiden sie selbst, treten sie ein! Irgendwie ironisch. Kommt der Streifen selber doch einer filmischen Lobotomie gleich. Und das ist so positiv gemeint, wie man es nur meinen kann.

Fatality:
Es ist spruchreif: Fred Olen Ray ist Gottgleich. Ich weiß nicht woher der Mann seine Ideen hat, was er allerdings für Streifen aus den Ärmel fallen lässt, muss allen anderen Regisseuren die Schamesröte ins Gesicht treiben. Fred Olen Ray ist der Kubrick, der Cameron, der Kurosawa, der Spielberg des modernen B-Films. In 50 Jahren werden Filmfans ehrfürchtig auf seine 80er-Granaten zurückschauen und ihnen huldigen. Bisher hat er es auf 116 Filme geschafft und alle haben das Zeug dazu als visuelle Massenvernichtungswaffe eingesetzt zu werden. Wie ich es in einem vorrangegangen Review zu einem Olen-Ray-Film bereits einmal anmerkte: es gibt gute, schlechte und unfreiwillige Trash-Filme. Dies hier ist die ganze hohe Kunst 80er-Trashs. Quasi der Olymp.

Markus Haage

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Über Markus Haage 2274 Artikel
Mein Name ist Markus Haage, Chefredakteur und Herausgeber vom Neon Zombie-Magazin. Es gibt nicht sonderlich viel spektakuläres über mich zu erzählen. Ich führe ein sehr langweiliges Leben. Aber falls es doch jemanden interessiert, freue ich mich immer über einen Besuch meiner Website www.markus-haage.de! Danke im Voraus!