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„Predator 2“ (USA, 1990)

verfasst am 10.August 2018 von Markus Haage

(© 20th Century Fox Film Corp.)

Zehn Jahre nachdem der Jäger im kolumbianischen Dschungel gewütet hat, kehrt er zurück, um diesmal im Großstadt-Dschungel eines futuristischen Los Angeles kurz vor dem gesellschaftlichen Verfall zu jagen. Diese Jagd stellt eine bis heute vollkommen unterschätze Fortsetzung dar, die von ihrer Ausrichtung her vielleicht zu den besten ihres Genres gehört …

Los Angeles im Ausnahmezustand: Nicht nur eine Hitzewelle hält die Stadt der Engel fest im Griff, sondern auch ein immer weiter eskalierenden Krieg zwischen verfeindeten Drogenbanden. Die Stadt der Engel hat sich in der Zukunft in einen Moloch verwandelt. Zudem findet eine bestialische Mordserie statt. Menschen werden gehäutet aufgehängt. Was zuerst wie eine wahllose Serie von Morden unter verfeindeten Banden aussieht, entpuppt sich sehr schnell als Jagdritual des außerirdischen Predators.

Kriegszone Los Angeles.
(© 20th Century Fox Film Corp.)

Nur drei Jahre nach der Premiere von „Predator“ (1987) veröffentlichte 20th Century Fox am 21. November 1990 die Fortsetzung in den US-amerikanischen Kinos. Teil 1 entwickelte sich zu einem überraschenden Hit, so dass ein Sequel nur eine Frage der Zeit darstellte. Aufgrund der teils schwierigen Produktion des ersten Teils, bei der das gesamte Design des Predators geändert und der Dreh zeitweise gestoppt wurde, mag dies rückblickend überraschen. Doch mit Produzent Joel Silver saß ein Branchenprofi am Hebel, der ein genaues Gespür für das Publikum besaß. Er wusste, dass eine frühzeitige Fortsetzung, gerade im Zeitalter der boomenden Heimmedien, die eine gewisse Langlebigkeit eines filmischen Produktes sicherstellten, einen garantierten Hit bedeuten würde. Was er sicherlich nicht ahnte, war, dass mit „The Predator“ (2018) auch mehr als dreißig Jahre nach Teil 1 der nunmehr sechste Film dieses Universums, welches zudem zahlreiche Comics, Romane und Videospiele hervorbrachte, in den Kinos starten würde. Mit „Predator“ erschuf er als Produzent eine moderne Ikone des Horrorfilms, die von Ruhm und Rang nur mit den klassischen Monstern der Universal Monster Movies gleichzusetzen ist. Zu verdanken ist dies natürlich auch dem Design des außerirdischen Jägers, welches, wie erwähnt, von Stan Winston während des Drehs zum ersten Teil komplett überarbeitet wurde. Winston erklärte sich auch für die Effekte in der Fortsetzung bereit, und nutzte dies, um die Welt des Predators massiv auszubauen.

Ein bisschen Futurismus im Detail: Die Waffe von Danny Glover.
(© 20th Century Fox Film Corp.)

