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Suicide Squad (USA, 2016)

verfasst am 16.August 2016 von Markus Haage

(© Warner Bros. Ent.)

Der dritte Film des DCEUs (DC Extended Universe) kommt nun in Deutschland in die Kinos. Wer die Veröffentlichung des Films in den USA verfolgt hat, wird mitbekommen haben, dass auch „Suicide Squad“ massiv polarisiert. Die Kritiken sind teilweise absolut vernichtend. Das Box Office spiegelt dies zwar nicht wieder, auch scheint das Publikum den Film weitaus wohlwollender aufzunehmen, dennoch ist es nicht der große Crowdpleaser, den sich Warner Bros. erhofft hatte. Neben einer turbulenten Produktionshistorie wurden nach mehreren Testvorführungen massive Nachdrehs vom Studio angeordnet. Warner erstellte sogar eine eigene Schnittfassung, die in Konkurrenz zum Cut von Regisseur David Ayer stand. Am Ende schien man einen Kompromiss gefunden zu haben, und diesen merkt man dem Film enorm an.

Harley und ihr Puddin‘
(© Warner Bros. Ent.)

Ich nehme für mich in Anspruch, dass ich die perfekte Zielgruppe für den Film darstelle. Eigentlich hätte „Suicide Squad“ bei mir gar nicht scheitern können, er tut es auch nicht vollends. Ich stehe radikalen Neuinterpretationen immer sehr offen gegenüber, liebe das große visuelle Kino, das bildgewaltige Epos, den exzentrischen Pop. Ayers frühere Werke, wie der zerstörerische Kriegsactioner „Herz aus Stahl“ (2014) oder die düstere 80er-Hommage „Sabotage“ (2011), besitzen bei mir einen sehr hohen Stellenwert. „Man of Steel (2013) als auch „Batman v Superman: Dawn of Justice“ (2016) haben mir unheimlich gut gefallen (auch wenn ich die gröbsten Kritikpunkte nachvollziehen kann, in beiden Filmen steckt inhaltlich mindestens eine Tri-, wenn nicht sogar Tetralogie). Eigentlich hätte alles passen müssen, aber irgendwie passt es doch nicht. Die Schauspieler sind großartig, die Backstories ihrer Charaktere ebenfalls. Das Set-Design ist fantastisch, die Inszenierung und Kameraführung klasse. Die visuellen Effekte kreativ, das Marketing erfrischend anders. Der Film besitzt unzählige Highlights und großartige Momente, aber eines eben nicht: Eine Struktur, die das alles elegant zusammenführt. All diese wundervollen Höhepunkte und auch die vielen kleinen tollen Details finden einfach nicht zusammen. Ayer beschrieb „Suicide Squad“ als „anarchistischen Pop-Punk-Film“. Das gefällt mir sehr gut, aber trotzdem sollte man auch einer anarchistischen Pop-Punk-Geschichte als Zuschauer folgen können. Wie bei kaum einen anderen großen Hollywood-Film wird deutlich, wie wichtig Pacing und Schnitt sind.

Ein Team ohne Zusammenhalt.
(© Warner Bros. Ent.)

„Suicide Squad“ ist irritierend strukturiert, die eingefügten Nachdrehs und die Einmischung des Studios machen sich enorm bemerkbar. Szenen werden inhaltlich wiederholt, manches wirkt redundant oder unausgegoren, zahlreiche Rückblenden eingefügt. Als Zuschauer fühlt man einfach, dass der Film nachträglich in ein anderes Korsett gezwängt wurde, in das er einfach nicht hineinpassen wollte. Viele Probleme, die durch die merkwürdige Erzählstruktur und den irritierenden Schnitt entstehen, hätten weitaus einfacher verhindert werden können. Als Beispiel: Amanda Waller, der Kopf des „Suicide Squads“, erörtert ihr Vorhaben, eben ein Team aus Schurken zusammenzustellen, um gegen übernatürliche Bedrohungen zu kämpfen, gleich mehrmals im Film. Zuerst bei einem privaten Meeting in einem Restaurant, dann vor dem US-Militär in einer geheimen Sitzung. Beide Szenen bestimmen die Einführung der Charaktere und sind inhaltlich fast identisch. Man hätte sie problemlos und elegant zusammenfassen können. Noch besser: Das Treffen mit der Regierung hätte das perfekte Story-Gerüst für die gesamte Geschichte darstellen können. Heißt: Der erste Auftrag des Squads wird aus der Sicht von Amanda Waller in Rückblenden erzählt. Aber all dies passiert nicht. Es kommt zu einer Aneinanderreihung von Szenen, die inhaltlich fast identisch sind, somit sehr redundant wirken, und bei der man einen echten roten Faden vermisst. Die Szenen an sich sind großartig, funktionieren aber in dieser teils rumpeligen Anordnung einfach nicht.

