„Ich habe deine Männer nicht kämpfen gelehrt, damit sie hilflose, schwache Frauen abschlachten!“
- „Du wußtest noch nie worauf es im Leben ankommt!“
B-Legende Corman als Produzent, „Foxy Brown“-Regisseur Jack Hill auf dem Regiestuhl, „Chopping Mall“-Inszenator Jim Wynorski als Drehbuchautor – dies sind die Kräfte von 217 Jahren B-Movie (Stand: 2010) vereint und gepresst auf 79 Minuten Magnetband. Roger Corman, das Totschlag-Argument des abseitigen Spielfilms, greift auf seine Massenvernichtungswaffen zurück, um eine noch furchterregendere zu schaffen (OMG! Madness creates more madness!!1!11!) – nämlich…
Aufruhr im Lumpen-Wald: der fiese Traigon – mit rotem Laken umwickelt – fordert seinen Erstgeborenen ein. Durch ihn soll er den uneingeschränkten Support (24/7) der Hölle erfahren, wenn er seinen eigenen Nachkommen für die Mächte der Finsternis opfert. Kein Thema – als Leihmutter erkort er sich eine junge Bäuerin aus, die ihm sein Kind gebährt. Irgendwo im Forst. An einem Lagerfeuer. Haken an der Sache: sie hat gleich zwei Kinder auf die Welt gebracht – wer ist nun der Erstgeborene? Für Traigon sind dies aber bloß Kleinigkeiten – wenn er nicht weiß, wer zuerst entstiegen ist, würde er eigentlich einfach beide Gören ins Feuer schmeißen. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 100% wird er somit die Mächte der Finsternis erhalten – und über die Welt herrschen. Geht aber nicht. Das Kleingedruckte sagt: nur den Erstgeborenen, sonst Eigentor. Somit muss er die Wahrheit aus der Mutter herausfoltern. Doch die arme Mutter sieht ihren schrecklichen Fehler ein und schreit um Hilfe: „KROOONNNAAAAAAAAAAA! KROOOOOOOOONNNAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA!“. Kein unbedeutendes Gestammel – sondern der Name eines alten Zuselbartes, der geübt in der Kampfeskunst, ausgestattet mit den Erfahrungen eines langen Lebens und nebenbei Absorber of mighty medieval Powers ist.
Traigon kann gegen die Mächte des Lichts, die Krona beherrscht nicht viel ausrichten, außer fluchen. Und so schwört er ewige Rache und droht seine Rückkehr an („Wenn der Mond wieder im Haus des Drachen sein wird, dann komme ich wieder!“). Denn trotz der Tatsache, dass Krona dem dunklen Herren einen Speer durch die Brust rammte (bei 99.99% aller Lebewesen ’ne ziemlich heikle Angelegenheit) und in einem grünen Schimmer davonschwindet, segelt er nicht über den Styx.
Wie das? Nun, es ist ein Fantasy-Film – von daher könnte man irgendein magisches Geschwurbel dafür verantwortlich machen, aber nix da. Denn der Herr Traigon verfügt über drei Leben – selbst Krona war sich nicht sicher, welches der drei Leben er ihm nehmen würde („Sag’ mir, Traigon. Welches deiner drei Leben werde ich dir jetzt nehmen? Dein erstes? Oder wird es das letzte sein?“). Da gerade einmal sechs Minuten heruntergerissen sind, wird’s wohl nicht das letzte gewesen sein. Nachdem Traigon verschwurbelt ist, nimmt sich Krona den beiden Säuglingen an und schwört der sterbenden Mutter („Ächz…“), sie zu tapferen Kriegern heranzuziehen, so dass niemals irgendjemand ihnen etwas anhaben kann und sie den Tod ihrer Mutter rächen können. Doch bevor Muttern ins Jenseits verschwindet, gesteht sie Krona, dass es sich bei den beiden Kindern nur um Mädchen handeln würde. Im sexistischen und äußerst maskulinen Fantasy-Zeitalter kein gutes Omen – das weiß auch Krona. Egal, sind sie halb Weiber – ein Schwert werden sie schon nach halten können. Also nimmt Krona die Kinder mit zu seinem alten Kumpel Dargon, Bauer und harter Kerl von Beruf. Dieser schwört Krona die Kinder in seine Obhut zu nehmen und als Krieger auszubilden – mit einem kräftigen Männerhandschlag wird dies besiegelt.
