„All ihre elektrochemischen Reaktionen wurden beschleunigt! Die Hirnströme und Synapsen - selbst im Ruhezustand! Ihre Muskeln, sowie ihr Knochengewebe, verändern sich dabei.“
Wuuuuuuuuuuusssccccchhhhhhh! Weg isser…
Der gute Barry arbeitet als Chemiker bei der Polizei von Central City. Sein Beruf darf als äußerst spannend bezeichnet werden, ist er doch derjenige, der mit seinem Sidekick-Buddy und Assistenten Julio üble Missetäter mit der Macht der Wissenschaft zur Strecke bringt. Quasi eine Art Pre-Millenium-CSI. Bloß ohne flashiges Intro („YEEEEAAAAAAAHHHHHHHHHH! We won’t get fooled again!“). Flashiges Intro? Woho. Na, wenn das Mal nicht als perfekter Übergang herhalten kann. Wohin – zur eigentlichen Handlung! Der gute Barry schwingt die Reagenzgläser, als plötzlich ein Blitz in sein Labor einschlägt, der ihn mit voller Breitseite erwischt. Als ob das noch nicht reicht, donnert er mit den Rücken in eine Schrankwand voller Chemikalien. Der erfahrene Leser wird nun wissen was passiert – irgendwie, gegen die Gesetze der Natur, hat Barry nicht nur die Doppelattacke einer eigentlich tödlichen Kombination aus Naturgewalt und chemischen Spielereien überlebt – nein – es hat ihn auch noch Superkräfte verliehen! Naja, ne. Eigentlich nur singular: Superkraft.
Barry mutiert quasi zum schnellsten Menschen der Welt, in weniger als drei Sekunden kann er nun die Schallmauer durchbrechen. Hat Vorteile, hat Nachteile. Vorteil: er ist immer der Erste am Kuchenbüffet. Der Haken an der Sache: seine Kleidung durchbricht die Schallmauer nicht mit. Also holt er die Wissenschaftlerin Christina mit an Bord, die einzige Person, die sein Geheimnis kennenlernen wird. Sie wird zu seinem Butler Alfred und versorgt ihn mit einem sowjetischen Taucheranzug, den sie den ollen Kommunisten einfach stibitzt hat (egal, der Ostblock war damals eh schon am zusammenbrechen). Dieses formschöne und hautenge Kostüm hält, was es verspricht. Barry kann von nun an um alle Ecken flitzen – ohne dabei am Ende nackt dazustehen.
„All ihre elektrochemischen Reaktionen wurden beschleunigt! Die Hirnströme und Synapsen – selbst im Ruhezustand! Ihre Muskeln, sowie ihr Knochengewebe, verändern sich dabei.“
Aber natürlich besitzt ein Otto Normalverbraucher nicht einfach nur so zum Spaß seine Superheldenkräfte, wenn er sie nicht auch im Kampf gegen das Böse einsetzen könnte. Hier gegen die Riders, eine Motorradgang, die die Herrschaft über Central City übernehmen will. Grundsätzlich schreckt sie vor nichts zurück – nicht mal vor der Liquidierung hochrangiger Polzeibeamter, so auch Barrys Bruder (und das ist immerhin Tim Thomerson – hat in seiner B-Film-Vergangenheit bereits die Trancers niedergerungen).
„Hört mal alle her – Central City geht kaputt! Die Straßen sind wie leergefegt. Und die Menschen zittern vor Angst. So wie ihr früher. So spielt das Leben. und die Bullen, sagen sie, beschützen ihre Bürger. Haben sie euch beschützt? Nein. Gaben sie euch was zu essen? Eine Unterkunft? Oder wenigstens Hoffnung? Sie haben euch frieren und hungern lassen und euch in die Gosse gestoßen! […] Ich hab euch allen versprochen, wenn die Stadt und die Bullen keinen Widerstand mehr leisten, kriegt ihr alle euren fairen Anteil. “
Jetzt hat unser Held auch die richtige Motivation, um ins Geschehen einzugreifen und seine neugewonnene Kräfte für das Gute einzusetzen. Er will nicht nur Rache für seinen Bruder, sondern Central City auch von allem Bösen säubern. Um ein Zeichen zu setzen, hat er sich auch gleich mal an den Schreibtisch gesetzt und ein Zeichen entworfen…
Ja, doch. Das weiß zu imponieren. Sein sowjetischer Taucheranzug wird angepasst und – wuuuusssccchhhhh – schneller als der Schall, geht’s auf Verbrecherjagd. Wo immer sich das Gesindel verstecken mag, Flash wird sie finden.
1990, auf dem Gipfel der Bat-Mania in den USA, entschied sich der TV-Sender CBS, auf den Superhelden-Zug aufzuspringen und eine Serie um einen der beliebtesten Comicheros aus der hinteren Reihe zu kreieren: The Flash, in Deutschland auch als Roter Blitz bekannt (seitdem Dino den Charakter hierzulande vermarktet, nur noch als Flash, anfänglich, in den 1960ern, sogar als Blitzman bekannt). Wie erwähnt, zählt Flash nicht zwingend zur Elite der übernatürlichen Helden, dennoch ist sein Charakter bekannt und beliebt genug, um nun seit sechszig Jahren in unterschiedlichen Formen Jagd auf das Verbrechen zu machen, entweder allein oder im Team, als Comicstrip oder Zeichentrickserie. Entstanden ist er bereits im Jahre 1940 für DC Comics. Gardner Fox heißt sein Schöpfer, dessen künstlerisches Schaffen natürlich nicht nur den Flash umfasst. Auch für die Kreation von zahlreichen weiteren DC-Helden (wie etwa Sandman, Hawkman und die Justice Society of America), zeichnet er sich verantwortlich. Aber Flash sollte seine wohl wichtigste und bedeutendste Kreation bleiben. Interessant an diesem Charakter ist vor allem seine Evolution, denn Flash wurde nicht einfach nur alle paar Jahre erneuert, sondern neue Männer schlüpften in sein Kostüm. Zu den Haupt-Flashs (wenn man sie so nennen möchte) zählen Jay Garrick (das Original), Barry Allen und Wally West.
