„Hör’ zu. Sag’ nicht ich hätte dir keine Chance gegeben. Wenn das hier vorbei ist, wanderst du ins Gefängnis. Erstens: Anstiftung. Zweitens: Brandstiftung. Und, äh, irgend ’ne Stiftung wird mir noch einfallen!“
Auf Eternia, ferne Heimat technophiler Barbaren und Fabelwesen, herrscht der Ausnahmezustand: der knöchrige Skeletor hat in einem Blitzkrieg mit seinen Armeen Eternis, Kapitale des Planeten, eingenommen. Die vollkommen überraschten Truppen des König Randors können nur noch die Arme ausstrecken und sich abführen lassen. Doch einer weigert sich den finsteren Mächten klein beizugeben: Prinz Adam. Durch die magischen Kräfte seines Zauberschwertes verwandelt er sich – immer wenn Gefahr in Verzug ist – in He-Man. Krieger mit übermenschlichen Kräften und Nackenspoiler. So schwört er, Skeletor die Stirn zu bieten, bis dieser endgültig vernichtet ist…
So, oder so ähnlich, könnte die Zusammenfassung des Streifens lauten, wenn nicht findige Hollywood-Produzenten der Überzeugung gewesen wären, den Kampf zwischen Gut und Böse auf ein gestalterisches Minimum herabzustutzen. Einen König Randor gibt’s hier nicht, genausowenig wie Prinz Adam (zumindest wird He-Mans Alter Ego nicht erwähnt) und bevor der Kampf der Giganten überhaupt auf Eternia begonnen werden kann – so richtig intergalaktische Dresche mit Mer-Man, Buzz-Off, Roboto, Zodak, Sy-Klone, Moss Man, Trap-Jaw, Tri-Klops, Kobra Khan und wie sie alle heißen – wird die Story bereits nach wenigen Minuten auf die Erde verlegt, ins Jahre 1987. Zweifelsohne der Hauptgrund weswegen die globale „Masters“-Fangemeinde dieses Werk mit Abscheu betrachtet. Aber wie es bei sovielen Streifen mit fetter Fan-Community im Rücken ist, sind sie oftmals besser als ihr Ruf. Und ich glaube auf keinen Film trifft dies mehr zu als auf „Masters of the Universe“ – trotz aller inhaltlichen Schwächen. Denn bereits der Anfang ist ein unglaublich stylisher 80s-Fanatsy-Opener, der sich vor den Giganten des Genres nicht verstecken braucht…
Klar, ändert dies nichts an der Tatsache, dass der Film nach den ersten ziemlich fulminanten 20 Minuten eine drastische Kehrtwende Richtung Erde macht, allerdings bewirkt dies auch keinen totalen Abfall in die düstersten Gefilde des schlechten Films. Ganz im Gegenteil: es wird zu einem kunterbunten Fantasy-Knallbonbon.
Skeletor, Herrscher von Snake Mountain, übernimmt die Macht auf Eternia. Dank eines kosmischen Schlüssels kann er seine Truppen innerhalb weniger Sekunden an jeden Ort der Galaxis beamen – so auch hinter die Fronten der Verteidiger Eternias. Ergebnis: Epic Win für Skeletor.
He-Man, dessen verschwitzer Body mit Dreck verschmutzt wurde, so dass der Zuschauer weiß, dass er gerade direkt aus der Hölle des Krieges kommt, weigert sich zu kapitulieren. Zusammen mit Man-At-Arms, dessen Tochter Teela und dem Knirps Gwildor gelingt es ihm in den Palast von Eternis vorzudringen, wo Skeletor die Zauberin, Hüterin von Irgendwas, festhält. Dort schafft er es nach einigen Gefechten mit Skeletors schießfreudiger Truppe, den kosmischen Schlüssel zu ergattern. Eigentlich sah der Plan vor, die Zauberin zu befreien. Ging aber nach hinten los. Also hilft nur noch die Flucht nach vorne. Auf dem kosmischen Schlüssel wird solange draufrumgehämmert, bis sich ein Tor zu einer anderen Dimension öffnet. Für den Trupp der einzige Ausweg. Also springen sie rein ins kunterbunte Licht-Vergnügen und landen direkt auf Mutter Erde.
Hier fällt der Schlüssel in die Hände des jugendlichen Wanna-Be-Rockers Kevin, dessen Synthesizer-Künste ihm berechtigte Hoffnung machen, endlich in der Unterhose seiner Freundin Julie zu landen. Natürlich hat er keinen Plan, wozu der kosmische Schlüssel eigentlich gedacht war. Da er aber schöne Töne von sich gibt und funkelt, benutzt er ihn unbesorgt. Die Folgen sind fatal (FATAL!): Skeletors Mannen orten ihn und so schickt er sich an eine intergalaktische Schlägertruppe in die amerikanische Provinz zu schicken, bestehend aus „Das Messer“ (Blade), das „Wilde Biest“ (Beast-Man), Saurod und Karg. Letztere feiern hier ihre „Masters“-Premiere.