Krona: „Ich verspreche dir, ich mache aus deinen Kindern tapefere Krieger. Sie werden deinen Tod rächen!“
Mutter: „Das geht nicht! Die Kinder sind Mädchen!“
20 Jahre später: Aus Krona ist ein alter Zusel mit Perücke geworden, die Babys sind gesund herangewachsen, komplett mit Dauerwelle und Frontspoiler. Und nicht nur das: obwohl sie weiblich sind, hat Dargon es geschafft, sie zu tapferen Kriegerinnen heranzuzüchten. Namen hat man ihnen auch gleich verpasst: Mira und Mara. Wenigstens leicht zu merken. Doch der Film wäre hier bereits beendet, wenn die beiden Zwillinge ein glückliches und behütetes Leben führen könnten. Glücklich sind sie ohne Frage. Behütet aber nicht. Dafür behüttet, doch Traigon, der sie immer noch sucht, schickt seine Mannen durch das ganze Land und brennt dabei alle Hütten nieder. Die von Mara und Miras Pflegeeltern sowieso. Der gute Dargon muss gar dran glauben. Traigon hat sie also endlich gefunden und noch immer will er die Erstgeborene opfern, um eins mit den Mächten der Finsternis zu werden.
Grund genug für Mira und Mara das Korsett wegzuwerfen und in den Kampf zu ziehen. Das können sie recht gut. Besitzen sie doch die Mächte des Lichts (ja, keine Ahnung… leuchten halt blau). Nebenbei schaut auch noch der gute (und nun sehr) alte Krona vorbei. Dieser erzählt ihnen von ihrem Schicksal, welches sie anscheinend nicht sonderlich überrascht. Kaum nachdem Krona aufgetaucht ist, taucht er auch sogleich wieder ab und begeht einen fulminanten Suizid in einer Feuersbrunst. Vorher kann er sie aber noch spektakulär (wohl eher spekulativ) in die Geheimnisse der Mächte des Lichts einweihen. Kurzfassung: immer dann wenn die Hütte brennt, sollen sie den geheimen Namen der Mächte des Lichts ausrufen. Dieser lautet auf *trommelwirbel* VITAL! Vital? Vital.
Krona: „Die Mächte der Finsternis sind seine Verbündeten.“
Mara: „Die Mächte der Finsternis?“
Krona: „Gewöhnliche Waffen sind dagegen machtlos. Ihr braucht den Namen – den geheimen Name – der Mächte des Lichts. Wenn alles verloren scheint, ruft laut seinen Namen!“
Mara: „Wie ist sein Name?“
Krona: „Vital!“
Mara: „Vital?“
Krona: „Vital. Ihr dürft ihn niemals vergessen.“
Mara: >„Vital.“
Mira: „Vital.“
Sachlage somit geklärt, Aufgaben verteilt. Die Mädels machen sich auf um Traigon zu stürzen, Krona geht in Rauch auf. So hat jeder sein Päckchen zu tragen. Natürlich hat so ein finsterer Herrscher wie Traigon sich relativ viele Feinde gemacht. Wenn man uneingeschränkte Macht haben will, muss man dafür schon das ein oder andere Pack knechten. Also bleibt unser Zweier-Gespann folglich nicht lange alleine. Neben ’nem gallischen Krieger („Beim Teutatis!“), spurtet ihnen auch noch die B-Movie-Kopie des alt-griechischen Hirtengottes Pan („Määäähhhhh!“) hinterher. Das Filmzitat in Klammern ist übrigens auch die einzige Äußerung die diese Figur im Laufe des Films von sich gibt.
So dürfen sie nun gemeinsam die Fantasy-Lande durchstratzen, nur um am Ende Herrn Traigon zu stürzen. Das die Geschichte so ausgeht, dürfte kein Geheimnis sein. Dafür aber spektakulär inszeniert. Während der Mittelteil sich mit dem üblichen Fantasy-Nonsense begnügt (Sklavenhändler, Schwertkämpfer, tänzelnde Tempelhuren…), darf am Ende die Sau rausgelassen werden. Mannen kloppen sich ungelenkig die Rübe ein – und dank modernster Tricktechnik zucken die Blitze von Bildschirm-Rand zu Bildschirm-Rand. Somit kann der Film auch zweckentfremdet als Stroboskop genutzt werden.
Aber nicht nur das: sogar in aufwendige Animatronics steckte Herr Corman seine Klunker. Nachdem spannungsvoll das Ende unserer Helden heraufbeschworen wurde, gröhlen sie den geheimen Namen der Mächte des Lichts gen Mond. Und zack, kommt ein fliegender Löwe vom Himmel geprasselt, der mit blauen Blitzen alles wegfotzt. Inklusive Traigon und ’nem fliegen Kopp (soll die Macht der Finsternis darstellen).