Für die TV-Adaption entschied man sich den Charakter Barry Allen zu übernehmen, der in den Comics ebenfalls als Chemiker bei der Polizei arbeitet. Seine Entstehungsgeschichte wurde in den Grundzügen fast 1:1 aus den Comics übernommen und eben diese behandelt vorliegender Pilotfilm. Interessanterweise wird der Pilot nicht nur bei der IMDB und OFDB als eigenständiger Film gewertet. In zahlreichen Ländern wurde der Pilot gar als wirklicher Spielfilm veröffentlicht. Zwar schaffte er nicht den Sprung in die Kinos – so wie man es bei der Spiderman-Serie aus den 70ern tat – aber als Video-Premiere zog er Einhalt in die Hallen der VHS-Kassetten. Und dies auch mit Erfolg. Der Video-Erfolg der Produktion veranlasste CBS dazu weitere Folgen der Serie zusammenzuschneiden und als Fortsetzungen zu veröffentlichen. Warner Home Video schmiss „Flash II – Die Rache des Tricksers“ (Zusammenschnitt der Episoden 11 und 21) auf den Markt, während Screen Entertainment später einen dritten Teil veröffentlichte.
Kenner der Materie werden hier sicherlich Mark Hamill entdecken – bei den Bösewichtern setzte man zweifelsohne auf erfahrene Genregrößen. So darf später gar Sven Ole Thorsen als Omega dem roten Blitz das Leben schwer machen. Aber Hamill als Trickser wurde zum Erzfeind des Flashs aufgebaut, da dieser auch den finalen Gegner im Staffelabschluss darstellte. Leider blieb es nur bei einer Staffel – obwohl die Serie erfolgreich gewesen war. Das Manko stellten aber die hohen Produktionskosten dar. Alleine der Pilotfilm verschlang 6,5 Millionen Dollar (nicht inflationsbereinigt). Das Ziel der Produzenten war es eine düstere, realistische Serie zu produzieren, die man glaubwürdig auf die Mattscheibe transportieren konnte. Natürlich mussten Abstriche gemacht werden, denn die Hauptzielgruppe waren nun einmal Kinder und Jugendliche. Dennoch braucht sich das Resultat in seiner Umsetzung auch 20 Jahre nach der Veröffentlichung nicht zu verstecken.
„Flash – Der rote Blitz“ gehört zweifelsohne zu den besseren TV-Adaptionen. Man merkt das hier ein paar Millionen investiert wurden – und dies zeigt sich nicht nur an Danny Elfmans Score. Dennoch versucht der Pilotfilm zu oft die Welt, die er erschaffen will, auf die Schippe zu nehmen. Alltägliche Gas werden eingestreut, die Mythologie in realistische Settings verfrachtet. Man braucht aber eine gewisse Distanz zu den Thema – ohne sich dabei allerdings von der eigenen Welt zu distanzieren. Bedeutet: die Motorradgang Riders könnte so in der Realität natürlich nicht existieren. Es wäre absurd anzunehmen, dass eine Gang aus Rockern, die sich ein unterirdisches Habitat aus Sperrmüllresten und Leuchtreklamen geschaffen hat, von dort aus unerkannt eine Stadt übernehmen kann. Also kann man sie nicht in eine realistische Welt verfrachten, sondern muss sie in die Comic-Stadt Central City verfrachten. Wenn man dies aber tut, muss man sie wiederum ernst nehmen und als wirkliche Bedrohung aufbauen. Sonst funktioniert die Geschichte und das Kernelement eines Superheldenfilms – der simple Kampf Gut gegen Böse – einfach nicht. Zugegeben: hier die richtige Balance zu finden, ist nicht gerade sehr einfach und größtenteils schafft der Film es auch. Dennoch gibt es genug Momente, an denen einfach die Grenzen einer TV-Produktion aufgezeigt werden. Trotz des hohen Budgets, konnte für das Fernsehen keine comichafte Welt erschaffen werden, so wie Burton es in „Batman“ tat. So wirkt der Film und der Rest der Serie etwas unausgegoren und zerissen. Irgendwie unfertig.
Fatality:
„Flash – Der rote Blitz“ stellt eine durchweg unterhaltsame TV-Produktion dar, die wirklich versuchte einen Comichelden auf die Mattscheibe zu pressen. Und zwar in überzeugender und nicht überzogener Form. Dies ist größtenteils gelungen und so kann der Pilotfilm als auch die Serie (im Kontext der Produktionszeit) nicht nur funktionieren, sondern sich auch von vielen anderen TV-Adaptionen der damaligen Zeit weit abheben. Dennoch zwingt das Budget den Film in ein Format, in dem es einfach nicht hineingehört. Es ist sehr schade, dass wirklich nicht mehr aus der Serie geworden ist. Ob man als Filmfan die Serie nun kennen muss, sei mal dahingestellt. Als Freund des phantastischen Kinos ist sie zweifelsohne einen Blick wert, für Fans des DC-Universums wohl Allgemeinbildung.
‐ Markus Haage