Auch wenn He-Man kein großes Problem damit hat, dass Quartett auseinanderzunehmen, so gilt dies nicht für den Schutz von Julie und Kevin. Nachdem er Julie vor den bösen Kreaturen schützen musste, schleppt Kevin den kosmischen Schlüssel zu seinem Kumpel. Natürlich muss er diesen abermals aktivieren – Skeletor zögert nicht lange und schickt diesmal eine komplette Invasionstruppe auf die Erde – angeführt von Evil-Lyn, seiner fiesen rechten Hand. Diese schnappen sich Kevin und wollen von ihm nicht nur den kosmischen Schlüssel, sondern als Trophäe auch noch He-Man. Dieser muss sich Skeltor ergeben, nachdem er damit droht alles und jeden kleinzuschießen (ist Skeletor – der braucht keine Begründung, fuck, nicht einmal eine Waffe zur Demonstration).
Nun hat das Böse obsiegt. He-Man ist Sklave Skeletors, Julie schwer verletzt, der Rest gestrandet auf der Erde. Im Grunde geht’s nun allen schlecht. Außer Gwildor, dem geht’s gut.
Während He-Man sich von Blade und seiner Laser-Peitsche traktieren lassen darf und Skeletor diesem mit Genugtuung beiwohnt (ich bin mir jetzt doch nicht mehr so sicher, ob dies nur eine Bestrafung sein soll…), finden Man-At-Arms, Teela, Gwildor und Kevin einen Weg den während der Kämpfe rampunierten kosmischen Schlüssel wieder zu benutzen. Fluks eingeschaltet, beginnt es wieder zu leuchten und der Weg nach Eternia ist frei. Dort beginnt Skeletor indes gelb zu leuchten…
Denn die Macht der Zauberin ist mittlerweile gebrochen und nun gehen die Mächte von Castle Greyskull (ihr Hauptwohnsitz) auf ihn über. Was bedeutet, dass er klamotten- und machttechnisch ’ne Runde geupdatet wird (+10). Und zwar grundlegend. Aber He-Man wäre nicht He-Man, wenn er nicht einen Weg zu seinem Zauberschwert finden würde. Während seine heimgekehrten Freunde sich Skeletors Truppen vornehmen, verprügelt er die böse Omnipotenz von Snake Moutain persönlich…
Pest und Galle wurde über dieses Stückchen Fantasy-Kino ausgeschüttet und den Frust der Fans über das Resultat kann ich in gewissen Maßen auch nachvollziehen. Das epische Battle zwischen den klobigen Mannen Skeletors und He-Mans ist es nicht geworden. Stattdessen versucht der Streifen jeder größeren Anstrengung aus dem Weg zu gehen und beschränkt sich zum Größtenteil auf eine irdische Handlung. Der Malibu Creek State Park darf dafür kurz als Eternia herhalten, während der Rest von He-Mans Heimatplaneten lediglich innerhalb von Castle Grayskull spielt. Klar, die Entscheidung den Großteil auf der Erde und dann auch noch in irgendeinem x-beliebigen US-Kaff spielen zu lassen, ist keine sehr kreative, sondern eindeutig finanzielle Entscheidung gewesen. Der Unmut der Fans ist von daher nachzuvollziehen. Lässt man aber das Original außen vor, so muss ich klar sagen, dass „Masters of the Universe“ ein großartiges, kleines Stückchen 80s-Fantasy ist. Und das gilt nicht nur für die Szenen auf Eternia, die das volle Programm bieten – von Matte-Paintings über Laserstrahlen, Dauerbodennebel und Latexmasken.
