Derzeit arbeitet Regisseur Todd Phillips an einem neuen Joker-Film, der auch den schlichten Titel „The Joker“ tragen wird. Die Dreharbeiten haben in New York bereits begonnen. Joaquin Phoenix wird den tragischen Charakter Arthur spielen, der sich letztlich in die Comic-Ikone verwandeln wird. Es ist somit ein Origin-Film. Die Entstehungsgeschichte des Jokers wird gezeigt. Oder zumindest eine Entstehungsgeschichte. Es ist eine Neuinterpretation des Charakters.
Die ersten Bilder, die durch das Netz geistern, spalten bereits die Fangemeinde. Dies war zu erwarten. Ein solch ikonischer Charakter steht bei einer Neuinterpretation immer im Fokus der Debatte. Auch Heath Ledgers Version wurde anfangs online zerrissen und gilt mittlerweile als Kult. Ledger brachte seine Darstellung posthum sogar einen Oscar ein. Bei Tim Burtons „Batman“ (1989) war es übrigens auch nicht anders, so dass sich Warner Bros. sogar dazu gezwungen sah, fix einen ruppigen Trailer für die Kinos zusammenzuschneiden, um die Gemüter zu beruhigen (falls sich irgendwer fragt, warum der Original-Trailer so irritierend unfertig wirkt).
Damals fand die Diskussion aber noch über Leserbriefe in Zeitschriften statt. Heute in den sozialen Netzwerken. Ohne jeglichen Filter. Hier stand Hauptdarsteller Michael Keaton noch in der Kritik der Fans.
Deswegen gleich eines vorweg: Es existiert nicht der eine Joker. Es existierten schon immer zahlreiche unterschiedliche Interpretationen. Davon lebt die Figur auch. Mark Hamills Joker in der populären Animationsserie der 90er lässt sich wohl nur sehr schwer auf die Leinwand übertragen. Cesar Romeros Interpretation aus der komödiantischen 60er-Serie kam in vielen Momenten dem Prankster-Charakter der Comicvorlage der 50er sehr nahe, während Jack Nicholsons Joker eben Romeros Version wiederum auch referenzierte. Heath Ledger erfand den Charakter neu, genauso wie es Alan Moore mit dem wegweisenden und äußerst populären Graphic Novel „The Killing Joke“ tat. Wer ist also der Joker? Es gibt ihn eigentlich nicht. Man kann ihn nicht auf eine Interpretation reduzieren. Möchte man es auf ein Original herunterbrechen, so müsste man wohl die Comicvorlage aus den späten 1940ern bis 1960ern nehmen. Hier war der Joker unter anderem auch ein infantiler Spaßvogel, der vor allem Chaos stiftete. Zu Beginn der 1940er war er aber durchaus schon ein geisteskranker Schurke oder Gangster, der auch vor Mord nicht zurückschreckte. Der Joker entwickelte sich also stetig weiter, teils in komplett unterschiedliche Richtungen. Davon lebte die Figur schon immer. Und dies macht auch ihren Reiz aus und fordert die Kontroverse regelrecht heraus.
Bei Joaquins Joker ist es nun natürlich nicht anders. Die Spypics, die ihn in voller Montur zeigen, werden allerorts bereits heiß diskutiert. Manch einer lehnt sie mit harschen, teils beleidigenden Worten ab. Kontext ist allerdings immer wichtig. Die Spypics repräsentieren nicht zwingend den Film. Eine Performance als auch ein Design ist immer in ein audiovisuelles Gesamtkonzept eingebettet. Gestik, Mimik, Reaktionen, Dialoge, Beleuchtung, Ton, Filmmusik, Schnitt, Farbkorrektur – all dies spielt eine bedeutende Rolle bei der Erschaffung eines Charakters. Zum jetzigen Zeitpunkt wissen wir nicht einmal, ob der neue Film die phantastischen Elemente der Vorlage überhaupt respektiert oder aber ein drastisch realistisches Setting wählt.
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— Geek Vibes News 📰 (@GeekVibesNews) 22. September 2018
Des Weiteren muss man anerkennen, dass „The Joker“ eben ein Originfilm ist. Sogar Flyer zur Wahl von Thomas Wayne als Bürgermeister sollen am Set gefunden wurden sein. Würde bedeuten: Thomas Wayne lebt und somit ist Bruce Wayne, auch bekannt als Batman, noch ein Kind. Batman Geburtsstunde ist die Ermordung von Thomas Wayne vor den Augen des jungen Bruce. Batmans Nemesis im klassischen Sinne kann noch gar nicht existieren. Seine Entwicklung beginnt erst. Ein erstes Video vom Dreh ist bereits aufgetaucht.
Vom Setdesign ist darauf zu schließen, dass der Film in den 1980er-Jahren angesiedelt ist. New York City dient als Kulisse für Gotham City. Mich erinnern die Bilder von Joaquin Phoenix ohne Joker-Make-up unweigerlich an Martin Scorseses Meisterwerk „Taxi Driver“ (1979). „The Joker“ besitzt auch nur ein Budget von 50 Millionen US-Dollar. Sehr wenig, gemessen an der Bedeutung der Figur. Ich sehe hier einen verhältnismäßig kleinen, dreckigen Independentfilm, der den Wandel eines verschrobenen Einzelgängers zu einer Verbrecherikone zeigt. Robert De Niro wird übrigens auch mitspielen. Im Anhang ein paar Szenenbilder aus „Taxi Driver“, die die psychopathische Hauptfigur Travis zeigen. Wie erwähnt, sehe ich hier (basierend auf dem derzeitigen Material) gewisse Parallelen zu Joaquin Phoenix‘ Joker.
Persönlich freue ich mich unheimlich auf diese Neuinterpretation, die übrigens nicht im Zusammenhang mit dem DCEU („Wonder Woman“, „Suicide Squad“, „Man of Steel“) stehen soll. Kinostart ist bereits im Herbst 2019.
‐ Markus Haage
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