Ein Selbstmord-Kommando.
(© Warner Bros. Ent.)

Hinzu kommt ein zwar großartiger aber teils verwirrender Soundtrack. Alleine in den ersten fünf Minuten werden drei unterschiedliche klassische Pop- und Rocksongs angespielt, um von einer Szene zur nächsten überzuleiten und unterschiedliche Charaktere einzuführen. Großartige Idee, verwirrende Umsetzung. Dies durchzieht den ganzen Film und ist wohl der stärkste Verweis auf die Zerrissenheit des fertigen Produkts. Ayers düstere Vision wurde mit Warners poppigen Mainstream vermischt, obwohl beides zumindest in dieser Schnittfassung nicht kompatibel ist. Der Hintergrund dafür: Die Firma, die den enorm populären Januar-Trailer (mit Queens „Bohemian Rhapsody“) angefertigt hat, wurde von Warner daraufhin beauftragt, eine eigene Schnittfassung des Films zu erstellen, weil Warner aufgrund der extrem positiven Reaktionen auf den Trailer Angst hatte, dass der Film falsch beworben wurde. Ayers Version war wohl tatsächlich dreckiger und düsterer und weniger poppig und funny wie im Trailer. Die Musikstücke sollen wohl den Film nachträglich aufhellen, was aber nicht vollends funktioniert. Es zerreißt teilweise die Stimmung des Films und fühlt sich aufgezwungen an. In einer Szene zieht sich Harley Quinn vor versammelter Mannschaft um, dazu wird plötzlich ein Song von Eminem gespielt. Pfiffige Idee, aber sehr krude Umsetzung. Es wirkte so, als ob es an genug Kameraeinstellungen fehlte, um den Takt der Musik zu begleiten. Es wird deutlich, dass dies so nie geplant war. Abgesehen von der Tatsache, dass die Platzierung der Songs teilweise recht zufällig wirkt, sie entstammen eben nicht der ursprünglichen Vision.

Ebenfalls machen sich die angeordneten Nachdrehs bemerkbar. Es gibt eine inhaltlich wunderschöne Rückblende auf die Verhaftung von Deadshot (Will Smith) durch einen namhaften DC-Helden. Inhaltlich großartig, eine tolle Verknüpfung der DCEU-Filme und für den Charakter Deadshot ein tragisches Ereignis (warum, lasse ich offen …). Die Szene ist aber ebenfalls vollkommen platt geschnitten. Es baut sich keinerlei Tragik, keine Spannung, kein Drama auf. Es wirkt einfach nur hineingesetzt, als würde man etwas abarbeiten wollen. Es fehlt jedwede erzählerische Eleganz.

Der heimliche Star des Films: Harley Quinn.
(© Warner Bros. Ent.)

In „Suicide Squad“ steckt ein ganz, ganz großartiger Film. Eine wilde, verrückte, eigenwillige, unglaublich kreative und innovative und teils überraschend tragische Comicverfilmung, die man lieben und nochmal und nochmal sehen möchte. Ein Film, der es eigentlich verdient hätte, das Genre Comicfilm zu revolutionieren. Nur wird dieser Streifen durch einen vollkommen irritierenden Schnitt zerstückelt. Ich hoffe, dass man für „Suicide Squad“ ebenfalls einen Ultimate Cut anfertigt. Dafür müsste der Film allerdings grundsätzlich neu strukturiert und geschnitten werden. Den Kinobesuch empfehle ich trotzdem, weil „Suicide Squad“ viele tolle Elemente und fantastische Momente besitzt. Die Charaktere, die Schauspieler, das Setdesign, die Kamera, die Musik, die Zusammenführung des DCEUs, aber … es fehlt einzig und allein an einer erzählerischen Struktur, einem roten Faden, der das alles elegant zusammenführt.

Es ist ein wunderschönes Chaos. Aber dennoch ein Chaos.

Markus Haage

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Mein Name ist Markus Haage, Chefredakteur und Herausgeber vom Neon Zombie-Magazin. Es gibt nicht sonderlich viel spektakuläres über mich zu erzählen. Ich führe ein sehr langweiliges Leben. Aber falls es doch jemanden interessiert, freue ich mich immer über einen Besuch meiner Website www.markus-haage.de! Danke im Voraus!