„Tod bei Morgengrauen!“
Hütte. Dämonen. Kettensäge. Die Zweite.
Der gute Ash hat das unaussprechliche Böse besiegt – zumindest temporär. Nachdem es Besitz von ihm ergriffen hat, konnte er es aus seinem Körper verbannen. Hervorgerufen wurde es durch das laute Vorlesen des Necronomicons, einem uralten Buch geschrieben in Blut. Nun steht er alleine dar. Seine Freunde hat es dahingerafft und das Böse – noch immer lebendig – will ihn nicht gehen lassen. Sein einziger Schutz, die alte Waldhütte. Und dort darf auch nur das Obergeschoss als sicher gelten.
Denn im Keller macht sich Henrietta breit. Die Ehefrau des Prfessors (ja, Professor schreibt man mit „o“ – aber ohne „o“ klingt’s lustiger…), der vorher in der Hütte hauste. Und Henrietta ist schon sehr lange nicht mehr als lebend zu bezeichnen. Zum Glück bleibt Ash im Kampf gegen das Böse diesmal nicht alleine. Annie Knowby, Tochter des Professors und auf der Suche nach ihren Eltern, erreicht zusammen mit ihrem Freund, sowie einem Einheimischen, die Hütte.
Denkt man sich zuerst, dass das Kräfteverhältnis sich nun endlich zu Gunsten der Guten verlegt hat, irrt man sich gewaltig. Trotz der zusätzlichen Manpower, bahnt das Böse sich seinen Weg. Durch Ashs Hand, ausgestopften Tieren…
…und wenn es sein Muss, gar durch Zeit und Raum…
How to make a sucessful sequel, Lesson 1: Be true to yourself. Nach „Tanz der Teufel“, der zwar kein Kinohit war, aber aufgrund des Videobooms weltweit für Aufsehen sorgte (insbesondere in Deutschland), trat Producer Irvin Shapiro an Sam Raimi heran und fragte nach einer Fortsetzung. Raimi war von der Idee angetan, wollte sich aber erstmal auf andere Projekte konzentrieren – eines davon sein finanzieller Flop „Crimewave“. Dennoch machte man sich bereits einige Grundgedanken und legte fest, dass der zweite Teil in der Vergangenheit, im englischen Mittelalter, spielen sollte. Um das Projekt zu finanzieren, schaltete Shapiro sogar schon Werbeanzeigen in einschlägigen Business-Magazinen. Titel: „Evil Dead II: Evil Dead and the Army of Darkness“.
Doch die Kosten für ein solches Projekt waren einfach zu groß, so dass kein Finanzier gefunden werden konnte. Da Raimi eh mit der Produktion von „Crimewave“ beschäftigt war, schlief die Fortsetzung ein – bis die Einspielergebnisse zu genannten „Crimewave“ eintrudelten. Für Raimi war der Misserfolg ein herber Rückschlag. Er wußte, dass er einen Hit benötigte, um an weitere Projekte zu kommen. Also traf er sich mit seiner alten Crew und pushte die Fortsetzung zu „Tanz der Teufel“ vorran. Die Finanzierung war bis dahin allerdings noch nicht geklärt. Man wandte sich an Dino DeLaurentiis und bot ihm die Verfilmungsrechte an. Dino erkannte, dass in dem Projekt Potential steckte und sagte zu – gab allerdings lediglich ein Budget von 3,6 Millionen Dollar frei. Zu wenig, um ins Mittelalter zu reisen. Aber sehr viel, um eine alte Waldhütte rocken zu lassen – was das Projekt inhaltlich vor weitere Probleme stellte.
