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Arrow Video, Shout! Factory und Co.: Import-Releases erobern den deutschen Sammler-Markt

verfasst am 28.Januar 2019 von Markus Haage

Ein britisches Release hat ein neues Heim in München gefunden. Der grenzenlose Warenverkehr macht es möglich.
(© Renato N.)

Es stellt mittlerweile schon mehr als nur ein Nischen-Phänomen dar und es ist interessant mitzuerleben, wie drastisch sich der deutsche Heimmedien-Markt (auch im Genrebereich) verändert. Dank der für den Warenverkehr grenzenlosen EU scheinen immer mehr deutsche Sammler auf Import-Releases zurückzugreifen. Und bei der Auflagenhöhe von so manchem Film, könnte dies von den ausländischen Labels sogar einkalkuliert sein. Vor allem britische Releases scheinen hierzulande immer populärer zu werden. Es ist schwierig genaue Zahlen zu nennen, denn die Verkäufe ins Ausland werden von ausländischen Labels kaum öffentlich beziffert. Ich halte diese aber mittlerweile für signifikant genug, um sie als ernsthafte Mitbewerber einzustufen. Bei den Dreharbeiten zu „Another WolfCop“ im Februar 2016 fragte mich sogar ein befreundeter Regisseur, der als Statist auftrat, explizit nach dem deutschen Sammlermarkt. Warum eben die Deutschen so viele Special Editions zu solch hohen Preisen kaufen. Es ging hier wohlgemerkt nicht um deutsche Veröffentlichungen. Er hörte von diesem Phänomen wohl von einem britischen Nischenlabel, welches unbedingt die kompletten EU-Rechte an seinem Independent-Film haben wollte, während er selber gleichzeitig mit einem deutschen Label verhandelte. Heißt: Das britische Label hat wohl auf den deutschen Nischenmarkt geschielt. Ich wertete dies zumindest als Indiz für die Bedeutung des deutschen Marktes für ausländische Anbieter. Es hat sich wohl herumgesprochen, dass die Deutschen Jäger und Sammler sind.

Eine für dieses Phänomen nicht zwingend repräsentative, aber sicherlich exemplarische Veröffentlichung stellt die Special Edition von „Waterworld“ (1995) dar. Arrow Video aus UK nahmen sich dieser an und haben hierbei Großes für den kleinen Geldbeutel abgeliefert. Nicht nur bieten sie eine neue 2k-Restauration der bekannten Kinofassung an, sondern auch zwei neue (ebenfalls restaurierte) Filmfassungen. Der sagenumwobene Ulysses-Cut, der seit Jahren als (qualitativ mittelmäßiges) Bootleg durch das Netz und über die Filmbörsentische brauste, und insgesamt über 40 Minuten länger dauert, liegt der Veröffentlichung bei. Der heilige Gral für Fans des Films. Dazu wurde zahlreiches Bonusmaterial, auch neue Audiokommentare sowie Making-ofs erstellt. Ach, ja. Und ein Miniposter. Der Preis liegt derzeit bei Amazon.co.uk bei 23 Pfund (umgerechnet 26 Euro). Bei Arrow Video im hauseigenen Shop ist die Edition bereits ausverkauft. Besonders in Deutschland scheint die Special Edition populär zu sein. In meinem Freundes- und Bekanntenkreis, als auch in der Kommentarsektion unserer Facebook-Seite, haben sich zig deutsche Fans „Waterworld“ aus UK geordert (nach EU-Recht wohl vollkommen legal und das wird wohl auch nach dem Brexit wieder so sein, da davon auszugehen ist, dass das UK den freien Warenverkehr mit der EU aus wirtschaftlichen Eigeninteresse weiterhin anstrebt). Auch auf Amazon.de werden ausländische Veröffentlichungen mittlerweile fast schon standardmäßig angeboten (wobei dies durch Händler und nicht zwingend durch die Labels geschieht). Hier in der Regel allerdings teurer. Ein direkter Import könnte mit Porto im Falle von „Waterworld“ sogar noch günstiger sein.

„Waterworld“ von Arrow Video auf Amazon.de.