Verstecken braucht der Film sich dafür nicht – klar, wäre geiler wenn dies nicht nur 20 Minuten, sondern 90 Minuten ausgefüllt hätte. Aber der Rest wird immerhin von einem absolut fantastischen Score von Bill Conti untermalt und einem genialen Frank Lengalla als Skeletor unterstützt – ohne Frage das schauspielerische Highlight des Films. Als deutscher Zuschauer bekommt man zusätzlich noch einen Hauch Brandt’schen Synchrons geboten…
„Hör’ zu. Sag’ nicht ich hätte dir keine Chance gegeben. Wenn das hier vorbei ist, wanderst du ins Gefängnis. Erstens: Anstiftung. Zweitens: Brandstiftung. Und, äh, irgend ’ne Stiftung wird mir noch einfallen!“
Auch die Umsetzung von Eternias Gruselkabinett mag gefallen – lediglich das Setting regt zum Schmunzeln an. Wenn Blade und Beast-Man in einer Turnhalle alles kleinschlagen, dann verfliegt jeder Hauch von Ernsthaftigkeit. Sofern es überhaupt ernst gemeint gewesen war. Schade ist hier, dass lediglich Beast-Man, Evil-Lyn und Blade es auf die Leinwand geschafft haben. Ein Trap-Jaw wäre ein Muss gewesen – so konnte man aber wenigstens eine neue „Masters“-Reihe mit eben neuen Charaktere zum Filmstart in die Spielzeugläden feuern. Und gebt es zu: wir waren alle scharf drauf. Also auf die Figuren, der Streifen ging mit einem Einspielergebnis von 15 Million Dollar (nicht inflationsbereinigt) leider baden – auch wenn es dank internationaler Video- und TV-Auswertungen wahrlich kein Flop gewesen ist, wie oftmals behauptet wird. Eine Fortsetzung war bereits in den Startlöchern…
Los Angeles Times (24.01.1988): „Laird Hamilton takes over Dolph Lundgren’s He-Man role in Cannon’s „Masters of the Universe II.“ Albert Pyun directs the sequel, which takes the superhero to Earth disguised as a football quarterback.“
Richtig gelesen, He-Man undercover als Quarterback. Ob das nun der richtige Weg gewesen wäre, sei einmal dahingestellt, aber die Arbeiten an der Fortsetzung waren bereits weiter fortgeschritten, als oftmals gedacht. Dolph wäre nicht mehr dabei gewesen, auch Regisseur Gary Goddard wurde durch die Nahkampfwaffe des amerikanischen Cyborg-Films ersetzt: Albert Pyun. Dieser hatte einen Deal mit Cannon. Und zwar sollte er zuerst „Spiderman“ und nebenbei „Masters of the Universe 2“ verfilmen. Die Sets und Kostüme zu beiden Filmen waren bereits gebaut, bis Cannon in Zahlungsschwierigkeiten geriet. Das Ergebnis: aus den fertigen Resten beider unfertigen Filme zimmerte Pyun seinen Endzeit-Kracher „Cyborg“ zusammen. Schade, denn was Pyun mit Minimalbudget im Fantasybereich alles herzaubern kann, bewies er bereits mit „Talon im Kampf gegen das Imperium“ (ich nehme die Quarterback-Story jetzt mal nicht allzu ernst).
Das Potential für einen großen internationalen Kassenschlager, hatte der Film allemal. Und vor dem Kinostart wurde er auch als solcher gehandelt. Es gab kaum ein Fachblatt, das nicht über den Filmstart vorab berichtete – und das obwohl „Masters of the Universe“ freilich auf einer Kinderserie basierte. Auch Cannon ließ keine Gelegenheit aus, den Film als großen Fantasy-Kracher zu promoten. Es hätte DER phantastische Blockbuster des Jahres werden sollen…
Interessant hierbei sind übrigens die Comic-Specials zum Film – rufen sie uns doch das eigentliche Potential der Story ins Gedächnis. Ersteres war Teil des offiziellen Poster-Magazins und erzählt etwas über die Vorgeschichte zum Film, wie Skeletor und seine Armeen Eternia versklaven. Hier sind bekannte Charaktere der Spielzeugreihe Teil der Handlung…
Die offizielle Comic-Adaption geht hier sogar noch weiter. Nicht nur gibt sie (natürlich) die Handlung des Films wieder, sondern bezieht sich auch auf Deleted Scenes, verworfene Story-Konzepte und stellt die Charaktere nach der Zeichentrickserie dar…
Dies weist u.a. auf die Vielseitigkeit der Vorlage hin – und was man mehr daraus hätte machen können. Ursprünglich war auch ein weitaus opulenterer Film geplant. Realistischer, düsterer – tief in den mythischen Ursprüngen der Vorlage verwurzelt. Vorallem die Konzeptzeichnungen von William Stout, die vor dem Drehbeginn angefertigt wurden, belegen dies…
„I knew I had to do some pretty major re-designs of the established characters for a number of reasons. Mattel had so many of those stupid, interchangeable limbs and bodies. You can’t repeat costuming like that in a film. It will make your movie look ridiculously cheap if you do. He-man’s appearance and haircut were quite dated and, frankly, lame. I couldn’t wait to get rid of his silly bangs. I wanted this film to kick ass, enchant and appeal to everyone — not just the little kids who owned the toys.