Ursprünglich war keine Fortsetzung geplant, obwohl das Ende des ersten Teils mehr oder weniger offen gestaltet wurde. Es war ein düsteres Ende, das für den Hauptdarsteller Ash nichts Gutes verhieß – sein eigentliches Schicksal wurde allerdings nicht besiegelt. So blieb die Möglichkeit einer direkten Fortsetzung erhalten. Und so sollte es auch geschehen: Raimi knüpfte direkt an die Ereignisse aus dem ersten Teil an – auch wenn er sich nicht direkt darauf beziehen konnte. Denn der Vertrieb des ersten Teils war nicht bereit das Filmmaterial herauszurücken – zumindest nicht ohne eine immense finanzielle Gegenleistung und somit erzählte Raimi den ersten Teil einfach neu. Die Nebencharaktere fielen heraus – nur Ash und seine Freundin fahren zur entlegenen Waldhütte. Dies gab ihm zweifelsohne viele Freiheiten für die Fortsetzung, sorgt unter Zuschauer aber bis heute für etwas Verwirrung. Denn im Grunde stellt die Fortsetzung mit der Neuerzählung der Geschehenisse aus Teil 1 somit eine Art Remake dar. Zumindest teilweise. Die Ironie: einige Jahre später sollte das Ende von „Tanz der Teufel II“ ebenfalls umgemodelt werden. Während Ash in der ersten Fortsetzung noch als Heilsbringer gefeiert wurde, wird er im dritten Teil erstmal in Ketten gelegt. Somit hat dies wenigstens eine Art Tradition innerhalb des Franchises.
Diese lockere Herangehensweise gab Raimi allerdings auch ungeahnte Freiheiten. Während der erste Teil noch als durchaus ernster Independent-Horror durchging, findet Raimi bei der Fortsetzung nicht nur zu seiner Höchstform und definiert erstmalig seinen Stil, sondern auch den Ton der gesamten Filmreihe. Aus dem ernsten Schocker wird ein wilde Achterbahnahrt. Besonders stechen hierbei die Effekte hervor – „Tanz der Teufel II“ ist einer der letzten phantastischen Filme, der die alten Effekttypen nicht nur verwendet, sondern auch regelrecht zelebriert. Matte Paintings, Stop-Motion, Rückprojektion – das alte Effektherz darf vor Freude Überstunden pumpen. Auch wenn dafür teilweise ein hoher Preis gezahlt werden muss.
Denn im Gegensatz zum Erstlingswerk wurde die Fortsetzung komplett im Studio gedreht, womit ein Teil des dreckigen Charmes flöten geht. Auf der Haben-Seite steht dafür der Flair alter Horrorklassiker, für die fast ausschließlich Studioaufnahmen verwendet wurden. Aus heutiger Sicht wirken sie trotz ihrer Perfektion und Detailtreue künstlich und geben uns dadurch ein sehr surreales Bild. Raimi schafft es dieses einzufangen – und so muss man sich als Fan der Serie nur fragen, ob man gewillt ist dieses anzunehmen. Auch in der Umsetzung geht Raimi andere Wege. Teil 2 setzt weitaus stärker auf Humor. Hierzu zählen zweifelsohne auch die eigentlichen Horrorszenen. Die Gewaltdarstellungen sind teils dermaßen grob und drastisch umgesetzt, dass man es kaum noch ernstnehmen könnte. Literweise strömt das Blut über die Mattscheibe, Köpfe werden gespalten oder abgehackt, Untote tanzen über das Moos, Dämonen fliegen durch die Luft, Zeittunnel werden geöffnet, Monster zerdreschen unsere Helden – Raimi feuert hier das gesamte Arsenal des phantastischen Films ab. Eine wahre Tour de Force.
Wahrscheinlich funktioniert dieser ganze Wahnsinn nur in Raimis Welt. Liest man sich das Drehbuch durch, so hätte man das Budget für keinen anderen Film freigegeben. Raimi schafft es aber dies alles in einen Streifen zu verpacken – sehr dicht verwoben, sehr überzeugend umgesetzt. Wie erwähnt, geht hierbei der dreckige Flair des Originals verloren – allerdings haben „Evil Dead“-Fans dafür den Luxus sich zwischen zwei Varianten der de facto gleichen Thematik zu entscheiden. Original und Fortsetzung (oder wie manche Fans es bezeichnen: Requel) könnten nicht unterschiedlicher in ihrer Wirkungsweise sein. Dennoch stellen beide Filme mit die Höhepunkte des US-amerikanischen Horrorkinos der 80er dar. Vollkommen verdient. „Tanz der Teufel II“ ist nicht nur eine der wildesten Fortsetzungen, sondern auch eine der besten und kreativsten. Als Horrorfan kommt man daran nicht vorbei.
Fatality:
Grob, überzogen, genial.
‐ Markus Haage
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