„Predator 2“ ähnelt strukturell dem ersten Teil sehr. Dies bedeutet allerdings nur, dass der Zuschauer auch das erhält, was er erwartet. Eine neue Jagd wird eröffnet. Was Teil 1 auszeichnete, wird respektiert, aber mit einem fantastischen Twist versehen. Denn so sehr man auf das Altbewährte setzte, so sehr war man bemüht dieses in ein vollkommen anderes Setting zu verlegen und diesem dadurch neues abzuringen. Aus dem Dschungel Kolumbiens geht es nun in die Großstadt von Los Angeles. Unter Berücksichtigung der Mythologie des ersten Teils wird eben diese nun massiv ausgebaut. Anstatt Arnold Schwarzenegger in den Film zu zwingen, entschied man sich folgerichtig eine neue Geschichte an einem neuen Ort mit neuen Charakteren zu erzählen, ohne dabei die Ereignisse des ersten Teils zu ignorieren oder gar zu revidieren. Ganz im Gegenteil sogar. Diese finden prominent Erwähnung. Somit wird endgültig eine eigene Welt, ein eigener Mythos erschaffen, die vertraut wirkt, deren Regeln etabliert sind, ohne dass sich die Geschichte nur wiederholen würde. Natürlich ist der Predator weiterhin der Jäger, der seinem Ritual folgt. Aber das neue Setting und die neuen Charaktere zwingen auch ihn zum umdenken. Er muss sich seiner neuen Umgebung anpassen. Und seine Beute? Sie sieht sich nicht mehr als reines Opfer. Die Präsenz des Predators ist den Menschen (im Geheimen) bewusst. Die ersten Gegenmaßnahmen werden ergriffen, auch wenn diese fehlschlagen. Mit der Einführung einer Geheimorganisation der Regierung, die den Predator selber jagt, ringt man der Geschichte vollkommen neue Aspekte ab, ohne aber eben das Vertraute zu verlassen. Im Kontext einer Fortsetzung ist dies fast schon als genial zu bezeichnen. Sehr ähnlich ging übrigens auch James Cameron in „Aliens – Die Rückkehr“ (1986) oder „Terminator 2 – Tag der Abrechnung“ (1991) vor. Auch die Mythologie des Predators wird massiv aber subtil erweitert. Nicht nur führt man weitere Predator ein, die sich vom Aussehen im Detail unterschieden, auch verweist das Innere ihres Raumschiffes auf ein weitaus größeres Universum. Die Erde ist nur eines von vielen Jagdrevieren. Sogar ein Alien-Schädel hängt in der Trophäenkammer der Predatoren. Was als Gag gedacht war, wurde von Fans genauestens wahrgenommen und entwickelte sich zu einem eigenen Universum mit Kinofilmen, Games und Comics weiter.

Immer den Überblick behalten.
(© 20th Century Fox Film Corp.)

Trotz der vielen und zahlreichen Details, die im Hintergrund eingestreut sind und die Welt des Films so drastisch erweitert, konzentriert sich Regisseur Stephen Hopkins erzählerisch auf das Wesentliche. „Predator 2“ ist ein stringenter Film, der den Fokus der Haupthandlung nie verliert. Es existieren kaum echte Nebenhandlungen. Im Mittelpunkt steht die Jagd auf den Jäger. Dennoch erhalten alle bedeutenden Nebencharaktere genug Spielraum, damit sie nicht als bloße Staffage gelten. Sie bereichern die Handlung, treiben diese voran und tragen dazu bei den Hauptcharakter und die Welt, in der sie sich alle befinden, zu definieren. Im Grunde perfektes (vertikales) Storytelling wie aus dem Lehrbuch. Die Charaktere dienen der Handlung. Möchte man inhaltliche Kritik üben, so sollte man sicherlich darauf hinweisen, dass manch ein Fan den Humor monieren mag. Der komödiantische Anteil wirkt teils etwas zu hoch oder zumindest deplatziert. Diesem Vorwurf kann man wohl nicht vollends widersprechen, allerdings treten die einzelnen Gags im Kontext der jeweiligen Szene nie störend in Erscheinung, eher ihre Anzahl. Vielleicht diente diese auch nur dazu, die doch für damalige Verhältnisse recht krassen Gewaltdarstellungen für eine Studioproduktion auszubalancieren. Bei der Erstprüfung durch die US-amerikanische Freigabebehörde MPAA erhielt der Film noch ein NC-17-Rating, was de facto den Vertriebstod darstellte. Für ein hartes R-Rating musste „Predator 2“ heruntergeschnitten werden. Noch heute hoffen Fans auf ein Release des Unrated-Cuts. In diesem Zusammenhang sind die erheiternden Momente wohl auch besser einzuordnen. Denn „Predator 2“ schockiert (im zeitgenössischen Kontext) nicht nur durch grafische Gewalt, sondern auch durch die Darstellung der Welt des Films, die sehr tief mit der Realität verwoben ist.