Mattel fought me on my re-design of He-man and I fought right back. I hired Jean Giraud to do a re-design of He-man. Jean came up with a brilliant concept, that He-man’s armor was improvised and made from high tech metal trash left on the battlefield. Mattel didn’t get it. Sadly, despite my best efforts, I had to compromise and create a design that was halfway between the old He-man and what Moebius had drawn. Idiots! Mattel’s management at that time was pretty clueless and fearful. They were quite adept at regularly snatching defeat from the jaws of victory.“
– William Stout im Interview mit MotuMovie.com
Das rechte Bild zeigt übrigens einen Charakter, der es nicht in den fertigen Film geschafft hat. Sein Name ist Worruck und er wäre ein weiterer Scherge Skeletors gewesen. Die Diskussion, welcher der zahlreichen Charaktere einen Auftritt haben soll, fand durchaus statt (nebenbei: Stinkor stand nie zur Debatte…). Es gab sogar hitzige Debatten zwischen Marvel und William Stout über das Design von Skeletors Kampftruppen. Stout befand, dass die fertige Version zu sehr nach den Stormtroopers in „Krieg der Sterne“ aussahen. Noch heute irritiert ihn das aus künstlerischer Sicht sehr. Ihm schweppte mehr ein Horde von Barbaren vor, die zwar alle ein einheitliches Design hätten, sich als Kampftruppe aber individuell unterschieden. Mit den fertigen Design der Kampftruppen ist nun eine Art Sci-Fi-Element im Film, das aus künstlerischer Sicht zu sehr heraussticht und seinen Platz innerhalb des Film-Designs nicht finden kann. Unrecht hat Stout damit nicht, aber dieses einheitliche Design ist aus produktiontechnischen Gründen (und ja – auch aus finanzieller Sicht) einfacher zu bewältigen zu wesen. Jeder Soldat Skeletors sieht nun gleich aus. Auf Individualität musste keine Rücksicht genommen werden. Dies war aber nicht nur der Engstirnigkeit Mattels geschuldet, die sehr genau über die Produktion wachten oder dem knappen Budget, welches von Cannon bereitgestellt wurde, sondern auch dem brutalen Termindruck dem der Film unterlag. Die „Masters“-Welle war bereits etwas am abebben, so war es im Interesse aller produzierenden Beteiligter den Film relativ schnell über die Bühne – oder eher auf die Bühne – zu kriegen. Stout war im Nachhinein selber überrascht, das aus der gesamten Produktion ein Film herauskam, der zumindest in sich geschlossen war, egal ob man nun die fertige Geschichte mochte oder nicht.
„The first thing would be to re-design the Stormtroopers so that they didn’t look like rip-offs of the Star Wars Stormtroopers. That’s an irritant every time I watch the film. I’d like a different score, one that didn’t sound exactly like the score to Superman. I would also push harder for better, more spectacular special effects. And, I’d have liked to have visually explored more of Eternia.“
– William Stout im Interview mit MotuMovie.com
Sogar She-Ra befand sich in einer frühen Drehbuchfassung und Stout fertigte für ihr Kostüm mehrere Konzeptzeichnungen an, die von Regisseur Goddard abgesegnet wurden. She-Ra musste aus dem Drehbuch wieder entfernt werden – ihr Charaktere hätte mehr Zeit auf Eternia bedurft, und dies wollte man aus finanziellen Gründen ja verhindern. Das Ziel war klar vorgegeben: Erde. Somit verpasst der Zuschauer zwangsweise die interessantesten Sehenswürdigkeiten von Eternis…
Leider schaffte diese Version von Eternia es nie auf die Filmleinwände. Zum Leid des Films selber. Denn die Zielgruppe, die Kinder, wollte natürlich Eternia zum Leben erweckt haben – und nicht die Erde. Sie wollten Trap-Jaw sehen, genauso wie Snake Mountain. Eben ein großes Fantasy-Spektakel, welches bei der Umsetzung (zumindest inhaltlich) keine Kompromisse eingehen musste – es aber dann sichtlich tat. Die Entscheidung den Großteil der Story auf der Erde spielen zu lassen, brach dem Film letztlich kommerziell das Genick, obwohl genau dies ironischerweise verhindert werden sollte.
Fatality:
„Masters of the Universe“ ist weitaus besser als sein Ruf – er ist ein kurzatmiger, unterhaltsamer 80s-Klopper, der für sich alleinestehend absolut überzeugen kann. Klar, für He-Man-Jünger verständlicherweise nicht das Optimum, aber alle Kinder der 80er können beruhigt auf Play drücken.
‐ Markus Haage
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