Und wem das gleichzeitig noch nicht das Gehirn weggeschossen hat, der darf sich noch auf weitere Gestalten aus dem Zirkus’ Roger Cormans freuen. Von fliegenden Köppen über Affenmenschen bis hin zu untoten Kriegern, hier springt aus jeder dunklen Ecke ’ne Latex-Fratze vor die Kameralinse.
Herr im Himmel! Das Roger Corman hiermit seinen ultimativen Fantasy-Film hingekleistert hat, möchte ich so nicht behaupten – zu sehr rückt die Erinnerung an Gulfax aus „Wizards of the Lost Kingdom – Magier der verlorenen Welten“ ins Gedächtnis – aber zweifelsohne darf „Mächte des Lichts“ als eine der Speerspitzen des inflationären Fantasy-Films bezeichnet werden. Nicht nur das Herr Corman seinem Motto „Never change a running system“ penibel treu bleibt und zum x-ten Male die Mucke von „Sador – Herrscher im Weltraum“ recycelt (somit Fans der Corman-Productions ein wohliges Déjà-vu beschafft), auch greift er sehr tief in die Mottenkiste seines Fundus und holt die wildesten Kreaturen der Filmgeschichte heraus. Ob der gesamte Streifen je ernst gemeint war, darf ohnehin bezweifelt werden. Zeichnet sich doch für das Drehbuch immerhin Jim Wynorski aus, der später selber für Corman auf dem Regiestuhl Platz nehmen wird und die Fantasy-Comedy-Bombe „Mystor – Der Todesjäger 2“ inszeniert. Und wer Herrn Wynorski kennt, der weiß, das die Abbildung weiblicher Brüste zu seinen wohl wichtigsten narrativen Stilmitteln gehört. Und so werden auch unsere wichtigsten Dramatis Personae als planschende Zwillings-Nackedei in die Geschichte eingeführt. Wer das Drehbuch hat, soll bitte mal nachschauen ob auf jeder vierten Seite das Wort boobshot auftaucht. Vielleicht liegt es aber auch an Corman-Freund Jack Hill, der hier die Regie übernommen hat – und Genre-Fans auch als Drehbuchautor und Regisseur unzähliger 70er-Kracher wie „Coffy“ oder „Foxy Brown“ bekannt sein dürfte. Auch er ist der exploitativen Zurschaustellung des weiblichen Körpers bekanntermaßen nicht abgeneigt. Somit haben wir im Grunde alle drei Zutaten für einen großen Corman-Fantasy-Knaller aus den 80ern zusammen: abstruse Monstren, recyceltes Inventar und glorious boob shots! Übrigens: beim Thema Recycling geht es auch anders herum. Fortan diente „Mächte des Lichts“ auch als Auffüll-Ressource für unzählige weitere Fantasy-Filme aus dem Hause Corman – sei es bereits erwähnter „Ein Königreich vor unserer Zeit“ oder „Wizards of the Lost Kingdom – Magier der verlorenen Welten“. Ein Corman karrt nicht einfach nur so einen fliegenden Animatronic-Löwen ans Set, um ihn dann nur für einen Film zu verwenden. Wo kämen wir denn dahin!?
Als Fan dieses Sub-Genres des schlechten Geschmacks kann man sich also sehr beruhigt auf den Film einlassen – gerade aufgrund seiner übersichtlichen Lauflänge von 79 Minuten. Hier wird kein Zelluloid für unsinnige Landschaftsaufnahmen oder Montagen verschwendet, hier geht es Knall auf Fall. Und sollte dem Film wirklich mal der Stoff ausgehen – egal, fotzt halt irgendein Monster vorbei. Ist kein Monster zum daherfotzen da, zucken blaue Blitze über den Bildschirm. Oder rote. Oder grüne. Scheißegal. Hauptsache es gibt einen Schauwert. Was andere B-Movies 90 Minuten lang versuchen, reißt Corman im 5-Minuten-Takt herunter. In einem Film wohlgemerkt. Schwerter, Schurken, Monster, Titten, Äxte, Raufereien, Sprüche, Perücken, Lumpen. Fragt man sich nur, warum diese Perle nie für den hiesigen DVD-Markt entdeckt wurden ist. Wahrscheinlich hockt irgendein VHS-Gollum auf den Rechten und rückt sie nicht heraus. Eine Schande – ist „Mächte des Lichts“ doch einer der größten Bomben, die in einem VideoRecorder (respektive DVD-/Blu-ray-Player) explodieren kann. Und diese Bombe fetzt alles weg – insbesondere euer Gehirn. Falls durch vorangegangene Corman-Filme nicht schon lange lobotomiert.
Fatality:
Das Stroboskop unter den Barbaren-Filmen.
‐ Markus Haage
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