Los Angeles in der nahen Zukunft: Kurz vor dem Bürgerkrieg.
(© 20th Century Fox Film Corp.)

Rückblickend ist es spannend zu betrachten, wie überhöht aber deswegen auch präzise der Film die sozialen und kulturellen Konflikte der Metropolregion Los Angeles zeichnete. In den 1970er- und 80er-Jahre galt New York City als die Hauptstadt des Verbrechens. Armut, Umweltzerstörung, Verwahrlosung und Niedergang assoziierte man mit dem Big Apple, während Los Angeles als noch relativ junge Stadt enorm von seiner glänzenden Vergangenheit der 1930er- und -40er-Jahre lebte. Natürlich wurde diese glorifiziert, aber prägte eben das allgemeine Bild der Stadt. Das beheimatete Hollywood half hierbei natürlich mit. Doch in den 1990er-Jahren drehte sich dies komplett. Während New York City durch eine rigide und harte Säuberungspolitik nicht nur das Stadtbild radikal änderte, sondern auch die Verbrechensrate drastisch senken konnte, galt Los Angeles fortan als neue amerikanische Hölle. Auch einer der Gründe warum John Carpenter sein Sequel „Flucht aus L.A.“ (1996) eben in die kalifornische Metropole verlegte. Los Angeles war wiederum geprägt von Bandenkriegen, Rassenunruhen, einer ausufernden Kriminalität als auch der Masseneinwanderung von vor allem Bevölkerungsgruppen aus Mittelamerika sowie Südost-Asien. All dies spiegelt „Predator 2“ wieder. In einigen Darstellungen ist der Film fast schon prophetisch. So eröffnet er mit einer bürgerkriegsähnlichen Situation, die von der Darstellung her durchaus an die sogenannten L.A. Riots von 1992 erinnert. Diese dauerten über mehrere Tage an und forderten mehr als 53 Menschenleben. Erst der Einsatz der Nationalgarde und des Militärs konnten die Unruhen niederschlagen. Das martialische Kriegsgerät der Polizei im Film deckt sich übrigens auch mit der Militarisierung der heutigen US-amerikanischen Polizei. Los Angeles wird im Film somit als brodelnder Melting Pot dargestellt, der kurz vor der Explosion steht. Die Polizei ist vollends überfordert. Der Staat hat die Kontrolle verloren. Angeheizt wird diese Situation von den erwähnten Gangs, die sich einen regelrechten Krieg untereinander leisten. Auch dies geht aus der Realität hervor. Der Drogenkrieg der 1980er-Jahre schwappt nun auch in das Land der Drogenkonsumenten über.

Sogar die Klimaerwärmung spielt eine Rolle. So ist es die Hitzewelle, die den Predator in die Stadt treibt. Ein pfiffiger Aufhänger, der auf der im ersten Teil in einem Nebensatz etablierten Mythologie beruht, dass der Predator immer nur in den heißen Sommern kommen würde. Diese Hitzewelle stellt hier nun die klimatische Normalität dar. So bettete man das Auftreten des Predators sehr elegant in den Film ein, und verwebte dies mit realen Sorgen und Ängsten. Der Klimawandel spielt auch heute noch eine gewaltige Rolle, doch 1990 kurz vor Abschluss des Kyoto Protokolls, wurde es den meisten (leider nicht allen) Menschen erst bewusst, was dieser bedeuten kann. Das aufkommende Reality-TV wird im Film ebenfalls berücksichtigt und in seiner Darstellung kommentiert. Gierige Journalisten lauern der Polizei stetig auf und versuchen auf sensationalistische und reißerische Art und Weise live von jedem Tatort zu berichten. Je höher die Opferzahl, desto höher die Quote. Im Mittelpunkt steht hierbei der Moderator der fiktiven Sendung Action News, der den Protagonisten auf Schritt und Tritt verfolgt. Nicht nur dass dieses Format an die Reality-TV-Show „Cops“ (1989–) erinnert, die im Produktionsjahr des Films ihr Debüt feierte, sondern dieser Moderator wird zudem von Morton Downey Jr. gespielt, der in den 1980er-Jahre auch die „The Morton Downey Jr. Show“ (1987–1989) moderierte. Eine zwar kurzlebige Talkshow, die allerdings als Pionier des Trash-Reality-TVs gilt. Downey Jr. persifliert sich und seine Medienwelt im Grunde selber.