Der Verkauf auf deutschen Plattformen könnte vollkommen legitim sein, da der Versand wohl aus dem EU-Ausland erfolgt, Amazon sich als internationaler Marktplatz und Logistiker versteht und (solange es keine anderen Einschränkungen gibt) eine gewisse Wettbewerbsgerechtigkeit auch für ausländische EU-Anbieter innerhalb der EU gelten sollte. Der grenzenlose Warenverkehr ist ja Sinn und Zweck und auch wirtschaftliches Fundament der Europäischen Union. Wobei erwähnt werden muss, dass dies von Film zu Film (und auch von Land zu Land) vollkommen unterschiedlich sein kann. Eine dänische Veröffentlichung darf nicht zwingend in Deutschland verkauft werden, wenn dies vertraglich vorab untersagt wurde (da die Lizenzen für den dänischen Markt oftmals weitaus günstiger sind und man dadurch eine weitere Sublizensierung, die in einer Selbstkannibalisierung enden kann, verhindern möchte). Eine Einschränkung könnte auch eine fehlende Lizenz beispielsweise für bestimmtes Bonusmaterial oder natürlich eine hiesige Indizierung und/oder Beschlagnahmung darstellen. Sicherlich auch die deutsche Tonspur, deren Lizenz vor allem bei Genretiteln oftmals extra erworben werden muss. Denn wer daran die Rechte besitzt, wird diese nicht zwingend freigeben, damit die eigene Filmveröffentlichung natürlich noch einen Kaufanreiz für den eigenen Markt bietet. Viele, viele Einzelfälle. Eine rechtliche Einschätzung von Wirtschaftsanwälten wäre diesbezüglich tatsächlich mal spannend. Film-Veröffentlichungen aus Asien schwappen ebenfalls verstärkt nach Deutschland (vor allem aus Süd-Korea), wobei deren Anteil noch verhältnismäßig gering zu sein scheint und es hier sicherlich weitaus stärkere Einschränkungen geben müsste (falls der Verkauf aus Nicht-EU-Ländern überhaupt gestattet ist). Es sei natürlich der Fairness halber angemerkt, dass auch deutsche Labels ihre Ware ins Ausland absetzen. Im Zweifelsfall über Zweit- und Dritthändler. So finden sich auf den Händlertischen US-amerikanischer Conventions auch deutsche Mediabooks und Sammlereditionen. Import und Export gehen eben Hand in Hand.

US-Release von „Woodoo – Schreckensinsel der Zombies“ mit deutschen Untertiteln.
(© Blue Underground)

Für das US-Release des Kultschockers „Maniac“ (1980) wurde neben der italienischen und englischen Tonspur auch die deutsche Audiospur verwendet, von der Regisseur William Lustig wohl ein großer Fan ist. Die US-amerikanische Veröffentlichung von Lucio Fulcis Klassiker „Woodoo – Schreckensinsel der Zombies“ („Zombi 2“, 1981) erhielt bereits im Jahre 2011 deutsche Untertitel. Ob diese Teil eines Lizenzpakets waren, standardmäßig dabei sind oder extra angefertigt wurden, sei einmal dahingestellt. Zumindest wurde in gewisser Weise an den deutschen Käufer gedacht. Und so würde es auch nicht mehr verwundern, wenn ausländische Label auch deutsche Tonspuren mit Blick auf den deutschen Markt einkaufen würden. Rechtlich wäre dies absolut legitim. In Deutschland sind bei Amazon Prime kleine Kulthorrorfilme der 1980er-Jahre ohne deutsche Tonspur online, da die Rechte daran nicht für den Stream abgegeben wurden. Heißt: Auch Tonspuren haben Rechteinhaber, die auch mal recht frei entscheiden können, wohin diese gehen sollen.

Die Qualität der Arrow-Releases ist bekannt (aber auch von anderen ausländischen Labels wie 88 Films, Shout/Scream Factory, Blue Underground, etc.) und eben dank des EU-Marktes ist der Zugriff darauf auch leicht und erschwinglich. Aber es stellt natürlich auch eine Konkurrenz zu heimischen Veröffentlichungen dar, da diese oft auch mit weitaus höheren Einkaufspreisen zu kämpfen haben. Eine Blu-ray und DVD (mit eigenem Labeldruck) zu einem populären Nischentitel (beispielsweise für ein Mediabook-Release) kann in einem Extremfall gerne mal netto bei 12 Euro liegen. Die Gewinnspanne (selbst bei einem Repack) kann dementsprechend klein sein. Ohne aus dem Nähkästchen plaudern zu wollen, kenne ich Nischenlabels die ein Mediabook-Release zu einem bestimmten Film nur als reines Prestigeprojekt vorgenommen haben, um auf sich aufmerksam zu machen. Wirtschaftlich war die Arbeit an dem Titel totaler Nonsense. Es gibt demnach drastische Wettbewerbsunterschiede zwischen den ausländischen und deutschen Anbietern, die man bei dieser Diskussion nicht unter den Tisch fallen lassen sollte.

Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten, die (vor allem wirtschaftlichen) Auswirkungen für den deutschen Nischenmarkt, auch auf die hiesigen Händler und Labels, ebenfalls. Man kann erfahrungsgemäß allerdings davon ausgehen, dass Label wie Arrow Video, Scream/Shout Factory oder 88 Films auch hierzulande eine weitaus größere Bedeutung und einen weitaus größeren Einfluss erhalten werden.

Markus Haage

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Mein Name ist Markus Haage, Chefredakteur und Herausgeber vom Neon Zombie-Magazin. Es gibt nicht sonderlich viel spektakuläres über mich zu erzählen. Ich führe ein sehr langweiliges Leben. Aber falls es doch jemanden interessiert, freue ich mich immer über einen Besuch meiner Website www.markus-haage.de! Danke im Voraus!