Der finale Kampf über den Dächern L.A.s..
(© 20th Century Fox Film Corp.)

Trotz dieses, nennen-wir-es-mal überhöhten Realismus gibt sich der Film dennoch zahlreichen Klischees bekannter Cop-Filme der 1980er-Jahre hin. Überfüllte Reviere, verqualmte Büros, schreiende Vorgesetzte, Dealer und Prostituierte in Polizeigewahrsam – selbst die Dienstmarke muss unser Protagonist abgeben, so wie es zahlreiche Film-Kollegen der 80er auch schon tun mussten. Diese Zelebrierung von Klischees wirkt aber nicht aufgezwungen. Es passt zu der Welt, in der der Film spielt. So wie Teil 1 klassische Kriegsactioner mit dem Sci-Fi-Genre vermischte, so tut die Fortsetzung dies nun mit den Buddy-Cop-Movies der 80er. Wie kreativ „Predator 2“ hier aber vorgeht, lässt sich an der kompletten zweiten Hälfte des Films erkennen. Nach rund fünfundfünfzig Minuten kennt der Film kein Halten mehr. Eine wahre Tour de Force beginnt, die auch dem Zuschauer nur wenige Atempausen gönnt. Von der U-Bahn geht es in ein Kühlhaus bis rauf auf die Dächer von Los Angeles. Eine wahre Hetzjagd, die aber inszenatorisch immer die Eigenheiten jeder Location berücksichtigt und kreativ einbindet.

Untermalt wird dies zudem von Alan Silvestris hämmernder Filmmusik, die den Zuschauer auch akustisch fordert und vorantreibt und natürlich die Komposition aus Teil 1 berücksichtigt, wodurch eine wunderbare auditive Verbindung zum ersten Teil entsteht. Vielleicht ist dies auch der Grund für den Erfolg des Films. Denn neben Joel Silver als Produzent, kehrten Alan Silvestri als Komponist, Stan Winston als SFX-Artist sowie die Brüder Jim und John Thomas als Drehbuchautoren zurück. Sie erschufen den Predator und führten dessen Geschichten brillant weiter. Ihre ursprüngliche Idee für eine Fortsetzung so übrigens vor, dass die Handlung während des Zweiten Weltkriegs spielte, und zwar bei der Schlacht in den Ardennen. Ein versprengter Trupp aus US-Army- und Wehrmachtssoldaten hätte sich zusammen tun müssen, um den Predator zu bekämpfen. Im fertigen Film gibt es nur am Ende einen charmanten Verweis darauf, dass die Predator schon seit Jahrhunderten auf der Erde jagen. Ihr Anführer übergibt Danny Glover als Siegestrophäe eine Pistole aus dem 18. Jahrhundert. Es bleibt zu bedauern, dass Jim und John Thomas als Schöpfer der Filmserie an keinem weiteren Teil mehr mitarbeiten konnten.

„Predator 2“ ist als erste Fortführung der Reihe ein Paradebeispiel dafür, wie ein Sequel die Welt und Mythologie des Vorgängers ausbauen, erweitern und gleichzeitig respektieren kann, ohne diese aber zu verändern oder redundant wirken zu lassen. Vielleicht eine der besten Fortsetzungen des Genres.

Markus Haage

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Mein Name ist Markus Haage, Chefredakteur und Herausgeber vom Neon Zombie-Magazin. Es gibt nicht sonderlich viel spektakuläres über mich zu erzählen. Ich führe ein sehr langweiliges Leben. Aber falls es doch jemanden interessiert, freue ich mich immer über einen Besuch meiner Website www.markus-haage.de! Danke im Voraus!